
© APA - Austria Presse Agentur
Betrug in Grazer Bordell: Kellnerin freigesprochen
Einem Gast sollen weit überhöhte Rechnungen gestellt worden sein. Angeklagte fühlen sich nicht schuldig.
Ein ehemaliger Bordellbesitzer, eine Kellnerin und zwei weitere Männer sind seit Anfang November in Graz wegen schweren Betrugs vor Gericht gestanden. Laut Anklage sollen die vier einem Gast weit überhöhte Preise verrechnet und dann zur Absicherung einen Eintrag in Grundbüchern von Liegenschaften verlangt haben. Die Beschuldigten sprachen von einem Darlehen „unter Freunden“. Die Kellnerin wurde freigesprochen, gegen die Männer ging das Verfahren am Donnerstag weiter.
Rechnungsbetrag: 870.000 Euro
Die Geschichte wurde von Anklage und Verteidigung ziemlich kontrovers dargestellt. Staatsanwältin Gertraud Pichler war der Überzeugung, dass der Bordellbesitzer (51) und seine mutmaßlichen Komplizen einem Stammgast, der als Landwirt mehrere Häuser besaß, seinen Besitz abnehmen wollten. Also erlaubten sie ihm, im Lokal anschreiben zu lassen. Plötzlich standen auf der Rechnung 870.000 Euro - was er nie und nimmer konsumiert haben könne, war der Gast überzeugt. Eine Kellnerin (40) und ein ehemaliger Kellner (44), die beide auf der Anklagebank saßen, sollen mitgespielt haben. Der Bordellchef wollte „zur Absicherung“ ins Grundbuch bezüglich dreier Liegenschaften gehen, und der Mann willigte ein.
Die Beschuldigten leugneten die Taten größtenteils, das sei alles nur vom Landwirt erfunden. Er soll sich vom Bordellbesitzer Geld geborgt haben, das dieser seinerseits vom Viertangeklagten holte. Die Konsumationsschulden habe es nie gegeben, das seien alles Darlehen gewesen. Heftig kritisiert wurden seitens der Verteidigung die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des Sachverständigen, den alle vier Anwälte ablehnten.
Zwischenrufe im Gerichtssaal
Die Kellnerin wurde mittlerweile freigesprochen. Einer der Anwälte stellte langwierige Anträge, die von einer Verteidigerin kritisiert wurden. „Das Anpatzen des vierten Angeklagten dient nur dazu, dass die Pfandrechte nicht bezahlt werden müssen.“ Das Geplänkel ging hin und her, bis Richterin Gudrun Schmitt meinte: „Wenn das so weiter geht, besteht das Protokoll nur aus Zwischenrufen.“
Als Zeuge wurde ein Anwalt gehört, der einige der strittigen Verträge aufgesetzt hatte. Auf die Frage, wie er den Landwirt einschätze, meinte er: „Ich hätte ihn als bauernschlau eingestuft.“ Er wurde auch zum Bordellbesitzer befragt: „Haben Sie gehört, dass er ein Spieler ist?“, wollte die Richterin wissen. „Ich glaube, der kann nicht einmal Schnapsen“, winkte der Zeuge ab.
Der Prozess wird am 23. November um 9 Uhr mit der Befragung von Zeugen fortgesetzt. Ob es da bereits ein Urteil geben wird, ließ sich am Donnerstag noch nicht abschätzen.
Jederzeit und überall top-informiert
Uneingeschränkten Zugang zu allen digitalen Inhalten von KURIER sichern: Plus Inhalte, ePaper, Online-Magazine und mehr. Jetzt KURIER Digital-Abo testen.