524.000 Euro über WhatsApp gefordert: Salzburger vor Gericht
Große Nummer oder kleiner Fisch? In Salzburg ist am Donnerstag einem 22-jähriger Mann wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs der Prozess gemacht worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Salzburger vor, als Teil einer Bande federführend über WhatsApp mit der "Tochter-Sohn-Masche" binnen nur drei Monaten fast 150 Personen geschädigt und dabei 524.000 Euro gefordert zu haben. Der Angeklagte selbst sagte heute, von einem dubiosen Pakistaner rekrutiert worden zu sein.
Ab Herbst 2021 erhielten in Österreich Eltern erwachsener Kinder über den Messaging-Dienst vermehrt Textnachrichten wie die folgende aufs Handy: "Hallo Mama. Mein Handy ist kaputt, das ist jetzt meine neue Nummer. Du kannst sie speichern." Kurz darauf folgte eine weitere Nachricht der vermeintlichen Tochter oder des vermeintlichen Sohns, in der um dringende Begleichung einer Rechnung gebeten wurde - Kontodaten inklusive. Der Grund: Auf dem neuen Mobiltelefon sei noch kein E-Banking möglich.
Tausende Euro gefordert
Die geforderten Beträge lagen meist zwischen 3.000 und 4.000 Euro, in einem Fall zahlte ein Opfer zweimal und verlor fast 7.300 Euro. 146 Personen fielen auf den Betrug herein, im Gros der Fälle blieb es aber beim Versuch: Der tatsächlich angerichtete Schaden soll jedoch immer noch bei gut 215.000 Euro liegen. Laut Staatsanwalt war die Tätergruppe breit und arbeitsteilig aufgestellt. Der mehrfach vorbestrafte, drogensüchtige Angeklagte schrieb die Textnachrichten nicht selbst, er soll aber für das Organisieren von Wertkarten-Rufnummern verantwortlich gewesen sein. Dazu bewegte er Jugendliche oder Obdachlose gegen geringes Entgelt, ihm die Wertkarten zu kaufen. Mit den Nummern richtete er WhatsApp-Konten ein und gab sie wieder.
Außerdem soll er für die Überweisungen von den Betrugsopfern Bankkonten von Freunden und Bekannten benutzt haben. Er spielte ihnen vor, Geld aus einer Erbschaft überwiesen bekommen, aber keinen Zugriff auf sein Konto zu haben. Dafür, dass sie ihm die Konten zur Verfügung stellten, habe er ihnen zwischen 100 bis 200 Euro gegeben, sagte er heute. Gemeinsam holte man das Geld von der Bank ab, einen Teil schickte der Angeklagte in der Folge mit dem Überweisungsdienst Western Union ins Ausland. Auffällig: Er behielt stets deutlich mehr als die Hälfte der Summe für sich.
Geschäftsidee aus Gefängnis mitgenommen
Begonnen hat die Betrugsserie übrigens drei Tage nachdem der Angeklagte am 4. September 2021 aus dem Gefängnis entlassen worden war. "Er hat aus der Haft heraus eine Geschäftsidee mitgenommen, die er dann umgesetzt hat - gemeinsam mit bisher unbekannten Mittätern", sagte der Staatsanwalt.
Der 22-Jährige bekannte sich heute "teilweise schuldig". Er sei lediglich für zehn der Betrugsfälle verantwortlich. Laut seinem Verteidiger wurde dabei ein Schaden von 59.965,93 Euro angerichtet. Der Angeklagte erzählte heute dem Richter, wie er zwei Tage nach seiner Haftentlassung von einem Pakistaner mit niederländischem Autokennzeichen in Salzburg auf offener Straße angesprochen worden war und um Hilfe bei einer Kontofrage gebeten worden ist. Daraus habe sich dann eine Geschäftsbeziehung entwickelt. "Ich wusste schon, dass das nichts Legales ist. Aber ich habe damals Geld für Drogen gebraucht."
Den richtigen Namen seines Kontaktmannes kenne er nicht. "Er hat mir einmal geschrieben, dass er eigene Leute ausgebildet hat, die zielgerichtet auf WhatsApp die Opfer anschreiben. Und er hat gesagt, er hat mehrere Leute in Salzburg, die für ihn das gleiche machen wie ich."
Mehr als nur ein "kleines Rad"
Ausgewertete Handy-Chats könnten aber den Schluss zulassen, dass der Ende November 2022 festgenommene 22-Jährige mehr als ein kleines Rad im Getriebe war. Und: "Vorher hat es dieses Betrugsphänomen in Österreich nicht gegeben", sagte der Staatsanwalt zum Angeklagten. Auch wenn man heute fast täglich davon in der Zeitung lese. "Der enge Salzburg-Bezug der Taten hat mit ihrer Festnahme aufgehört."
Vor Gericht verantworten musste sich auch die 28-jährige Ex-Freundin des Angeklagten - sie hat etwa das Konto ihres minderjährigen Sohns zur Verfügung gestellt. Der Prozess ist bis Freitag anberaumt. Für den Angeklagten geht es um viel, alleine die Widerrufe seiner bisherigen bedingten Haftstrafen betragen in Summe ein ganzes Jahr. "Ich rechne mit einer Strafe", sagte er heute - bat aber um eine letzte Chance, sein Leben weder in die richtige Bahn zu lenken.
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