Und nicht nur das: Dieses Video hat für massive Diskussionen innerhalb und außerhalb von Linz gesorgt, wurde aber auch mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der nun präsentierte Nachfolgefilm hat nach zuletzt etwas weniger kontroversiellen Produktionen das Potenzial, zum Aufreger und Internet-Hit zu werden.
Marie Louise-Schnurpfeil, Nachfolgerin von Steiner als Linzer Tourismus-Chefin, setzt Linz unter dem Motto "Expect the Unexpected" ("Erwarte das Unerwartete") als überraschende Stadt in Szene.
Im Zentrum der Kampagne steht ganz dem neuen Markenclaim „Take a risk, visit Linz“ der Umgang mit Risiko, Unsicherheit und überzeichneten Erwartungen – Themen, die mit einem Augenzwinkern inszeniert wurden, erläutert Linz Tourismus begleitend zur Präsentation des Videos.
„Tourismuswerbung anders denken – mit der neuen Kampagne führen wir diesen Weg konsequent weiter. ‚Expect the Unexpected‘ ist dabei nicht nur ein Leitspruch, sondern Ausdruck unserer Markenidentität. Wir laden dazu ein, die eigene Erwartungshaltung aufzugeben und selbst positive Bilder entstehen zu lassen. Für alle, die bereit sind, sich auf das Unerwartete einzulassen“, sagt Schnurpfeil.
"Irritation als Einladung"
Der Videospot als Herzstück der Kampagne spielt ganz bewusst mit Ängsten vor dem Unbekannten, ergänzt Schnurpfeil über das Video, das ganz bewusst auf "Surreales, Irritation, Neugier und Experimentierfreude" setzt.
Bewusst gewählt sei auch die Parallelität, dass viele Menschen neuen Technologien, wie Künstlicher Intelligenz aber auch neuen Orten, oft kritisch oder verunsichert gegenüberstehen. Schnurpfeil: "Die Irritation ist Teil der Kampagnenidee: Sie weckt Neugier und durchbricht Erwartungshaltungen."
Erwartungshaltungen, die sich nur durch einen Besuch in Linz auflösen lassen. Denn im Film werden klassische Motive aus Linz mit KI-generierten Bildern überlagert und überzeichnet.
King Kong schnappt sich den Turm des Linzer Landhauses, ein überdimensionaler Käsekrainer kommt aus dem Würstelstand, aus einem Polizeiauto kommt ein knallgelbes Phantasie-Objekt, das zum Bummelzug wird, um nur einige Punkte zu nennen.
Und ob die Person, die auf einer gelben Flüssigkeit auf einem Brett aus dem Landhaus heraussurft, absichtlich oder nur zufällig an den früheren Linzer Bürgermeister Klaus Luger erinnert, der das erste Video massiv kritisiert und in einem späteren dann selbst mitgespielt hat, ist offen. Selbstredend, dass Elon Musk und Donald Trump in Zeiten wie diesen bei einem kontroversiellen Video eine Rolle erhalten.
Nächstes Erfolgsvideo?
Kreiert und konzipiert wurde der Film von Fora Ultra 4000 unter der Leitung von Sinisa Vidovic, dem Erfolgsproduzenten von "Linz ist Linz". Für ihn ist der Film "eine Einladung zur Reibung", der Film beginne mit "realer Nähe und endet in einer radikal neuen, künstlichen Linz-Version, wie sie noch nie zu sehen war".
Er habe ganz bewusst kein reines KI-Projekt gemacht, sondern Realfilm und künstliche Intelligenz miteinander konfrontiert. Vidovic: "Genau in diesem Spannungsfeld liegt die Kraft."
Die ersten Reaktionen
Und die Reaktionen ähneln jenen des ersten Spots, wenn auch nicht in der damaligen Dimension. Auf den Plattformen in sozialen Medien reichen die Wortmeldungen von "so ein Schwachsinn, die linke Kultur-Szene wird den Schaas wieder feiern, wie toll und kreativ das ist" bis "grenzgenial, soo witzig" und "finde den ausgeflippten Spot echt cool".
Ob die Reaktion eines Facebook-Nutzers - er findet den Spot "furchtbar. Natürlich bringt es Aufmerksamkeit. Aber kein normaler Mensch besucht deswegen Linz" - mit der Realität Schritt hält, bezweifelt etwa Tourismus-Stadträtin Doris Lang-Mayerhofer (ÖVP): "Die Tourismuszahlen sprechen für sich, es ist der richtige Weg, etwas zu riskieren."
Der Spot sei zwar gewagt und habe "einen eigenen Humor, aber der KI-Einsatz erlaubt mutigere Szenen", ist sich Lang-Mayerhofer sicher. "Wir hätten ja auch viele schöne Bilder aus Linz", ergänzt die Stadträtin, aber dieses Video sein ein guter Aufreger, dazu könne sie gut stehen.
"Zweifelhaftes Schock-Erlebnis"
An der Originalität des Films zweifelt FPÖ-Stadtrat Michael Raml zwar nicht, er hält den Spot aber für eine Themenverfehlung: "Die bewusst trashige Machart mit ihren offenbar KI-generierten Sequenzen hat sicherlich einen gewissen Reiz, aber ich zweifle, ob diese Tonalität auch wirklich jene Botschaft verkörpert, durch die sich unsere Tourismusbetriebe repräsentiert fühlen."
Er fürchtet gar einen Imageschaden, der zu wirtschaftlichen Einbußen führen könnte. Ihm erschließe sich auch nicht, warum in einer disruptiven Welt für Linz "mit dem Risiko" geworben werde.
SPÖ-Stadtchef outet sich als Fan des neuen Spots
Anders als bei "Linz ist Linz", als der damalige SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger mit massiver Kritik an dem Spot in die Öffentlichkeit ging, ist sein Nachfolger Dietmar Prammer fast ein Fan: "Das neue Linz-Video ist mutig, provokant – und genau richtig. Es zeigt Linz so, wie die Stadt heute ist: selbstbewusst, kantig und mit einem Blick nach vorne."
Denn es gehe nicht darum, allen zu gefallen, sondern eine klare Haltung zu zeigen: "Wer über Linz spricht, soll nicht mehr nur an Klischees denken, sondern an eine Stadt, die überrascht und bewegt. Das ist gut so – denn nur so bleibt Linz spannend.“
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