Nach Tod von Ärztin: Anzeige gegen Polizei und Staatsanwaltschaft
Über Monate hinweg wurde die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die am Freitag verstorben war, aus der Impfgegner-Szene massiv bedroht. Nun brachte der frühere Geschäftsführer des Online-Mediums Zackzack, Thomas Walach, nach eigenen Angaben bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Strafanzeige gegen Strafverfolgungsbehörden ein.
Die Anzeige, die Walach auf Twitter veröffentlichte, richtet sich gegen unbekannte Täter der Landespolizeidirektion Oberösterreich sowie der Staatsanwaltschaft Wels. Das vermutete Delikt: Missbrauch der Amtsgewalt.
Kellermayr war über Monate hinweg bedroht worden. Walach vermutet, dass die Beamten "eigenmächtig und unter Umgehung rechtlicher Normen (..) auf die Verfolgung des mutmaßlichen Täters verzichteten".
Schwierige Strafverfolgung
Befinden sich Täter im Ausland und verfassen dort Drohschreiben, ist eine Strafverfolgung in Österreich schwer, berichtete unterdessen das Ö1-Mittagsjournal am Montag. Die Staatsanwaltschaft Wels hatte Ermittlungen gegen einen Deutschen eingestellt. Nun wird geprüft, ob Kellermayrs Suizid etwas an der Zuständigkeit ändert, hieß es am Montag auf APA-Anfrage.
Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.
Eine unter dem Namen "Nella" auftretende Hacktivistin aus Deutschland machte zwei Deutsche ausfindig, die Droh-E-Mails verfasst haben sollen. Auch eine weitere Spur führte laut Staatsanwaltschaft Wels nach Deutschland. Da das aber bedeuten würde, dass der Tatort nicht in Österreich liegt, mussten die Ermittlungen gegen diese Verdächtigen eingestellt werden. Den österreichischen Strafverfolgungsbehörden sind bei einem vergleichsweise "schwachen" Delikt wie der gefährlichen Drohung in grenzüberschreitenden Fällen die Hände gebunden.
Gesetzeslücke
Beim Tatbestand der gefährlichen Drohung muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr gerechnet werden. Für die Verfolgung in Österreich muss entweder der Täter oder der Tatort in Österreich sein, berichtete auch das Mittagsjournal. Während bei einer grenzüberschreitenden Ehrenbeleidigung eine Strafverfolgung in Österreich möglich ist, geht das bei der grenzüberschreitenden gefährlichen Drohung nicht. Hier wäre eine Novellierung überlegenswert, sagte Rechtsanwalt und Verfassungsrichter Michael Rami gegenüber Ö1.
Laut Staatsanwaltschaft Wels wurden die Ergebnisse zu möglichen deutschen Verdächtigen an die Staatsanwaltschaften Traunstein und Berlin abgegeben. In Österreich werde allerdings nach wie vor gegen unbekannte Täter ermittelt - weil die Recherchen der Hacktivistin, die auf deutsche Täter hindeuten, erst verifiziert werden müssen und, weil auch mehrere Täter im Spiel sein könnten.
Bei Drohungen und Hass im Netz müsse man "als betroffene Person regelrecht hoffen, dass die Person in Österreich ist", sagte die Journalistin Ingrid Brodnig. Denn aus ihrer Erfahrung sei dann die Chance größer, dass etwas passiert, sonst gebe es "immer wieder Fälle, die in meinen Augen versanden".
Am Montagabend finden in mehreren Bundesländern Mahnwachen im Andenken Kellermayrs statt.
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