Veggie statt Schnitzerl: Warum Berghütten auf Klimaschmankerl setzen

Die Naturfreunde A. Schieder, R. Hrbek, K. Ressar und Wirtin M. Grabherr-Gappmayer präsentierten die Aktion
Eine schweißtreibende Bergtour, 1.000 zurückliegende Höhenmeter und als feierlicher Abschluss eine zünftige Brettljause, ein Schnitzerl in Butterschmalz heraus gebacken oder ein herzhaftes Blunzengröstl.
Auch wenn einigen Fleischliebhabern dabei schon das Wasser im Mund zusammen läuft, sieht ein ökologisch grüner Fußabdruck in Österreichs Bergwelt sicher anders aus.
Klassische Fleischgerichte sind umweltökonomisch auf den Speisekarten nicht mehr der letzte Renner. Mit ein Grund, weshalb die Naturfreunde – mit 160.000 Mitgliedern der zweitgrößte alpine Verein Österreichs – sich ihrer Verantwortung besinnen und eine besondere Aktion ins Leben rufen.
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Bärlauch-Gnocchi im Weichtalhaus im Höllental
Unter dem Titel „Klima retten mit Genuss“ setzen sie einen kulinarisch fleischlosen Schwerpunkt auf den unzähligen Almen und Hütten der Alpenrepublik.
„Unsere Ernährung hat einen maßgeblichen Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck. Vegetarische oder vegane Gerichte mit regional produzierten Zutaten sind gut für uns und unseren Planeten“. Mit dieser Kernbotschaft haben der EU-Abgeordnete und Vorsitzende der Naturfreunde Österreich, Andreas Schieder und Regina Hrbek vom Natur-, Umweltschutz und Hüttenmanagement des Vereins, ihre neue Kampagne vorgestellt.
135 Hütten
Und das nicht irgendwo, sondern mit dem Weichtalhaus zwischen Schneeberg und Rax im Höllental (Bezirk Neunkirchen) auf einer der teilnehmenden Hütten. Die Naturfreunde verordnen (auf freiwilliger Basis) ihren Mitgliedsbetrieben einen vegan-vegetarischen Speiseplan – wohlgemerkt als Alternative zu den klassischen Fleischgerichten auf der Karte.
Zum Weltumwelttag am 5. Juni gehen die ausgewählten Partnerbetriebe mit ihrem „Klimaschmankerl“ auf der Speisekarte mit gutem Beispiel voran.
135 Naturfreundehütten und Bootshäuser gibt es österreichweit, 74 sind durchgehend bewirtschaftet. „Etwa 40 Betriebe haben sich schon der Initiative angeschlossen und das Feedback der anderen ist auch sehr positiv“, erklärt Hrbek. Die Zahl der Teilnehmer wächst stetig.
Das Klimaschmankerl auf den Naturfreundehütten in ganz Österreich ist der Auftakt einer Initiative unter dem Motto „Klima retten mit Genuss“. Im Herbst folgt bereits ein vegan-vegetarisches Kochbuch, das zusammen mit einigen innovativen Partnerhütten des Vereins produziert wurde. Es soll als Leitfaden für jene Hüttenwirte im Kreise der Naturfreunde dienen, die bisher vielleicht nicht so viel mit dieser Art der Küche anfangen konnten, erklärt Regina Hrbek von den Naturfreunden Österreich.
Mit der Kampagne wolle man einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, die kleinbäuerliche Landwirtschaft unterstützen und ein konkretes Beispiel setzen, „wie jeder und jede einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und zu einer guten Zukunft leisten kann“, erklärt der Vorsitzende der Naturfreunde, Andreas Schieder. Einige Betriebe haben bereits einen sehr ausgeprägten Sinn für „saisonal, vegane, vegetarische und glutenfreie“ Küche.
Ein breites Sortiment bietet das Naturfreundehaus Knofeleben in 1.250 Meter Seehöhe auf dem südlichen Ausläufer des Schneebergs – dem Gahns. Für die vegane Hütten- oder die Kürbis-Ingwersuppe, die Bärlauch-Chili-Nudeln oder das vegane Gemüse-Curry mit Erdnüssen nehmen ernährungsbewusste Gäste gerne die Strapazen des Aufstiegs in Kauf. Die Pottschacherhütte im Rax-Gebiet setzt, inspiriert durch nepalesische Sherpas und Gastköche, auf traditionelle Gerichte aus der Himalaya-Region.
Die Gföhlberghütte der Naturfreunde im Wienerwald kredenzt den Gästen als Klimaschmankerl unter anderem die hausgemachten Powidl-Pofesen. Auch andere Vereine und Leitbetriebe gehen in Sachen Lebensmittel und Klimaschutz mit gutem Beispiel voran. Die Franz Fischer-Hütte auf 2.020 Metern in den Radstädter Tauern im Lungau war die erste Berghütte des Österreichischen Alpenvereins, die komplett auf Fleischspeisen verzichtet. Der Verein verlieh der Hütte dafür bereits das Umweltgütesiegel.
Durch die Klimawandeldiskussion ändern sich laut Studien auch die Ernährungsgewohnheiten. „Rund zehn Prozent der Österreicher ernähren sich bereits fleischlos, jeder Vierte gilt als Flexitarier und reduziert den Fleischkonsum bewusst. Wir möchten daher unsere Hüttenwirte animieren, vermehrt vegetarische und vegane Speisen anzubieten“, erklärt Regina Hrbek.

Die Akzeptanz und das Verlangen nach fleischlosen Speisen auf Berghütten wird immer größer, beobachtet Hüttenwirtin Manuela Grabherr-Gappmayer vom Weichtalhaus. „Mit vegetarisch alleine ist es schon lange nicht mehr getan“. Der Trend gehe eindeutig auch in die vegane Richtung. In ihrer Küche hat das Gemüsegröstl dem Blunzengröstl schon längst den Rang abgelaufen. „Im Verhältnis drei zu eins“, erklärt die Wirtin, die als Klimaschmankerl ihre Bärlauch-Gnocchi mit Salat auf die Teller zaubert. „Unser Linsen-Dal geht auch raus wie die warmen Semmeln“, sagt Grabherr-Gappmayer.
Ein weiterer, ganz wesentlicher Faktor in puncto Klimaschutz sei die Herkunft der Lebensmittel, so Schieder. Saisonale Produkte aus der Region – im Optimalfall in biologischer Qualität – punkten dabei mit kurzen Transportwegen.
Auflage in Pachtverträgen?
Im Weichtalhaus stammen die Eier für die Gnocchi aus einem heimischen Biobetrieb, die Erdäpfel aus dem Weinviertel, der Salat von der Gärtnerin ums Eck. „Und der Bärlauch ist selbstgepflückt. Wenn die Bärlauchzeit vorbei ist, kommt ein anderes Klimaschmankerl auf die Karte“, erklärt die Hüttenwirtin.
Bei der Bundeskonferenz der Naturfreunde am 16. und 17 Juni in Graz wird sogar über einen Antrag abgestimmt, wonach veganes und vegetarisches Speiseangebot auf jeder Partnerhütte zu finden sein muss, erklärt Schieder das weitere Vorgehen. Einige Landesorganisationen wollen den Punkt sogar in zukünftigen Pachtverträgen mit den Hüttenwirten als Auflage verankern.
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