"Der Nazi kauft an Döner beim Türken": 100-Euro-Strafe für Frau in OÖ
Die Polizei in Oberösterreich und ihr Umgang mit der rechtsextremen Szene im Land ist immer wieder Thema. Jetzt sorgt eine Strafverfügung der Landespolizeidirektion Oberösterreich, ausgestellt durch das Polizeikommando in Steyr, für Verwunderung.
Und zwar gegen eine Frau, die gegen eine Veranstaltung von Rechtsextremen protestiert habe.
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Eine Frau aus Steyr soll bei der Demonstration der rechtsextremen Gruppierung "Die Österreicher" und deren "Remigrationstour" am 14. Mai dieses Jahres zu einem Teilnehmer gesagt haben: "Schau, da Nazi kauft se an Döner beim Türken."
Für die Dienststelle der Polizei in Steyr ist klar, die Frau habe damit "gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitten" verstoßen und sei deshalb nach dem OÖ Polizeistrafgesetz mit einer Verwaltungsstrafe von 100 Euro zu bestrafen.
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Andreas Pilsl, Landespolizeidirektor von Oberösterreich, hat in einer ersten Reaktion die Verwaltungsstrafe verteidigt und auf die Möglichkeit hingewiesen, dass dagegen Einspruch erhoben werden könne. Seitens der Polizei wird jedenfalls betont, dass die Aussage "dienstlich wahrgenommen" wurde, während die betroffene Frau betont, dass bei dem Gespräch keine Polizei anwesend gewesen sei.
In den sozialen Medien hagelte es Kritik an der Vorgangsweise der Polizei. Die Frau selbst hat angekündigt, die Strafverfügung zu bekämpfen.
Schwierige Abgrenzung
Eine genaue Einordnung zu treffen ist auch für Alois Birklbauer, Professor für Strafrecht an der Johannes-Kepler-Universität, schwierig. "Bei einer Ehrenbeleidigung, was die Bezeichnung als Nazi darstellen kann, greift eigentlich das Strafrecht", erklärt Birklbauer, "aber das würde nur im Rahmen einer Privatanklage greifen." Das sei kein Offizialdelikt und könne nicht von sich aus von der Polizei verfolgt werden.
Wenn es sich um eine Ordnungsstörung handelt, müsste ein "Eskalationspotenzial" vorliegen, meint der Jurist und fügt an, dass die eskalierenden Aussagen aus seiner Sicht unmittelbar von Exekutivbeamten wahrgenommen werden müssten - später sei das aus seiner Sicht nicht mit einer Verwaltungsstrafe zu erledigen.
Ob dann andere Beschimpfungen - etwa als Klimaterrorist im Zuge einer Klimakleberaktion - strafbar seien, darauf wollte sich Birklbauer nicht festlegen. Die Aussage müsse zu dem Zeitpunkt das Potenzial haben, für eine Eskalation zu sorgen: Da sei eine generelle Grenzziehung, ab wann das der Fall sei, sehr schwierig. Seitens der Polizei Oberösterreich wurde die diesbezügliche Frage nicht beantwortet.
Weitere Strafen ausgesprochen
Die aktuelle Strafe ist übrigens nicht die einzige gegen die Gegendemonstranten in Steyr. Wie die Polizei bestätigte, wurde "die Verantwortliche dieser Gegenversammlung" angezeigt. Bei der angezeigten Person handelt es sich übrigens um eine Grüne Gemeinderätin aus Steyr. Sie wurde zur Zahlung einer Strafe von 300 Euro verdonnert, wegen "Störung einer Versammlung", außerdem auch wegen "nicht Anmeldens einer Versammlung".
Die Politikerin hat gegenüber der Plattform "Standpunkt" von Michael Bonvalot schon im Juni betont, dass sie sich von der Polizei "gelegt" fühle, weil sie bei einer telefonisch erfolgten Einladung auf die Polizei, der sie freiwillig Folge geleistet habe, als "reine Formalie" bestätigt habe, sie sei für die Versammlung verantwortlich.
Und bald darauf sei ihr die Verwaltungsstrafe als Verantwortliche zugestellt worden - obwohl die Polizei niemals die Auflösung der Versammlung angekündigt habe. Diese Strafe wird übrigens von ihr bekämpft, ebenso die zwei weiteren Strafen, die gegen zwei weitere Gegendemonstranten verhängt worden seien. Die Kritik der Grünen: Es müsse doch möglich sein, gegen Faschismus zu protestieren, ohne dass es danach zu Repressionen durch die Polizei komme. Auch in Oberösterreich.
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