Wuschig, verzwirbelt, stylish im Pinzgau: Wer wird Bart-Europameister?

Meister der Verzwirbelung: ein Gesamtkunstwerk
Es ist eine Wissenschaft. Bart ist nicht gleich Bart. Da gibt es etliche Abstufungen. Das wissen jene, die heute, Samstag, in Saalfelden Leogang bei der Bart-EM antreten, ganz genau. Sie alle sind gekommen, um zu gewinnen.
Sieger wird es am Ende des Tages viele geben, denn es geht nicht nur um den Pokal, sondern um den Austausch, ums Sehen und Gesehenwerden, um den Spaß und ein sehr spezielles Hobby.
Rund 150 Teilnehmer werden in der MS Leogang antreten und sich den Anforderungen einer strengen Jury stellen. Friseurmeisterinnen und ehemalige Gewinner nehmen die imposanten Gesichtsbehaarungen genau unter die Lupe. Da wird nichts dem Zufall überlassen. Es gibt vier Haupt- und 24 Unterkategorien. Es geht also um die schönsten Schnauz-, Kinn-, Wangen-, Backen- und Vollbärte.
International gewachsen
Rund ein Drittel der Bartträger kommt aus Österreich, der Großteil reist aus dem Ausland an. „Die meisten kommen aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Belgien und Israel ist auch sehr stark vertreten“, sagt Marco Schöppl vom Tourismusbüro Saalfelden Leogang, das den Wettbewerb veranstaltet.
Zuerst müssen die Teilnehmer durch die Vorjury. Die kontrolliert, ob sich die Männer für die richtige Kategorie angemeldet haben, dann geht es um alles. Mit einem Punktesystem bewertet die Jury die verschiedenen Bärte. Kriterien wie Länge, Dichte, Form, Pflege und Styling fließen in das Urteil ein, die damit die Persönlichkeit und das handwerkliche Können der Kontrahenten beurteilt.

Das kostet Zeit und Nerven: ein spezielles Styling.
Manchmal muss auch gefühlt werden, ob alles mit rechten Dingen zugeht. In manchen Kategorien sind keine Hilfsmittel erlaubt, etwa beim „Vollbart Naturale“. Da lauten die Anforderungen: Wie gewachsen und naturbelassen. Je natürlicher, desto besser. Der Vollbart darf mit geringen Mengen von Bartöl gepflegt werden, jedoch ohne Styling-Hilfsmittel. Der Vollbart darf unten nicht eingedreht sein. Der Schnauzbart ist im Vollbart integriert und darf nur ohne Hilfsmittel geföhnt werden. In dieser Kategorie tritt übrigens auch der Salzburger Lokalmatador Justin Rasser an (siehe Porträt unten).

Kampf gegen die Schwerkraft
Die Beweggründe, warum Männer an Bart-Bewerben teilnehmen sind unterschiedlich: „Für die meisten ist es ein schönes Hobby, sie investieren viel Zeit und auch Geld in ihre Bärte. Da sind ja wirklich wahre Kunstwerke dabei“, sagt Event-Profi Marco Schöppl.
Die Region im Pinzgau ist in Sachen Gesichtsbehaarungs-Wettkampf längst erprobt. Bereits 2005 fand hier die Bart-Olympiade statt, 2010 die Bart-EM und 2015 schließlich die legendäre Bart-Weltmeisterschaft. 10 Jahre später geht es wieder um die allerschönsten Bärte – eine haarige Angelegenheit.

Justin Rassers Bart ist bereits vielfach prämiert.
Waschen, föhnen, pflegen: der Vollbart-Profi aus dem Pinzgau
Porträt. Bei seiner Partnerin ist der Bart geduldet, aber nicht erwünscht. Sie sagt auch: „Ich könnte nackt neben dir auf der Straße stehen und niemand würde mich anschauen.“ Seit fast vier Jahren wächst und wächst Justin Rassers Bart nun schon. Die Pflege nimmt pro Tag rund 15 Minuten in Anspruch: „Er wird jeden Tag mit Shampoo gewaschen, geföhnt und dann mit Bartöl bearbeitet, damit er geschmeidig bleibt“, erklärt der 46-Jährige aus Rauris. Essen sei gar kein Problem.
Berühren ist ein No-Go
Bei der EM in Saalfelden erhofft er sich als Lokalmatador einen Stockerlplatz. Die Chancen dafür stehen gut, sein Bart ist bereits vielfach prämiert. Wenn Rasser unterwegs ist, ist das meist ein Spektakel. Menschen wollen Fotos mit ihm, er bekommt viele Komplimente, manche wollen auch hineingreifen. „Das ist ein absolutes No-Go, das mag ich gar nicht“, sagt der Bartträger, der als Landwirt, Gastronom und Bildhauer arbeitet. Wann er den Bart schneiden wird? „In zwei Jahren ist die Weltmeisterschaft. Bis dahin wächst er auf jeden Fall weiter.“
Kommentare