Anschlag auf Autos der Zeugen Jehovas in Leibnitz: Es waren Rohrbomben

Anschlag auf Autos der Zeugen Jehovas in Leibnitz: Es waren Rohrbomben
Fehler in Konstruktion verhinderte offenbar Schlimmeres. Hohe Sicherheitsstufe für Zeugen-Jehovas-Kongress im Happel-Stadion.

Noch bis Sonntag feiern Tausende Zeugen Jehovas ihren jährlichen Sommerkongress im Wiener Happel-Stadion. Nach drei Jahren wieder zum ersten Mal.

Doch die Freude überschatten erhöhte Sicherheitsmaßnahmen und die Suche nach einem noch unbekannten Täter.

Denn in Leibnitz in der Steiermark entging die Glaubensgemeinschaft offenbar nur knapp einem geplanten Anschlag. Dabei soll ein Unbekannter offenbar zwei Autos von Mitgliedern der Zeugen Jehovas ins Visier genommen haben. Wie die Polizei am Samstag mitteilte.

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Der KURIER hat weitere Details zu den Sprengsätzen, den Hintergründen und was den Anschlag vereitelte.

Denn laut Polizeiinsidern soll es sich bei den Sprengsätzen nicht um einen Scherz, oder Hobby-Sprengmittel, sondern eindeutig um Rohrbomben handeln. Zwei "gut gebaute" Rohrbomben, wie es aus Ermittlerkreisen heißt.

Welche fatalen Auswirkungen diese haben hätten können, ist unvorstellbar. Offenbar dürfte nur ein Fehlkonstruktion zwischen Zünder und Sprengstoff die Katastrophe verhindert haben.

Das Auto einer Frau detonierte noch auf dem Parkplatz vor dem Königreichssaal der Zeugen Jehovas.

Anschlag auf Autos der Zeugen Jehovas in Leibnitz: Es waren Rohrbomben

Anschlag auf Autos der Zeugen Jehovas in Leibnitz: Es waren Rohrbomben

Lauter Knall während Gebetsstunde

"Die Anwesenden der Gebetsstunde haben einen lauten Knall gehört, diesen aber nicht mit einer Explosion in Zusammenhang gebracht", erzählt Markus Lamb, Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark. Als das Gebet zu Ende war, verließen die Mitglieder den Saal. 

Was dann passierte, ist laut derzeitigem Ermittlungsstand folgendes: Ein Mann setzte sich völlig unbedarft in sein Auto und fuhr los. "Nach wenigen Kilometern ist dann auch der Sprengsatz unter seinem Pkw detoniert", erzählt Lamb. Zum Glück wurden weder der Mann, noch die Frau verletzt.

Keine Drohbriefe

Dem Anschlag, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Glaubensgemeinschaft gegolten haben dürfte, gingen jedoch keinerlei Drohschreiben, oder Anrufe voraus.

"Das ist für uns eine herausfordernde Situation, wenn so etwas passiert. Die Gemeinde leistet sich nun gegenseitig Seelsorge", sagt Markus Kakavis, Sprecher der Zeugen Jehovas. 

Ein ähnlicher Vorfall wie dieser, sei ihm in Österreich nicht bekannt. 

Bürgermeister geschockt

Entsetzt zeigte sich am Samstag auch der Bürgermeister von Leibnitz, Michael Schumacher (SPÖ): "Ich habe geglaubt, sie rufen, wegen dem Hochwasser oder dem Weinfest an, aber das." Und dann nach einer Pause: "Unglaublich, dass es so etwas gibt, in einer Zeit, wo die Leute zusammenhalten müssten. Das hebt meine Welt wirklich aus den Angeln gerade", sagte Schumacher zum KURIER.

Staatsschutz ermittelt

Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen. Zusätzlich werden alle Gebäude der Zeugen Jehovas verstärkt überwacht. "Entweder durch mehrere Polizeistreifen, oder andere Maßnahmen", erklärt Polizeisprecher Lamb. 

Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) hat eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet. Kriminalisten des Landeskriminalamtes (LKA) Steiermark, Sprengstoff-Experten der Polizei sowie der Entschärfungsdienst nahmen ebenfalls die Ermittlungen auf. Eine Tatortarbeit und die Spurensicherung wurden noch in der Nacht durchgeführt

Motiv unklar

Ausgeschlossen könne weder ein rechtsradikaler noch ein islamistischer Hintergrund. Ebenso wenig aber, dass es sich um eine persönliche Feindschaft handeln könnte. 

Amoktat in Königreichssaal in Deutschland im März

Zuletzt hatte eine Amoktat bei den Zeugen Jehovas in Deutschland für Schlagzeilen gesorgt. In Hamburg- Alsterdorf war am 9. März ein 35-Jähriger in den Königreichssaal eingedrungen und hatte das Feuer eröffnet. Acht Menschen starben, darunter auch ein ungeborenes Kind, sowie der mutmaßliche Täter. Der übrigens selbst ein Anhänger der Glaubensgemeinschaft war. 

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Sicherheitskonzepte in Österreich überarbeitet

Bei den Zeugen Jehovas in Österreich wurden nach der Tat bereits mit Juni die internen Sicherheitskonzepte überarbeitet. So sind eigene Sicherheitsbeauftragte aus der Glaubensgemeinschaft im Saal tätig, aber auch während der Gebetsstunden auf den Parkplätzen unterwegs.

"Solche Vorfälle irritieren natürlich, aber wir werden weiterhin unsere Treffen abhalten und nach außen hin offen bleiben", sagt Sprecher Kakavis.

Polizei ersucht um Hinweise

Die Polizei bitte um Hinweise, falls jemanden Freitagnacht in der Nähe der Südbahnstraße, in der sich der Königreichssal in Leibnitz befindet, etwas aufgefallen sein sollte.

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