"Gans Fein" in Wels: Neues Lokal in alter Bettfedernhandlung

Die Fassade eines Gebäudes mit der Aufschrift „ÄL.BETTFEDERN-HANDLUNG.“.
Statt Ritz Carlton in Fukuoka in Japan zu managen eröffnete junges Paar ein kleines Lokal in Wels - und es ist "Gans Fein".

Der Vertrag mit Ritz Carlton in Fukuoka, der "Glücks-Hügel-Stadt" im Süden Japans, war schon unterschrieben. Dann fanden Carmen und Kevin Stummer ihr Glück doch noch in Wels. 

Das war im Juni des Vorjahres. Ein dreiviertel Jahr später begrüßt Carmen die Gäste in dem kleinen Restaurant beim Ledererturm am Welser Stadtplatz. Der Name ist Programm. "Gans Fein" heißt es, denn eine denkmalgeschützte Porzellan-Gans ziert seit 1844 die Fassade des Hauses. 

Eine Keramikfliese zeigt eine weiße Gans im Schilf, daneben die Hausnummer 58.

Die denkmalgeschützte Porzellangans

Das selbst noch erklecklich älter ist - 1433 wurde es erstmals erwähnt, die freigelegte massive Holzdecke soll sogar noch aus dieser Zeit stammen. 

Das Schild des Restaurants „Gans Fein“ mit einer stilisierten Gans darauf.

Das "Gans Fein"

15 Jahre war die Bettfedern-Handlung schon ausgezogen, der Schriftzug prangt immer noch am Haus. "Und die Gäste erzählen uns nostalgisch, dass sie hier ihre erste Bettwäsche gekauft haben", schmunzelt die junge Wirtin, die heuer 30 wird.

Drei Personen stehen in einer Küche vor Töpfen mit Essen.

Marvin, Carmen und Kevin

Und sie überrascht gleich einmal mit dem Gedeck. Die Butter ist mit den Schalotten und dem Knochenmark des Osso Bucco (kommt später) versetzt, es gibt veganes (!) Grammelschmalz vom Hoblhof und Kichererbsenaufstrich, dazu das Krustav von "Brotsüchtig"

Drei Dips in kleinen Schalen, einer davon auf einem Fuß in Form von Gänsefüßen.

Das Gedeck

Die Wirtsleute verstehen ihr Handwerk. Kein Wunder, haben sie doch an Top-Adressen in Sylt, Wien und Carmen zuletzt in Berlin im Waldorf Astoria, Kevin im Hotel de Rome gearbeitet. 

Wels statt Wien, Berlin und Japan

Und dann Wels? "Ja, weil sich das mit der Möglichkeit hier so gut ergeben hat", erinnert sich Carmen, "Kevin war sofort verliebt, als er das erste Mal in dem Gebäude war." 

Innenansicht eines Restaurants mit Tischen, Stühlen und einer Bar.

Das neue Lokal

So bringt Kevin Stummer, der bis zu seinem 17. Geburtstag in Tokyo gelebt hat, eine kreative Küche mit japanischer Raffinesse ins beschauliche Wels. Toro & Stör etwa (18,5 Euro), in einer ganz leicht scharfen Sauce, mit Rettich und Blumen kunstvoll inszeniert: ganz fein. 

Und erst das Osso Bucco (23 Euro, um 15 Euro kann man Kaviar vom weißen Stör dazu bestellen, muss man aber nicht). Es ist völlig anders interpretiert als etwa in Mailand. 

Im japanisch inspirierten Teil von Wels kommt es mit Pistazie, Passionsfrucht und Trüffelkaviar. Das zarte weichgegarte Fleisch gerät in der Gesamtheit zu einer neuen Geschmackserfahrung, die ihresgleichen sucht. 

Ein Teller mit Fleisch, Pistazien und Kaviar in dunkler Soße.

Osso Bucco

Ein Teller mit kunstvoll angerichtetem Thunfisch-Tatar, umhüllt von Rettichscheiben und garniert mit Blüten.

Toro & Stör

Wer der Chefin freie Hand bei der Getränkeauswahl dazu überlässt, wird auch überrascht. Und zwar höchst positiv. Denn zum Fleisch gibt es Yuzushu-Soda (9 Euro), ein leicht alkoholisches, sehr frisches japanisches Kultgetränk. 

Regal mit Holzbox, Glasflaschen und Flaschen „Gans was Feines“.

Zwei Flaschen japanischer Pflaumenwein und Gläser auf einem Tisch.

Yuzushu und Umeshu

Bei Aperitif hingegen setzt Carmen Stummer auf vergorenes Fallobst aus Oberösterreich und empfiehlt einen Traunsecco (5,50 Euro), versetzt mit Weichsel-Ursaft. 

Und die Weinkarte kann sich ebenfalls sehen lassen. Die Auswahl aus dem Burgund ist noch ein Ergebnis der Flitterwochen, auch Italien, Deutschland und Österreich lassen keine Wünsche offen. 

"Japanische Küche in der DNA"

Aber zurück zum Essen. "Kevin hat die japanische Küche in seiner DNA", weiß seine Frau, und diese japanische Perfektion ohne Schnickschnack, geradlinig, und dabei bekannte Gerichte neu interpretiert - das will das "Gans Fein" bieten. 

Wie etwa den Gefüllten Paprika (19 Euro) vom Wagyu Rind mit Sushi Reis und einem Lardo, der nur so dahinschmilzt. 

Ein Tisch mit einer Flasche, einem Brotsäckchen und einem Blumentopf.

Mittagsgedeck

Ein Gericht mit Pasta wird in einem dreistöckigen Servierturm aus Holz präsentiert.

Es ist angerichtet

Ein Teller Linguine mit Fleischragout und grünen Kräutern garniert.

Ein Salatteller mit verschiedenen Blattsalaten und geriebenem Käse.

Salat mit Belper

Ein Teller mit Tatar, garniert mit Salat und Mayonnaise-Punkten.

Beef Tartar

Ein Teller mit Rote Bete, Ziegenkäse, Nüssen und Sprossen garniert.

Rote Beete

Ein Teller Linguine mit einer Sauce auf Tomatenbasis und frischen Kräutern.

Auch ein Besuch zu Mittag ist angesagt - zwei dreigängige Menüs, eines mit Fleisch eines vegetarisch, gibt es um 19,80 Euro. Alle drei Gänge gleichzeitig serviert, so lässt es sich gut miteinander teilen. 

Nach dem Lokalaugenschein "in unserem erweiterten Wohnzimmer", wie die Wirtsleute, die oberhalb des Lokals auch eine Wohnung gefunden haben, bleibt als Fazit nur: Gans Fein und Glück gehabt, dass Carmen und Kevin ihr Glück nicht in der "Glücks-Hügel-Stadt" Fukuoka sondern am Stadtplatz in Wels suchen.

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