Die Künstlerin hinter der „Klofrau“: Wie Domik Retz Farbe und Gefühl schenkt

Zwei Frauen stehen lachend vor einer bunten Wandmalerei mit Blumen und einer Frau mit blauer Sonnenbrille.
Das Sgraffitohaus in Retz ist von außen ein Hingucker - Dominika Köck sorgt im Inneren für den "Wow-Effekt".

Wer zum ersten Mal in der Retzer Rooftop-Bar ist, hat oft ein Problem damit, die (richtige) WC-Tür zu finden. Und dabei sind sie ein wahrer Blickfang, den man als erstes sieht, wenn man das Lokal über den Dächern der Weinstadt im Bezirk Hollabrunn betritt. Verantwortlich dafür ist eine Frau, die 1985 in Polen geboren und mit 20 Jahren nach Österreich gezogen ist; derzeit lebt sie in Graz und hat nun auch in Retz eine Heimat gefunden: Der Stil von Künstlerin Domik ist unverkennbar.

Geführt wird das "RoofTop sgrafit" von Rebecca Freitag. "Wenn man vom Aufzug hereinkam, hat man eine graue Wand und das Damen-WC gesehen. Das hat mir nicht gefallen", erinnert sich die Gastronomin an den Anfang der Rooftop-Bar. Sie hatte die Möglichkeit, diese nach ihrem Geschmack auszustatten. "Die Fototapete war schon bestellt", blickt sie schmunzelnd zu Dominika Köck, wie die Künstlerin mit bürgerlichem Namen heißt. Die Grazer Künstlerin hat sie durch Zufall kennengelernt und nach Retz eingeladen. Das war vor etwa zwei Jahren, seitdem sind die beiden beste Freundinnen.

Ein Gemälde zeigt eine Frau mit Hut und Sonnenbrille, umgeben von Blumen und Schmetterlingen.

Das ist sie, die wohl berühmteste "Klofrau" der Region: Hinter dem Werk von Künstlerin Domik ist die WC-Tür der Retzer Rooftop-Bar versteckt.

Die "Klofrau", wie das Gemälde liebevoll genannt wird, ist wohl das meist fotografierte Motiv im Lokal. "Ich hab' dafür keinen Entwurf gemacht", erklärt die Künstlerin. Schon nach den ersten Pinselstrichen an der einst dunkelgrauen Wand kamen den beiden Frauen vor Freude die Tränen. "Ich hätte nie gedacht, dass Kunst so etwas machen kann", wird Freitag immer noch emotional. Denn als sie ihrer Freundin beim Malen zusah, wurde ihr klar: "Das Lokal wird jetzt zu Becci."

Eine WC-Tür versteckt hinter einem Kunstwerk

Das Ziel der beiden Frauen wurde übrigens erreicht: Man soll die WC-Türen nicht auf Anhieb finden. Diese Wand ist aber längst nicht die Einzige, die Domik bemalt hat. Durch das ganze Sgraffitohaus am Retzer Hautplatz zieht sich ihre Handschrift. Sie beginnt dezent im Erdgeschoss, ist in den Hotelzimmern zu finden und entlädt sich im Dachgeschoss.

Zwei Frauen stoßen mit Cocktails an, im Hintergrund eine bunte Wandmalerei einer Frau mit blauer Sonnenbrille.

Mit einem Espresso-Martini lässt es sich in der Beccis RoofTop gut leben: Das finden auch Künstlerin Dominika Köck und Gastronomin Rebecca Freitag.

Erst im August hat die Künstlerin eine weitere Wand bemalt. Sie war grau, ein Fernseher und zwei Bilder hingen dort. "Ich hab gesagt: Wir brauchen da was. Ein Woche später hab' ich gemalt." Das Lokal war voll, die Gäste blickten fasziniert zu, wie eine Frau mit einem Espresso-Martini Pinselstrich für Pinselstrich entstand. "Ich hab' sogar Applaus bekommen", freut sich die Künstlerin.

"Das Weibliche, Schöne  und Starke von uns Frauen soll präsent sein."

von Domik

Künstlerin

"Es ist einfach beruhigend, wenn man ihr zuschaut. Sie scheint kein Konzept zu haben und dann wird es ein tolles Bild", ist Freitag nach wie vor beeindruckt. Angst vor großen Flächen hat Domik nicht. "Wenn ich's auf einer kleinen Fläche malen kann, dann geht auch die Wand", sagt sie schmunzelnd. Bereits als Kind hat sie immer gemalt, besuchte eine Kunstschule in Polen und ging nach Österreich. "Ich habe zehn Jahre keine Kunst gemacht", erzählt sie. Kreativ war sie in dieser Pause immer. Vor sechs Jahren hat sie wieder zu malen begonnen, weil ihr etwas fehlte. Was war das erste Motiv? "Ein Hubschrauber", erzählt sie lachend.

Ein historisches Gebäude mit kunstvoll verzierten Fassaden und mehreren Fenstern, davor parken Autos auf Kopfsteinpflaster.

Das Sgraffitohaus am Retzer Hauptplatz fällt durch die besondere Sgraffitotechnik auf. Die Kunst setzt sich nun auch im Inneren des Gebäudes fort. 

Sie malt zwar alles, spezialisierte sich aber auf die Frauenmotive. "Das Weibliche, Schöne und Starke von uns Frauen soll präsent sein", beschreibt die Künstlerin, was sie antreibt. Weil sie stets aus einer Emotion heraus male, gehe sie auch nicht weg, bevor ein Werk nicht fertig ist. "Es geht um die Emotion, die ist morgen so nicht mehr da und dann wird das Bild anders."

Künstlerin fand zweites Zuhause in der Weinstadt

Dominika Köck ist froh, dass sie in Retz so gut aufgenommen worden ist. "Es ist mein zweites Zuhause geworden", strahlt die Künstlerin. Viele Gäste würden ihr schreiben, nachdem sie in Beccis RoofTop waren. Viele möchten sich etwas mitnehmen, um eine Verbindung zu haben. "Schau, bei uns hat sie schon eine Wand bemalt", zeigt eine Stammkundin stolz ein Foto von einem von Domiks Werken her.

Ein Wandgemälde mit einer Frau, verziert mit Schmetterlingen und goldenen Akzenten, schmückt einen Raum mit Tischen.

Gemalt, ganz ohne Vorlage aber mit viel Emotion: Domik gestaltete auch diese Wand. 

"Becci und ich sind uns so ähnlich, wir haben vor nichts Angst", weiß Köck, warum die beiden Frauen so zusammengeschweißt sind. Freitag, die mit ihrer Familie in Watzelsdorf lebt, war fast 20 Jahre im Verkauf, später in der Buchhaltung. Nebenbei hat sie immer in der Gastronomie gearbeitet. Dann ergab sich die Möglichkeit, die Rooftop-Bar im Sgraffitohaus zu übernehmen. So wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit. "Es ist nicht wie ein Lokal, es ist wie ein Wohnzimmer. Das ist auch Domik zu verdanken."

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