Wie vier Punsche zwei Leben für immer veränderten

Wie vier Punsche zwei Leben für immer veränderten
Prozess: Alkolenkerin rammte nach Weihnachtsmarkt-Besuch einen geparkten Lieferwagen – Paketzusteller verlor ein Bein.

Es war bereits nach 21 Uhr, als die beiden Zusteller eines Paketdienstes am 21. Dezember 2021 in Laxenburg (Bezirk Mödling) mit den letzten Handgriffen dieses Arbeitstages beschäftigt waren. „Wir hatten alles ausgeliefert. Die Schicht war eigentlich schon vorbei“, erinnert sich einer von ihnen am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt. „Dann weiß ich nur noch, dass ich plötzlich durch die Luft geflogen und am Boden aufgeschlagen bin.“

Ein Pkw hatte den am Fahrbahnrand abgestellten Transporter gerammt. Ungebremst, wie ein direkt nachfolgender Fahrzeuglenker als Zeuge aussagt. „Ich habe mir noch gedacht: Brems doch endlich! Aber man hat bis zuletzt keine Bremslichter gesehen.“ Am Steuer des Wagens: eine 40-jährige Laxenburgerin auf dem Rückweg vom Weihnachtsmarkt in Mödling. „Vier Punsche“ habe sie dort konsumiert, sagt sie mit Tränen in den Augen aus. „Das Ganze tut mir so furchtbar leid.“

Phantomschmerzen

Der 38-jährige syrische Staatsbürger, der im Rollstuhl in den Verhandlungssaal gebracht wurde, nimmt dies schweigend zur Kenntnis. Ein Bein musste ihm amputiert werden, zwei weitere Operationen waren notwendig. Trotzdem leide er „24 Stunden täglich an Phantomschmerzen“, erzählt er. „Das Bein tut weh, obwohl es nicht mehr da ist. Ich bekomme Medikamente, aber die helfen nicht.“ Hinzu kommen die psychischen Folgen: „Jeden Abend sehe ich vor mir, wie ich dort auf der Straße liege – neben mir mein Bein.“

Sekundenschlaf

Die Laxenburgerin will sich an den Unfall nicht erinnern können: „Ich glaube, es war Sekundenschlaf.“ Dem zweiten Paketzusteller geht es ähnlich. Er zerschlug mit dem Kopf die Windschutzscheibe des Wagens der Alkolenkerin und blieb bewusstlos auf der Straße liegen. „Ich dachte, ich wäre im Lieferwagen gewesen, bis man mir erzählt hat, dass ich draußen gelegen bin“, sagt er. Auch er erlitt Verletzungen an den Beinen.

Zitternd und schluchzend vernimmt die 40-Jährige das Urteil: 12 Monate Haft, drei davon muss sie absitzen. Noch nicht rechtskräftig.

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