Freie Gedanken und Widerspruch sind im Kepler-Wohnhaus salonfähig

Norbert Trawöger kann sich, so scheint es, zwei- oder dreiteilen. Er ist Künstlerischer Direktor des Bruckner Orchesters Linz, künstlerischer Leiter des Jubiläumsjahres Bruckner 2024, Musiker und Autor. Und Intendant des Kepler Salons.
Also noch bis Montag – da lädt er zum letzten Abend unter seiner Intendanz. Mit dem Leitsatz des Salons von Dorothee Sölle, „Es muss doch mehr als alles geben“, zieht sich der 52-Jährige nach zehn Jahren zurück.
An dem Abend greift er neben Pianist Bernhard Pötsch selbst zur Flöte, während Moderatorin Barbara Jaksch mit Präsidentin Barbara Infanger und dem scheidenden JKU-Rektor Meinhard Lukas über Transformation spricht.
Neugier und Zweifel
Rund 1.000 Abende hat Trawöger seit 2013 verantwortet. „Der Salon ist eine kostbare Möglichkeit, einander zu begegnen, Meinungen auszutauschen, aber nicht alle überzeugen zu müssen“, zieht er Bilanz.
Dieser Raum, just in jenem Haus in der Linzer Rathausgasse, in dem Namensgeber Johannes Kepler gelebt hat, war und bleibt für Trawöger „ein Möglichkeitsraum für Neugier, Zweifel und Wissen“, für freie Gedanken und Widerspruch. Gerade in Zeiten, wo Freiräume immer enger würden.
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Trawöger war an vielen Abenden im Salon: „Diese Ausbildung hätte ich an keiner Universität der Welt bekommen. Ich habe von Themen erfahren, von denen ich gar nicht wusste, dass man darüber nachdenkt. Und bei Dingen, von denen ich dachte, ich kenne mich aus, habe ich erfahren, dass ich in Wirklichkeit nichts davon verstanden habe.“
Viele Beziehungen sind ihm aus den Salonabenden geblieben, blickt er gerne zurück - zu Stammgästen, Mitarbeiterinnen und natürlich zu den Gesprächspartnern.
„Es muss doch mehr als alles geben“, ist dem Salon ein Satz von Dorothee Sölle eingeschrieben. Mit diesem Salonabend beendet Norbert Trawöger seine 10-jährige Salonintendanz und kommt dabei gemeinsam mit dem Pianisten Bernhard Pötsch seiner Ur-mission als Flötenspieler nach.

An diesem Abend soll es aber mehr um das Thema Transformation als um Abschied gehen - mit JKU-Rektor Meinhard Lukas, Barbara Infanger, Präsidentin Freunde Kepler Salon und Stefanie Jaksch.
Montag, 26. Juni, 19:30 - 21:00 Uhr, Kepler Salon, Rathausgasse 5, Linz
Eintritt ist wie immer frei - um ein möglichst barrierefreies und niederschwelliges Angebot zu ermöglichen.
Der Kepler Salon ist eigentlich nur für die Kulturhauptstadt Linz09 entstanden und dann doch geblieben. Und er verändere Menschen, was nachhaltig wirke. „Darauf kann Linz stolz sein“, resümiert Trawöger, für den Linz eine jener Städte ist, die "am meisten von allen in Bewegung ist".
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Die Stadt, die sich seit 1985 aus der stinkenden Stahlstadt zur industriellen Kulturstadt entwickelt habe, könne ihre Identität immer wieder neu und weiter schreiben. Der Kepler Salon ist eine dieser Institutionen, die dazu beitragen. Und er soll das weiter tun, auch wenn die Nachfolge Trawögers als Intendant noch nicht geklärt ist.
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