Huch, das ist teuer: Aufstiegshilfe für Fisch, den es dort nicht (mehr) gibt

Wenn der Welser FPÖ-Bürgermeister Andreas Rabl über die Investitionen der städtischen Tochtergesellschaft Wels Strom nachdenkt, gerät er rasch in Wallung. Denn während er "mit Strukturreformen", wie er betont, seit seinem Amtsantritt vor zehn Jahren 70 Millionen Euro Schulden abgebaut und 130 Millionen Euro Erspartes zur Seite gelegt habe, regen ihn kostenintensive Vorhaben aufgrund von Vorgaben von Land, Bund oder EU auf.
Zwei Beispiele bringt er aktuell: Die Stadt hat eine alte, baufällige Halle abgerissen, die von Skatern stark genutzt wurde. Eine geplante, sehr rudimentäre Skaterhalle, die etwa ohne Fenster ausgekommen wäre (die Skater brauchen keine Fenster, wie sie betonen), kann in der geplanten Form nicht errichtet werden. "Bauvorschriften zwingen uns, Dinge einzubauen, die nicht benötigt werden, aber Mehrkosten in der Höhen von einer Millionen Euro verursachen."
Ein Aufstieg für die Fische
Das zweite Beispiel, das er übrigens wie alle aus seiner Sicht überbürokratisierten Projekte an den neuen Entbürokratisierungs-Staatssekretär Sepp Schellhorn schicken will, ist die Fischaufstiegshilfe beim Traunkraftwerk Breitenbach seines Energieversorgers Wels Strom.
"Wir haben einen Fischaufstieg, der aber zu klein ist für den einen Meter großen Huchen", sagt Rabl und betont: "Der Huchen kommt dort aber gar nicht vor, der wurde dort in dieser Größe nicht gesichtet, und wir dürfen diesen Nachweis, dass es den Huchen dort nicht gibt, nicht im Verfahren einbringen."
Seit nunmehr sieben Jahrzehnten zählt der Huchen – auch „Donaulachs“ genannt und von der Wissenschaft als Hucho hucho klassifiziert – zu den stark gefährdeten Süßwasser-Fischarten. Dieser Spitzenprädator besiedelte einst zahlreiche Gewässer im Einzugsgebiet der Oberen und Unteren Donau.
In Österreich kam der Huchen ursprünglich in 145 Fließgewässern vor und sein Verbreitungsgebiet erstreckte sich auf eine Gesamtlänge von über 4.000 Kilometern, wobei die Art vor allem die größeren Fließgewässer der Äschen- und Barben-Region besiedelt(e).
Heute sind die Huchen-Bestände entweder zu Restpopulationen zusammengeschrumpft oder (nahezu) erloschen.
Der aktuelle Erhaltungszustand wird in Österreich sowohl in der alpinen als auch in der kontinentalen biogeografischen Region gemäß der FFH-Richtlinie als „ungünstig“ eingestuft. Österreichs Rote Liste der Fische aus dem Jahr 2007 führt den Huchen als „stark gefährdet“.
Zwar wurden in den letzten Jahren zahlreiche lebensraumverbessernde Maßnahmen gesetzt: das Augenmerk wurde dabei auf die mittel- und langstreckenwandernden Fischarten – zu denen, nebst Nase und Barbe, auch der Huchen zählt – gerichtet. "Doch sind weitere Anstrengungen unbedingt erforderlich, wenn wir den Huchen erhalten wollen", sagt der Österreichische Fischereiverband.
Das bestätigt auch Herbert Kierner, Geschäftsführer von Wels Strom. Die 2006 errichtet Aufstiegshilfe muss bis Ende 2027 erneuert werden. Kostenpunkt: 1,8 Millionen Euro, die der Energieversorger selbst stemmen muss. "Wir haben die Anlage 2006 nach Behördenauflagen errichtet, 2009 wurde sie überprüft", kann Kierner nicht fassen, dass 2011 unmittelbar danach eine neue Verordnung erlassen wurde, die jetzt einen Umbau verlangt.
Zeit bis Ende 2027
Mit der Frist bis Ende 2027 - um etwa 20 Jahre früher, als beim Bau der Aufstiegshilfe kalkuliert. "Wenn wir nach 40 Jahren wieder eine neue Aufstiegshilfe bauen, hätten wir ja kein Problem, die gültigen Vorschriften einzuhalten", versichert Kierner.

Herbert Kierner, Geschäftsführer von Wels Strom
Und noch leichter würde es ihm und dem Unternehmen fallen, wenn es tatsächlich einen Huchen in diesem Bereich der Traun geben würde, der einen Meter lang ist und die Aufstiegshilfe brauchen würde. "Die Verhältnismäßigkeit fehlt", ist Kierner überzeugt, "wenn wir eine Fischwanderung verhindern, würden wir das ja bauen."
"Alle Fische bis 80 Zentimeter kommen durch"
So sei es alleine auf "die Sturheit der Behörden" zurückzuführen, "und wir schmeißen 1,8 Millionen Euro zum Fenster hinaus".
Und ergänzt: "Es braucht dort kein Fisch diesen vorgeschriebenen Aufstieg, und alle Fische bis 80 Zentimeter kommen jetzt auch durch." Die Konsequenz aus dieser Maßnahme: Entweder entgeht der Stadt Wels als Eigentümer die Dividende in dieser Größenordnung, oder die Investition wird über den Strompreis weiterverrechnet.

Das Traunkraftwerk Breitenbach
Jürgen Frank, Leiter der Abteilung Umwelt- und Wasserrecht beim Land Oberösterreich, kennt den Fall und die generelle Debatte nur zu gut. Ihm ist bewusst, dass die rechtlichen Vorgaben für Kraftwerksbetreiber wie in diesem Fall zu hohen Kosten führen.
Maßnahme zum Schutz eines gefährdeten Fisches
Dass derzeit keine Huchen in der Traun in diesem Bereich zu finden ist, könne aber nicht als Grundlage für eine andere Entscheidung dienen, sagt Frank. Denn die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die über eine nationale Verordnung in Österreich umgesetzt wurde, ziele genau darauf ab, dass der Huchen eben auch in der Traun in diesem Bereich seinen Lebensraum finden könnte.
Dass viele Fischarten nicht mehr in ihren angestammten Lebensräumen zu finden sind, weiß man auch beim Fischereiverband. Frank: "Die Gewässer wurden in Österreich früher stark genutzt, viele Fischwanderhindernisse wurden eingebaut. Da hat man einfach nicht gut aufgepasst."
"Eine Frage der Gesellschaft"
Dass jetzt eine Mangelsituation herrsche und der Huchen nicht mehr vorkomme, bestätigt geradezu die Notwendigkeit von neuen Aufstiegshilfen. Für Frank ist das aber keine rechtliche, sondern eine gesellschaftspolitische Frage: "Misst man dieser Thematik einen Wert bei, oder nicht?" Denn der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan ziele darauf ab, einen guten Zustand der Flüsse und Seen herbeizuführen, auf Grundlage der EU-Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000.
Diese sei 2011 in nationales Recht übergegangen und im Falle der Fischaufstiegshilfen mit langen Übergangsfristen versehen worden. "Wo es solche schon gegeben hat, wurde die Sanierung nach den gesetzlichen Vorgaben mit Ende 2027 festgelegt", erläutert Frank. Und im Fall des Traunkraftwerks Breitenbach spricht er von einem Verfahren, das "nicht gegen den Widerstand der Betreiber" durchgeführt worden sei: "Das eingereichte Projekt ist genehmigungsfähig, wir hatten immer einen guten Konsens mit Wels Strom."
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