"Als Radfahrerin traue ich mich überhaupt nicht, über diese Brücke zu fahren. Das gehört definitiv endlich entschärft", macht eine Linzerin ihrem Ärger Luft. Sie ist eine von bereits mehr als 4.400 Personen, die eine Online-Petition zum Erhalt des Radwegprovisoriums auch flussaufwärts auf der Nibelungenbrücke unterschrieben haben.
Denn mit den von den Autos und Lastwägen baulich abgegrenzten Radwegen - auf jeder Fahrbahnseite in beide Richtungen - und dem für Fußgänger dafür gewonnen Platz haben viele Radfahrerinnen und Radfahrer diese Sicherheit auf dem Nadelöhr zwischen dem Mühlviertel, Urfahr und der Linzer Innenstadt für sich entdeckt.
Eine andere Frau bezeichnet die Situation auf der Nibelungenbrücke vor dem Provisorium als "grob fahrlässig für Radfahrer, die jetzige Entscheidung, das Provisorium wieder teilweise rückzubauen, spricht leider für die Fahrradfahrerunfreundlichkeit von Linz".
FPÖ und ÖVP: Einig im Abbruch
Wie berichtet wurde eine Woche nach dem offiziellen Start entschieden, das Radwegprovisorium auf der flussaufwärts gelegen Seite der Nibelungenbrücke wieder rückzubauen. Aus Sicherheitsgründen, wie FPÖ-Verkehrslandesrat Günther Steinkellner und ÖVP-Verkehrsstadtrat Martin Hajart gemeinsam bekannt gegeben haben.
Was bei denen, die nun gegen diese Rücknahme protestieren, auf kein Verständnis stößt. Sie sehe nicht ein, warum Radfahrende oder Fußgängerinnen und Fußgänger "drunter leiden müssen, dass ein paar Autofahrer die Spur nicht halten können", ärgert sich eine weitere Befürworterin der neuen Radwege über die Brücke.
Radfahrer Laut Linzer City Dashboard haben zwischen dem 15. und 22. April exakt 6.994 Radfahrerinnen und Radfahrer die Nibelungenbrücke in Linz Richtung Urfahr überquert, Richtung Linz wurden im gleichen Zeitraum 5.987 Radfahrerinnen und Radfahrer gezählt. Und während Richtung Linz als Maximum 13 Personen innerhalb einer Minute gezählt wurden, waren das in die Gegenrichtung 43 Personen.
Fußgänger Innerhalb der vergangenen sieben Tage gingen 22.882 Personen zu Fuß über die Nibelungenbrücke nach Urfahr, 21.203 Richtung Linz.
Autos dominieren Im gleichen Zeitraum waren Richtung Urfahr 78.277 Autos unterwegs, 88.700 Fahrzeuge rollten Richtung Linz. 3.214 Lkw wurden Richtung Urfahr gezählt, Richtung Linz waren mit 3.274 Lkw nur unwesentlich mehr unterwegs – maximal sechs Laster innerhalb einer Minute.
Besonders viel Kritik müssen der Linzer Verkehrsstadtrat Hajart und Landesrat Steinkellner einstecken. Nach Einrichtung des Provisoriums von den Autofahrern, wie Hajart schildert: "Ich habe sogar Morddrohungen erhalten."
Massive Kritik an Aus für Provisorium
Jetzt hageltes Kritik von den Radfahrern, die sich in den bislang über 4.400 Unterschriften und über 1.600 Kommentaren manifestiert. Diesen Ärger kann Hajart nachvollziehen, er betont aber: "Ich hätte auch gerne ein erfolgreiches Projekt gehabt."
Einer der Kritikpunkte: Die Straßenbahn könne nicht ungehindert fahren, laut Linz AG hat es im Zeitraum 25. März bis 11. April 112 gemeldete Vorfälle an Behinderungen der Straßenbahn von Urfahr Richtung Linz gegeben, nur 39 in die andere Richtung.
So führe die starke Linksorientierung am linken Fahrstreifen dazu, dass speziell breitere Fahrzeuge "im Gefahrenbereich der Straßenbahn fahren oder stehen", heißt es in einer Stellungnahme der Linz AG.
80 Straßenbahnen fahren in der Hauptverkehrszeit zwischen 6 und 9 Uhr in jede Richtung über die Nibelungenbrücke. Um deren ungehindertes Queren der Brücke zu ermöglichen, nehmen Stadt und Land den Radstreifen wieder weg. Was nicht die Intention der Linz AG war, wie aus einem Schreiben hervorgeht.
Linz AG: "Straßenbahntrasse breiter schützen"
"Um die Qualität des Öffi-Angebotes wieder zu stabilisieren und den Straßenbahnbetrieb wie gewohnt auf der Nibelungenbrücke für die Fahrgäste ohne Behinderungen anbieten zu können, müsste der Gefahrenraum der Straßenbahntrasse breiter geschützt werden." Sprich: Mehr Abstand zwischen Autos und Lastkraftwagen eingehalten werden.
Was etwa mit einem Lkw-Fahrverbot über die Brücke oder der Reduzierung auf nur eine Fahrspur für den motorisierten Individualverkehr erreicht werden hätte können. Was für Hajart und Steinkellner aber nicht zur Diskussion steht.
Zusatzbrücke nur für Fußgänger?
Hajart hat sich in den vergangenen Tagen die städtischen Brückenbauer zu Gesprächen geholt, mit ihnen hat er eine aus seiner Sicht bestmögliche Variante erarbeitet: Eine flussaufwärts an die Nibelungenbrücke angedockte, aber eigene Fußgängerbrücke über die Donau. Dann wäre der Platz auf der Nibelungenbrücke selbst auf dieser Seite für einen Zwei-Richtungs-Radweg frei, ohne den Autos eine Spur stadteinwärts wegnehmen zu müssen, erläutert Hajart.
Auf dieser Seite der Nibelungenbrücke könnte sich Hajart eine Zusatz-Brücke für Fußgänger vorstellen
Das würde rund acht Millionen Euro kosten, weil die Träger der Nibelungenbrücke verwendet werden könnten, rechnet Hajart vor. Die Kosten dafür sollten zur Hälfte über Klimaförderungen des Bundes aufgebracht werden, die anderen Hälfte von Land und Stadt. SPÖ-Bürgermeister Dietmar Prammer könne, nachdem er die Verkehrslösung "zur Chefsache erklärt" habe, gerne mit SPÖ-Klimaschutzminister Peter Hanke über die nötigen Bundesmittel verhandeln, sagt Hajart.
Petition fordert: "Habt mehr Mut!"
Die Petition, die über die Website nibelungebruecke.at erreichbar ist, richtet sich an Hajart, Steinkellner, Prammer und ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer: "Habt mehr Mut zur Umsetzung der Klima- und Mobilitätsstrategien der Stadt Linz und des Landes Oberösterreich. Die sicheren Radwege müssen auf beiden Brückenseiten erhalten bleiben." Stelzer will die 4.000 Unterschriften, die auch an ihn gerichtet sind, nicht kommentieren und verweist neuerlich auf die Zuständigkeiten von Steinkellner und Hajart.
Auch wenn nicht zwangsläufig zuständig, will Prammer die Unterschriften jedenfalls zu einem Gesprächstermin mit Stelzer mitnehmen. Mehr will er aktuell dazu nicht sagen, man sei in einer Terminfindung mit dem Landeshauptmann, heißt es aus Prammers Büro.
Steinkellner versteht, dass die Radlobby in dieser Frage auf die Barrikaden steigt, verteidigt aber den Rückbau: "Der Blick allein auf den Fahrradlenker reicht nicht aus, denn Mobilität findet nicht ausschließlich auf zwei Rädern statt. Mobilitätspolitik darf nicht einseitig geführt werden – sie muss das Ganze im Blick haben."
Auch er führt neuerlich die - offenbar von Autofahrern und Lkw-Lenkern verursachten Behinderungen des öffentlichen Verkehrs ins Treffen -, aber auch Beeinträchtigungen der Pendlerverkehrs habe die Rücknahme des Radprovisoriums auf einer Seite "aufgrund eindeutiger verkehrstechnischer Erkenntnisse" nötig gemacht.
Mit dem Abbau des Provisoriums, das übrigens nicht jeden Tag zu (mehr) Staus im Frühverkehr geführt hat, soll gegen Ende der Woche begonnen werden, rechnet Hajart. Darüber werde rechtzeitig informiert, hieß es aus dem Büro von Steinkellner. Am Mittwoch lädt die Radlobby Linz zu einer Kundgebung auf die Nibelungenbrücke ein. Treffpunkt ist um 16.30 Uhr, ab 17 Uhr "setzen wir ein sichtbares Zeichen auf der Brücke und radeln nochmals gemeinsam auf den geschützten Radwegen".
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