"Kunstimperium entsteht": Wie die Retzer Kunstgruppe alle verzaubert
Martin Gräser (Mitte) ist seit 1992 Mitglied der Retzer Kunstgruppe und zeigt seine Werke gern her, wie hier Christa Hameseder, Thomas Krottendorfer und Patrizia Feichter.
Zusammenfassung
- Die Kunstgruppe Retz der Caritas besteht seit 1992 und legt den Fokus auf die Kunst.
- Gemeinsame Ausstellungen, intensive Schaffensfreude und Mitbestimmung der Künstler prägen das kreative Miteinander und die positive Resonanz in der Region.
- Ein neues Depot zur Archivierung der Werke entsteht mit Unterstützung der Donau Uni Krems, eine Galerie am Retzer Hauptplatz ist für das Viertelfestival 2026 geplant.
"Ich war 18 Jahre lang Direktor vom Landesmuseum; ich schäme mich, dass ich nicht früher hierher gefunden habe, erst in der Pension", sagt Carl Aigner, der die Kunstgruppe Retz (Bezirk Hollabrunn) seit einigen Jahren fachlich begleitet. "Ich kann mich noch erinnern, wie du dich mit weißen Handschuhen in die Bilder eingegraben hast", muss Thomas Krottendorfer, Regionalleiter der Caritas, bei dieser Erinnerung schmunzeln. "Ich hab" nicht fassen können, was hier verborgen ist", erklärt Kunsthistoriker Aigner.
Die Kunstgruppe Retz gibt es seit dem Jahr 1992. Um die 13 Klienten der Caritas gehören ihr seitdem an. Auch das beeindruckt den ehemaligen Direktor des Museums Niederösterreich: "Es ist immer die Kunstgruppe Retz, nie die Caritas." Denn, dass hier Menschen mit Behinderung den Pinsel, Bunt- oder Filzstift schwingen, sei nicht wichtig. "Es geht um die Kunst", so Aigner. An diese Kunst, die im "OBENauf" in Unternalb, einer Katastralgemeinde von Retz, entsteht, hat nicht nur Aigner sein Herz verloren.
"Da will ich sein", und zwar in der Kunstgruppe Retz
Claudia Posekany ist seit Oktober Leiterin der Kunstgruppe. "Ich bin mit jedem Künstler Bild für Bild durchgegangen und bekam Gänsehaut", ist ihr die Begeisterung ebenso anzuhören. Sie verschlug es durch einen Zufall nach Unternalb. Als danach die Stelle in der Kunstgruppe frei geworden ist, hat sie sich beworben. "Besonders charmant hab" ich gefunden, dass die Künstler bei meinem Bewerbungsgespräch mit dabei waren. Ich hab" gleich gewusst: Da will ich sein." Dass die Künstler mitentscheiden, darauf legt Krottendorfer Wert.
Thomas Gräser zeigt stolz seine Werke im Atelier der Kunstgruppe Retz her, hier das Bild eines Hackbretts - denn Instrumente malt er gern.
Christa Hameseder zählt ebenso zu den erklärten Fans der Retzer Kunstgruppe. Die heute 68-Jährige hat mit 45 zu malen begonnen und schenkte sich zum 50er eine Vernissage. 2013 besuchte sie den Bauernhof in Unternalb. Da entstand das Interesse, gemeinsam mit der Kunstgruppe zu arbeiten.
Gemeinsame Ausstellungen und intensive Schaffensfreude
"Es ist nicht aufgesetzt, es ist gewachsen", spricht Krottendorfer das Besondere dieser Partnerschaft an. Es gab bereits gemeinsame Ausstellungen. Einmal pro Jahr besuchen die Künstler Hameseder eine Woche lang in ihrem Atelier in Mühldorf in der Wachau. "Ich bin immer begeistert von der Intensität und der Schaffensfreude", strahlt Hameseder. "Ja, es macht allen Spaß", bestätigt Thomas Gräser.
Er ist seit 1992 Teil der Kunstgruppe. Aigner geht da sogar noch einen Schritt weiter: "Er ist der Sir der Kunstgruppe", durfte er den Künstler bereits bei einigen Vernissagen bewundern. Im Atelier der Kunstgruppe zeigt Gräser stolz seine Bilder. "Ich mal gern Instrumente", nimmt er ein Bild von einem Blasmusikorchester in die Hand. Am liebsten greift er zu Buntstiften und Ölkreiden.
Seine Kunst kommt an, beim Adventmarkt verkaufte er ein Bild an eine Dame, die sagte: "Ich bin eine Sammlerin, das ist schon mein vierter Gräser." Sogar die Einrichtung in Maria Gugging wollte ihn und einen anderen Künstler abwerben. Krottendorfer machte ein Schnuppern möglich, die beiden sollten selbst entscheiden. "Ich weiß noch, wie Herr Gräser zu mir ins Büro gekommen ist und gesagt hat: ,Ich bleib bei dir.'" Als der Regionalleiter das erzählt, nickt Gräser mit einem Lächeln.
Ein neues Depot entsteht, begleitet von der Donau Uni
Seine und die Werke der anderen Künstler werden gerade digitalisiert, Größe und Titel erfasst und danach professionell in einem neuen Depot archiviert. Diesen Prozess begleitet Patrizia Feichter von der Donau Uni Krems. "Es interessiert mich einfach, wie hier zusammengearbeitet wird und wie weiter gedacht wird." Ihr Job ist es, ein Konzept zu erstellen, welche Bilder werden gesammelt, wie wird das Depot angeordnet. Sie sieht großes Potenzial in den Künstlern.
Weil das nicht nur ihre Meinung ist, arbeitet die Caritas bereits an einem nächsten Projekt. Wenn es nach Aigner geht, dann ist das Einrichten des neuen Depots "die Geburt eines Kunstimperiums", wie er mit einem Lächeln sagt. Er könnte sich durchaus eine Kunsthalle in Unternalb vorstellen. Konkret wird es zunächst etwas kleiner: Am Retzer Hauptplatz gibt es einen carla pop-up-Shop der Caritas, dieser wird umgeplant, damit beim Viertelfestival 2026 eine Galerie eröffnet werden kann, um die Kunst auch für die Region sichtbar zu machen.
Die Freiheit, Bilder zu malen
Denn das sei genauso wichtig, wie die Kunst der Retzer in die Welt hinauszutragen, so stellt etwa Karin Mayer nächstes Jahr in Zürich aus. Und auch dabei kommt der Kunsthistoriker nicht umhin, das Besondere der Retzer zu bemerken: "Bei uns muss niemand produzieren, weil die Galerien anrufen. Die Künstler haben die Freiheit, ihre Bilder zu machen, wie sie wollen."
Kommentare