Erstmals war mit dem Salzkammergut nicht eine einzelne Stadt, sondern ein ländlicher Raum als Kulturhauptstadt Europas präsent, das bedeutete vor allem: Intensive Vernetzung und effektive Kommunikation. Immerhin waren 23 Gemeinden aus Oberösterreich und der Steiermark am Riesenprojekt beteiligt.
„Bei vielen Gästen aus dem Ausland ist es nicht angekommen, dass die Kulturhauptstadt nicht nur in Bad Ischl, sondern in der ganzen Region stattfand“, erzählt Elisabeth Strasser. Sie betreibt gemeinsam mit ihrem Mann, dem Ex-Politiker Ernst Strasser, das Hotel Hubertushof in Bad Ischl.
Von der Nachhaltigkeit bemerkt die Unternehmerin nicht viel: „Letztes Jahr hatten wir natürlich ein schönes Plus in der Gastronomie und bei den Übernachtungen. Aber das war ein Einmal-Effekt.“
Schwacher Start
Weitere Hoteliers in der Stadt schließen sich dieser Meinung an. Die Zahlen der Monate Jänner, Februar und März heuer seien nicht zu vergleichen mit jenen des Vorjahres. Elisabeth Strasser hat deshalb konkrete Forderungen an die Stadtpolitik: „Uns fehlen mehr als 200 Parkplätze. Und wir brauchen attraktive Angebote in den Randzeiten.“ Ischl sei eine Ganzjahresdestination. Ziel solle es sein, vor allem das jüngere, Kultur-affine und gebildete Publikum, das 2024 vermehrt gekommen sei, weiterhin anzusprechen. Dafür brauche es entsprechendes Programm.
Geht es nach dem Kulturhauptstadt-Team soll es das weiterhin und künftig geben. Dafür wurden die Nachfolge-Organisationen „Aufbruch, Salzkammergut!“ in Oberösterreich und das „Kulturbüro Ausseerland Salzkammergut“ in der Steiermark gegründet.
„Das war kein Festival, sondern es wurde etwas in die Wege geleitet für die Zukunft der Region“, bringt es die künstlerische Geschäftsführerin der Kulturhauptstadt, Elisabeth Schweeger, auf den Punkt. Natürlich habe es Reibungspunkte gegeben, aber „Diskussionen sind fruchtbar, sie sind die Basis für unser Demokratieverständnis.“
Auf der Esplanade in Ischl sehen das naturgemäß nicht alle so: „Die Eröffnung mit den Nackerten hat uns geschadet. Ich bin froh, dass der ganze Rummel jetzt wieder vorbei ist“, spielt ein älterer Herr mit Regenmantel und Hut auf den viel diskutierten „Pudertanz“ im Rahmen der Auftaktfeier an.
Zwei Jugendliche auf Skateboards halten dagegen: „Es war schon sehr cool, es waren so viele verschiedene Menschen in Ischl, Typen, die man sonst nie da sieht. Das hat der Stadt gutgetan.“ Sie hätten sich die Eröffnung angeschaut, die sei „speziell“ gewesen.
Alle sind eingeladen
Das Team der Nachfolgeorganisation spricht eine Einladung an jene Gemeinden aus, die bisher nicht Teil der Kulturhauptstadt waren, sich künftig zu beteiligen. „Wir richten uns an alle, die Teil des Prozesses sein wollen“. Ziel der künftigen Projekte sei es, die Strahlkraft des Salzkammerguts auch international zu erhalten und den Aufschwung mitzunehmen.
Das wünscht sich auch Katharina Wimmer. Sie ist Grafikerin, Designerin und Inhaberin des Sissikus, eines Design-Shops mit Gastro im historischen Musikpavillon. Die 42-Jährige stellt mit ihren Arbeiten gerne die Klischees der Stadt auf den Kopf. Auf ihren Bildern trägt Franzl Hipsterbart und Tattoos.
„Die Stimmung unter den Ischlerinnen und Ischlern ist gemischt. Die Hälfte sagt, das war alles ’voi bled’, die andere Hälfte jubelt.“ Das Sissikus habe voll profitiert von der Kulturhauptstadt, einerseits was die Vielfalt an Gästen, andererseits was den gestiegenen Umsatz betrifft. Ihr Highlight aus 2024 zu nennen, fällt Wimmer nicht schwer: „Das war die Pride, bei der zwei Tage lang Party in Ischl war.“ Und dass sich die führenden Köpfe von 23 Gemeinden an einen Tisch gesetzt hätten: „Das ist, wenn es ums Salzkammergut geht, faszinierend.“
Nachhaltigkeit: Was in der Region bestehen bleibt
Viele der Aktionen und Projekte waren temporär auf die Zeit des Kulturhauptstadtjahres begrenzt. Einiges darf und wird auch über das Jahr 2024 hinaus bleiben. Einige Beispiele:
- Das Sudhaus in Ischl, in dem viele Ausstellungen stattgefunden haben, wird künftig als Kulturhaus revitalisiert.
- Beim Lehártheater beginnt heuer die Sanierung, die Wiedereröffnung ist für 2027 angepeilt.
- Neugestaltet wurden außerdem das Museum der Stadt Bad Ischl, das Literaturmuseum in Altaussee und das Steinberghaus.
- Xenia Hausners Skulptur „Atemluft“ bleibt ebenfalls in der Bahnhofstraße in Ischl bestehen.
- In Gmunden hat sich das KunstQuartier als neuer Anlaufpunkt für zeitgenössische Kunst etabliert.
- Im ehemaligen Gaswerk in Gmunden kommen weiterhin Ateliers und eine Werkstatt unter.
- Das Konzerterlebnis „Bruckners Salz“ – das Brucknerorchester Linz spielt in den Salinen Ebensee – bleibt genauso erhalten wie die „Hausmusik Roas“.
- Das Graffiti am Gebäude der ehemaligen Mädchenschule in Ebensee sowie die Arena der Menschenrechte in Roitham am Traunfall und die revitalisierte Steinbachhalle, etwa auch für Konzerte, in Steinbach am Attersee stehen den Menschen in der Region weiterhin zur Verfügung.
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