Jüdischer Friedhof Linz: Sanierung gegen das Vergessen

Jüdischer Friedhof Linz: Sanierung gegen das Vergessen
800 Gräber befinden sich im abgesperrten Teil des Barbara Friedhofs. Zu groß ist das Risiko von Vandalenakten

Das schöne, geschmiedete Tor ist geschlossen – und bleibt es auch in Zukunft. Zu groß wäre das Risiko, dass es zu Vandalenakten oder Schändungen kommen könnte. „Natürlich wäre es mir lieber, der jüdische Friedhof in Linz wäre frei zugänglich, aber leider ist das nicht möglich“, erklärt Charlotte Herman, Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde in Linz.

Pflege für 20 Jahre

Dabei wurde das Areal, das sich auf dem Gelände des Linzer Barbarafriedhofs befindet, soeben neu instand gesetzt. Kommende Woche wird der jüdische Friedhof der Stadt Linz zur Instandhaltung übergeben. Die hat sich dazu verpflichtet, diese Aufgabe der Pflege für die kommenden 20 Jahre zu übernehmen. Das war Bedingung dafür, dass der Nationalfonds die Kosten für die Instandsetzung in der Höhe von rund einer Million Euro genehmigte und übernahm.

„Der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich wurde im Dezember 2010 beim Nationalrat eingerichtet, um die mehr als 60 jüdischen Friedhöfe in ganz Österreich vor dem Verfall zu bewahren.

Jüdischer Friedhof Linz: Sanierung gegen das Vergessen

Was ist nun alles neu? Zum einen wurden Grabsteine neu zusammengesetzt, gesichert und verankert, die Friedhofsmauer wurde hergerichtet, Seiten- und Hauptwege neu befestigt. Und das Taharahaus, in dem die rituelle Leichenwaschung stattfindet, wurde ebenfalls saniert. Einige Bäume mussten aus Sicherheitsgründen gerodet werden, dafür wurden neue gepflanzt. Was aus Hermans Sicht noch gemacht werden müsste: „Viele Grabinschriften sind kaum oder gar nicht mehr lesbar. Das kann nicht so bleiben.“

800 Gräber

Wer mag, verweilt am Tor und wirft einen Blick hinein. Oder besorgt sich einen Schlüssel bei der Kultusgemeinde und organisiert sich eine Führung über das Gelände. Rund 800 jüdische Gräber befinden sich vor Ort, 110 weitere wurde während der Bombardements im Zweiten Weltkrieg zerstört und sich nicht mehr sichtbar.

Großes Projekt

Wir haben aber einen Lageplan und wissen daher genau, wer wo begraben ist“, sagt Präsidentin Herman. „Deshalb nehmen wir demnächst ein großes  Projekt in Angriff. Damit diese Verstorbenen nicht in Vergessenheit geraten, sollen schwebende Metallplatten mit den Namen an den entsprechenden Orten montiert werden. Die Voest hat quasi zugesichert, die Materialkosten zu übernehmen, für den Rest der Kosten suchen wir noch nach einer Finanzierung.“ Der Künstler Andreas Strauss, der auch die kürzlich montierten Gedenkstelen in Linz gestaltet hat, ist aktuell mit dem Projekt betraut.

Herman vor einem der beiden siebenarmigen Leuchter in der Linzer  Synagoge.

Charlotte Herman, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde

Hintergrundwissen

Rituelle Waschung 
Im Judentum ist es verboten,  dass Gräber aufgelöst werden, ebenso die Einäscherung der Verstorbenen. Im Taharahaus direkt am Friedhof findet die rituelle Leichenwaschung statt. Religiöse Bestatter nennt man „Chewra Kadischa“, es gibt sie derzeit nur in Wien und sie kommen zu jedem jüdischen Begräbnis in ganz Österreich

In Tücher gewickelt
Anders als bei uns üblich werden Jüdinnen und Juden ohne Gewand, nur in Leichentücher gewickelt und in Holzkisten bzw. in sehr einfachen Särgen beerdigt. Zuletzt  wurde im November 2021 eine Frau auf dem jüdischen Friedhof in Linz bestattet

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