Sport, Gespräche und Geschichte: Maßnahmen gegen Extremismus

Langeweile führt oft zur Kriminalität.
Zusammenfassung
- Oberösterreich startet ein Maßnahmenpaket gegen Jugendkriminalität und Radikalisierung mit Fokus auf Prävention und frühe Intervention.
- Kernpunkte sind kostenlose Sportangebote an Treffpunkten, Workshops zu Themen wie Hassrede und Internetpropaganda sowie Besuche im Mauthausen Memorial.
- Die Umsetzung erfolgt in Zusammenarbeit mit Polizei, Rotem Kreuz und Vereinen, stößt aber auf Herausforderungen beim Datenschutz und Informationsaustausch.
Sie schwänzen die Schule oder haben sie abgebrochen, müssen sich in ihren Cliquen Respekt und Anerkennung durch Gewalt und Straftaten erkämpfen. Mit dem Gesetz sind bereits mehrmals in Konflikt gekommen.
Die steigende Jugendkriminalität, vor allem in Ballungsräumen, ist eine wachsende Herausforderung für Gesellschaft, Politik und Exekutive. Oberösterreich prescht nun mit einem Maßnahmen-Paket vor, das darauf abzielt, Jugendliche mit auffälligem Verhalten frühzeitig zu erreichen.
"Es geht darum, präventiv zu wirken und Radikalisierung einzudämmen, bevor sie überhaupt entsteht", erklärt der zuständige Integrationslandesrat Christian Dörfel, ÖVP.
Bereits im Frühjahr zeigte der Forschungsbericht "Jugendliche Straftäter mit vielen Polizeikontakten", erstellt von Experten der Linzer Johannes Kepleruni, ein klares Bild: Die Täter sind großteils unmündig, männlich und mit Migrationshintergrund.
Kriminelle Freundeskreise
Weniger als 5 Prozent der männlichen Jugendlichen sind für die Hälfte aller Straftaten und drei Viertel der schweren Delikte in ihrer Altersgruppe verantwortlich. Sie bewegen sich oft in kriminellen Freundeskreisen und haben keinen strukturierten Alltag. "Kriminialität entsteht auch oft durch Langeweile", so Landesrat Dörfel.

Die jugendlichen Straftäter haben oft keinen strukturierten Alltag.
Um auf die Situation zu reagieren, haben sich nun das Land OÖ, das Rote Kreuz, der Verein Neustart, Jugendkontaktbeamte der Polizei und andere Partner zusammengeschlossen. Die Schwierigkeit ist, die Jugendlichen dort zu erreichen, wo sie sind. Dafür gibt es unterschiedliche Ansätze.
- Einer setzt bewusst auf offene, kostenlose Trainingseinheiten an Treffpunkten der Zielgruppe. Dabei geht es nicht nur um Sport und Bewegung, sondern auch darum, Beziehungen zu den Jugendlichen aufzubauen und ihr Vertrauen zu gewinnen. "Hood Trainings" nennt sich diese Methode, die bereits in der Schweiz und in Deutschland erfolgreich eingesetzt wird.
- Der zweite Weg führt über Schulen, Gemeinden und Vereine. Falls dort Radikalisierungstendenzen bemerkt werden, können Workshops mit verschiedenen Schwerpunkten angefordert werden. Da können etwa Themen wie "Rekrutierung und Propaganda im Internet" oder "Erkennen von Hassrede" vertieft werden.
- Mit einem Besuch des Mauthausen Memorial sollen Jugendliche gezielt mit Österreichs Geschichte und den Gräueltaten im Konzentrationslager konfrontiert werden und so aus der Vergangenheit lernen. "Da haben wir bereits gute Erfahrungen mit Asylwerbenden aus unseren Einrichtungen gemacht", erzählt Thomas Märzinger, Landesgeschäftsleiter-Stellvertreter des Roten Kreuzes in OÖ.
"Datenschutz ist Täterschutz"
"Wir tun in den Ländern, was wir können, brauchen aber in der Umsetzung den Bund dazu", fordert Landesrat Dörfel. Derzeit sei Datenschutz in dieser Form oft noch Täterschutz, "die Informationen fließen nicht immer so, wie sie sollen. Das erschwert die Arbeit im Alltag sehr."
90 unbegleitete, minderjährige Flüchtige und gesamt ca. 2.600 Asylwerbende gibt es derzeit in OÖ, so wenige wie seit vielen Jahren nicht. Der Politiker dazu: "Wir müssen diese Systeme jetzt mit den wenigen Menschen ausprobieren, damit sie dann funktionieren, wenn die Zahlen wieder hoch sind."
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