Plakolm: „Den Zivildienst für die Pflegeberufe anrechnen“
Claudia Plakolm ist seit 2021 Staatssekretärin im Bundeskanzleramt. Die 28-Jährige aus Walding – ihr Vater ist dort Bürgermeister – war von 2017 bis 2021 Abgeordnete zum Nationalrat. Sie ist Bundesobfrau der Jungen ÖVP.
KURIER: Beim Interview vor einem Jahr haben Sie angekündigt, die Grunderwerbssteuer für Häuslbauer oder für den Kauf der ersten Wohnung abschaffen zu wollen, damit sich junge Menschen Eigentum leisten können. Ihr Vorhaben ist an den Grünen gescheitert.
Claudia Plakolm: Wir haben viele Verhandlungen zum Thema leistbares Wohnen (Mietpreisdeckel, Anm.d. Red.) hinter uns. Ich halte es für zentral, dass sich die Jungen den Wunsch eines eigenen Heims erfüllen können. Die Abschaffung der Grunderwerbsteuer macht mit den Zu- und Nebenkosten rund fünf Prozent aus.
Sind die Grünen da nicht der falsche Koalitionspartner, wenn Ihr Vorhaben an ihnen scheitert?
Das hindert uns aber nicht daran, weiter am Thema dranzubleiben. Ich hoffe, dass wir bald einmal eine Lösung finden. Die Eigentumsquote beim Wohnen ist in Österreich mit rund 50 Prozent relativ niedrig. Im EU-Schnitt sind es 70 Prozent.
Wenn Junge sich heute Eigentum schaffen wollen, hängt das von der Erbschaft oder vom Lottogewinn ab. Die Regeln der Finanzmarktaufsicht für Wohnbaukredite verschärfen die Situation nochmals. Wenn beide Lebenspartner arbeiten und ein Wohnbaukredit wird abgelehnt, dann läuft etwas falsch im System.
Die Grünen lehnen die Abschaffung dieser Steuer mit dem Argument ab, es würden nur die Reichen gefördert.
Das ist überhaupt nicht der Fall. Wir wollen die unterstützen, die das erste Mal und vermutlich auch das einzige Mal in ihrem Leben sich Eigentum schaffen wollen. Sie machen das ja auch im Sinne der Vorsorge. Einem Reichen ist die Grunderwerbsteuer egal. Wir zielen nur auf das erste Eigentum ab.
Was können Sie als Staatssekretärin gegen das teure Wohnen tatsächlich tun?
Wohnen ist eine Querschnittsmaterie, die in viele Bereiche hineinspielt. Für viele hängt die Schaffung von Eigentum auch mit der Arbeitsmotivation zusammen. Ich muss relativ oft argumentieren, dass wir nicht die Work-Life-Balance-Generation sind, sondern dass die Jungen, wenn sie einen Sinn darin sehen, gerne bereit sind, mehr zu arbeiten. Wenn aber aufgrund der Steuern und Abgaben es nicht attraktiv ist, arbeiten zu gehen, dann müssen wir das System nachschärfen.
Im vergangenen Jahr ist mir in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium ein kleiner erster Schritt gelungen, wenn ich an das Bestellerprinzip bei Maklergebühren denke, das am 1. Juli in Kraft getreten ist.
Klimaschützer fordern, den Neubau von Einfamilienhäusern zu verbieten, denn diese verlieren mehr Wärme als Mehrfamilien-Häuser, sie verbrauchen mehr Grund und Boden, die Landschaft wird noch weiter zersiedelt, was mehr Pendelverkehr zur Folge hat.
Für mich ist zentral, dass wir bei den Sanierungen attraktiver werden. Eine Freundin hat sich durchgerechnet, ob sie das Haus der Großmutter übernehmen, umbauen und sanieren soll oder ob sie ein neues Haus baut. Das hat sich finanziell die Waage gehalten, sie hat sich daher für den Bau auf der grünen Wiese entschieden. Deswegen müssen wir mit steuerlichen Anreizen daran arbeiten, dass Sanieren und Renovieren interessanter wird. Die Nachhaltigkeit wird dadurch gestärkt.
Sie sind Staatssekretärin. Was können Sie tatsächlich bewirken?
Ich bin für die Jugend, also für die nächste Generation zuständig. Jegliche Politik ist Jugendpolitik, denn sie hat Auswirkungen auf die nächsten Generationen. Ich bin beispielsweise für den Zivildienst verantwortlich. Es ist mir gelungen, gemeinsam mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner eine bessere Bezahlung für Zivil- und Grundwehrdiener zu erreichen.
Derzeit arbeite ich daran, den Zivildienst für Pflegeberufe anrechenbar zu machen. Das betrifft in Oberösterreich jeden Zweiten. Denn die Zivildiener machen am Beginn der neun Monate eine Basisausbildung in der Pflege. Das schafft einerseits das richtige Handwerkszeug für die Arbeit in Sozialeinrichtungen, andererseits entlastet es das Pflegepersonal, weil Zivildiener beim Ankleiden, Essen etc. unterstützen dürfen. Nun soll diese Zeit für den Pflegeberuf angerechnet werden.
Ich bin zudem mit den Jugendorganisationen im Austausch, weil mir persönlich das Thema Ehrenamt sehr wichtig ist. Ich komme vom Land und bin ein leidenschaftlicher Vereinsmeier. Die Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, wie wichtig das Miteinander und der gesellschaftliche Zusammenhalt sind.
Ein wichtiges Zukunftsprojekt ist die Digital-Universität. Sie hat einen sehr holprigen Start, um nicht zu sagen, einen Fehlstart hingelegt. Wer trägt dafür die Verantwortung? Der Wissenschaftsminister, das Land OÖ?
Die Digital-Universität ist ein zentrales Vorhaben. Damit wir die Fachkräfte dort ausbilden, wo sie die Wirtschaft benötigt. Das ist ein Startvorteil, denn wir sind ein Land ohne nennenswerte Ressourcen. Diese schlummern im Hirnschmalz. Das macht uns als Wirtschaftsstandort attraktiv.
Durch den technischen Fortschritt und Innovationen können wir den Klimaschutz vor antreiben. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir das made in Austria betreiben und das nicht anderen überlassen.
Für die von Ihnen angesprochene Ausbildung von Fachkräften benötigt man nicht unbedingt eine neue Universität, denn es gibt bereits eine sehr gute technisch-naturwissenschaftliche Fakultät der Kepler Universität und die Fachhochschule in Hagenberg. Sollte nicht ganz wesentlich Grundlagenforschung betrieben werden?
Es ist ganz wesentlich, dass wir mit der Digital-Uni am Standort Oberösterreich vorankommen. Das Interesse der jungen Menschen ist definitiv da. Digitalisierung ist ein sehr dynamischer Bereich.
Die Sozialdemokraten haben Andreas Babler zum Parteivorsitzenden gewählt. Ist die SPÖ für Sie ein möglicher Koalitionspartner?
Bevor sich Was-wäre-wenn-Fragen und mögliche Koalitionspartner-Fragen stellen, sind die Wähler innen und Wähler am Wort. Ich halte nichts davon, von vornherein eine Partei auszuschließen.
Es gibt in der ÖVP wesentliche Meinungsträger wie Ministerin Karoline Edtstadler, Ex-EU-Kommissar Franz Fischler, Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer oder Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer, die eine FPÖ-ÖVP-Koalition mit einem Kanzler Herbert Kickl ausschließen. Wie ist hier Ihre Position?
Wie gesagt, sind zuerst die Wählerinnen und Wähler am Wort. Dann wird man sehen, welche Mehrheiten sich ausgehen. Ich bin dagegen, dass man demokratisch legitimierte Parteien wie die FPÖ ausschließt.
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