Wirtschaftskammer NÖ: „Jetzt Maßnahmen für die Betriebe“
KURIER: Niederösterreich ist mit einem Rabatt, also einer Art Preisdeckel, auf Strom vorgeprescht. Was halten Sie vom Alleingang?
Wolfgang Ecker: Die Entscheidung von Landeshauptfrau Mikl-Leitner für den niederösterreichischen Strompreisrabatt ist eine rasche Hilfe für Haushalte. Der Bund muss jetzt seine schon länger verkündeten Maßnahmen für Betriebe rasch und unbürokratisch in die Tat umsetzen. Denn die Situation beim Energiethema ist nicht nur für viele Menschen herausfordernd, sondern auch für unsere Betriebe. Die Preissteigerungen sind auf Dauer nicht zu stemmen.
Ist es richtig, hier als öffentliche Hand einzugreifen?
Als Unternehmer und Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich stehe ich zur freien Marktwirtschaft. Wenn diese aber verzerrt wird, sind zeitlich beschränkte Eingriffe notwendig. Wenn es daher um die Sicherung einer leistbaren und sicheren Energieversorgung geht, darf es keine Denkverbote geben. Dabei müssen finanzielle Anreize aber auch immer in Verbindung mit Energiesparmaßnahmen gesehen werden.
Es wurden in Niederösterreich auch Anti-Teuerungsmaßnahmen beschlossen. Wie sehen Sie das?
Maßnahmen, welche die niederösterreichischen Konsumenten entlasten, stärken die Kaufkraft und kommen letztendlich auch unseren Betrieben zugute.
Was muss noch kommen, auch vom Bund?
Eine leistbare und sichere Energieversorgung hat nicht nur für uns Unternehmen oberste Priorität. Dafür braucht es nicht nur von der EU die volle Anstrengung für Maßnahmen zur Stabilisierung der Preise und zur Versorgungssicherheit. In Österreich braucht es bei Genehmigungsverfahren für Projekte bei erneuerbaren Energien eine 30-fach höhere Geschwindigkeit. Es braucht auch rechtliche Sicherheit und Planbarkeit, um Projekte zur Energieversorgung umzusetzen. Bei allen Maßnahmen gilt es aber, eine Technologieoffenheit und -vielfalt zu beachten. Nicht eine Technologie allein wird die Lösung für die Energiewende sein.
Angesichts der aktuellen Krisen – von Corona bis zu den Energiepreisen –, wie ist die Stimmung in Niederösterreichs Wirtschaft?
Wir waren in letzter Zeit sehr viel unterwegs im Land und haben mit sehr vielen Unternehmern gesprochen. Man hat gemerkt, dass es von Tag zu Tag angespannter wird. Die Betriebe haben immer mehr mit den Energiekosten, mit den Teuerungen schwer zu kämpfen. Die Wirtschaft läuft sehr gut, darüber hängt aber das Damoklesschwert der Energiekosten.
Die Betriebe kämpfen mit den Energiekosten, mit den Teuerungen und im Herbst stehen die Lohnverhandlungen an. Mit welchen Gefühlen sehen Sie die Ansagen der Gewerkschaft, dass diese deutlich ausfallen müssen?
Die Gewerkschaft weiß aber auch ganz genau, wenn das überbordend passiert, dass die Inflation weiter in die Höhe getrieben wird. Ich setze ganz stark auf die 3.000 Euro brutto für netto als Abfederungen der Verhandlungen. (Anm.: Die Bundesregierung hat im Anti-Teuerungspaket beschlossen, dass 3.000 Euro als Bonus für Mitarbeiter abgabenfrei sein kann.) Ich bin froh, dass das so gekommen ist. Alles andere wird notwendig sein, weil wir wissen, dass unsere Mitarbeiter unser oberstes Gut sind und wir sie benötigen.
Viele Betriebe finden aber gar nicht die notwendigen Mitarbeiter.
Das ist eine riesige Herausforderung, die uns aber nicht aus dem heiteren Himmel trifft. Das wird durch die Teuerung noch verschärft. Es ist ein Thema für mich, wo an sehr vielen Rädchen gedreht werden muss. Die Lehrlingsausbildung muss natürlich noch mehr forciert werden. Man wird auch schauen, dass man die Rot-Weiß-Rot-Karte für Arbeitskräfte aus dem Ausland weiter verbessert. Wir haben in Niederösterreich gemeinsam mit dem Land den Talentecheck, der sehr hilfreich ist.
Wie sehen Sie da den Vorstoß von Wirtschaftsminister Martin Kocher, im Asylbereich den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern?
Ich beurteile das sehr positiv. Ich habe immer schon gesagt, dass wir einen geregelten, qualifizierten Zuzug unbedingt brauchen. Wir werden sonst das Delta nicht ausgleichen können.
Sicher ist, dass es ein schwieriger Herbst wird. Mit welcher Zuversicht gehen Sie in die kommenden Monate?
Ich bin immer ein zuversichtlicher Mensch. Das spürt man aber auch ganz stark bei unseren Unternehmerinnen und Unternehmern. Wir haben mit wahnsinnig großen Problemen zu kämpfen, aber es ist dennoch immer die Zuversicht da. Und ich greife da immer wieder auf den schon etwas abgedroschenen Satz zurück: Wenn man es gescheit macht, geht man aus jeder Krise gestärkt hervor.
Sind Sie auch zuversichtlich, dass die Politik die richtigen Weichen stellen wird?
Ich werde zuversichtlicher, wenn die Sozialpartner mehr eingebunden werden. Ich bin ein großer Anhänger der Sozialpartnerschaft. Wenn die Sozialpartner drinnen sind, weißt du, dass wirklich transportiert wird, was die Unternehmer und die Arbeitnehmer beschäftigt.
Kommentare