Jung, aber Bürgermeister: "Für die Familie bleibt null Zeit"

Jung, aber Bürgermeister: "Für die Familie bleibt null Zeit"
Bürgermeisterin Nicole Thaller (27) und Bürgermeister Karl-Heinz Koll (33) über den Spitzenjob in der Gemeinde.

2.093 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gibt es in Österreich. Gerade einmal 188 von ihnen sind unter 40 Jahre alt. Nur 12 von ihnen sind Frauen. Nicole Thaller (ÖVP) ist die jüngste: Sie ist 27 und Bürgermeisterin in Hofkirchen im Traunkreis, Oberösterreich.

Mittwoch und Donnerstag war sie mit ihrem jungen Kollegen Karl-Heinz Koll (33), ÖVP-Bürgermeister in Traun, Gastgeberin des Vernetzungstreffens junger Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Österreich.

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Thaller ist seit 2021 im Amt. Als Quereinsteigerin. Ihr Vorgänger, er ist auch von der ÖVP, ist genau doppelt so alt, ein guter Freund ihres Vaters und ihr Mitarbeiter als Leiter des Bauamtes in Hofkirchen.

Keine leichte Konstellation für eine junge Frau? „Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander, er ist ein guter Ratgeber“, sagt Thaller.

Dass sie manches anders sieht, dazu steht sie. Aber immerhin hat auch er dazu beigetragen, dass sie in jungen Jahren Bürgermeisterin werden konnte.

Hofkirchen im Traunkreis

Als 22-Jährige hat Thaller nämlich abgelehnt, Musikvereinschefin zu werden: „Ich wusste damals schon, ich will mehr gestalten.“ Dann wollte ihr Vorgänger aufhören, da habe sie ihn gefragt: „Soll ich dir nachfolgen?“

Und schon war Thaller Bürgermeisterin der finanzschwachen 2000-Einwohner-Gemeinde. Zuvor musste sie natürlich die Direktwahl gewinnen.

Unbelastet ins Amt gekommen

Zu Beginn habe ihr geholfen, dass sie von den Streitigkeiten, die früher in der Gemeindepolitik geherrscht haben, keine Vorbelastung mitnehmen musste. Viele Gespräche und viele Termine und diese zusätzlich zu ihrem 25-Stunden-Job, brauchen auch in der kleinen Gemeinde viel Zeit.

Den Tanzkurs mit ihrem Mann, den sie heuer im Frühjahr geheiratet hat, hat sie wie einen Termin im Kalender eingetragen: „Sonst geht sich auch das nicht aus.“

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Thaller will gestalten, deshalb engagiert sie sich auf Gemeindeebene. Das teilt Koll, der als Citymanager gegen seinen Chef, noch dazu von der SPÖ, als Bürgermeister angetreten ist. Samt Klagen im Wahlkampf.

„Es war eine große Umstellung im Rathaus“, erinnert er sich. Am Anfang sie die Skepsis groß gewesen, durch die Arbeit habe er überzeugen und so das Vertrauen gewinnen können.

Fordernder, schöner Job

Auch er arbeitet schon mal 60 Stunden oder mehr. „Mein Privatleben ist gleich null“, sagt der Vater zweier Buben (2 und 5 Jahre), deshalb hält er jetzt den Donnerstagnachmittag und ein (!) Wochenende im Monat frei.

Dass das nicht gerade förderlich ist, andere junge Leute davon zu überzeugen, in die Politik zu gehen, ist ihm bewusst. Das weiß auch Thaller, die selbst in dem kleinen Ort den stärker werdenden Druck aus der Bevölkerung spürt: „Es gibt viel Kritik in den sozialen Medien, oft kommen sehr unflätige Beschwerden daher.“

Außerdem dürfe man in der Politik keine Fehler machen: „Auch das hält junge Leute davon ab, in die Politik zu gehen.“ Was beide aber nicht davon nicht abhält, sich so gut wie alle Fragestellungen von Bürgern aus ihren Gemeinden anzuhören.

Wenngleich Koll und Thaller schon auch feststellen, dass sie die Probleme oft mangels Zuständigkeit gar nicht lösen können: „Aber meist sind die Leute froh, dass sie ihr Thema anbringen konnten.“

Was beide übrigens sofort abgestellt haben: Die Antwort, „das haben wir immer schon so gemacht“. Die sei häufig gekommen. „Und wir jungen haben andere Zugänge, wir hinterfragen alles“, sagt Koll, „und wir tauschen uns mit den anderen Fraktionen aus.“

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