Unfälle an Eisenbahnkreuzungen: Tödlicher Streit um Kosten

Unfälle an Eisenbahnkreuzungen: Tödlicher Streit um Kosten
Obwohl die Zahl der Kollisionen zwischen Autos und Zügen sinkt, fordern unbeschrankte Bahnübergänge immer noch viele Opfer. Die Baukosten spielen eine Rolle.

60-mal kam es im Jahr 2021 zu Zusammenstößen zwischen Zügen und Autos (aktuellere Zahlen konnten die ÖBB nicht zur Verfügung stellen Anm. der Redaktion). Sieben Menschen verloren dabei ihr Leben, Dutzende wurden verletzt. 

Erst am Wochenende passierte in Brunn an der Pitten im südlichen Niederösterreich wieder ein folgenschwerer Unfall. Ein junger Mann musste schwer verletzt mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden, nachdem er mit einem Zug der Aspangbahn kollidiert war. Der Bahnübergang ist nur mit Lichtsignalen gesichert. 

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Drei Tote, vier Verletzte auf 1,7 Kilometern

Auf diesem Teilabschnitt der Aspangbahn in Pitten bzw. Brunn an der Pitten mussten  Rettungskräfte in den vergangenen Jahren besonders oft ausrücken: Auf einer Strecke von nur rund 1,7 Kilometern gibt es vier Bahnübergänge. Seit 2015 starben dort drei Menschen, vier wurden teils schwer verletzt. 

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Alle Unfälle ereigneten sich auf unbeschrankten Übergängen.  Zwei davon wurden nach den Unfällen wieder mit Schranken versehen, nachdem sie zwischenzeitlich nur mit Lichtsignal-Anlagen ausgestattet waren. 

Auf KURIER-Anfrage konnten die ÖBB nicht sagen, ob nach dem Unfall am Sonntag auch der Übergang an der Unfallstelle wieder beschrankt werden soll. „Für diese Art der Sicherung sind nicht die ÖBB, sondern die Eisenbahnbehörden zuständig“, sagt ÖBB-Sprecher Christopher Seif. Die Behörde müsse demnach  auf Grundlage von Rahmenbedingungen „eine für alle Partner verbindliche Entscheidung treffen“. Die Bundesbahnen investierten in den vergangenen zehn Jahren rund 250 Millionen Euro in die Verbesserung der Sicherheit auf Eisenbahnkreuzungen. 

Unfälle an Eisenbahnkreuzungen: Tödlicher Streit um Kosten

Unfall in Brunn an der Pitten

Am Wochenende kam es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Pkw und der Aspangbahn in Brunn an der Pitten. Ein junger Mann musste schwer verletzt ins Krankenhaus geflogen werden

Unfälle an Eisenbahnkreuzungen: Tödlicher Streit um Kosten

Unfall in Pitten

Im Jahr 2020 wurden in Pitten zwei Männer nach einem Zusammenstoß mit dem Zug getötet

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Unfall in Pitten

Unfälle an Eisenbahnkreuzungen: Tödlicher Streit um Kosten

Unfall in Guntramsdorf

Im Mai 2022 wurde bei einer Kollision zwischen einer Garnitur der Aspangbahn und einem Pkw ein 16-Jähriger schwer verletzt

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Unfall in Tattendorf

In Tattendorf starb im Sommer 2020 ein Mann bei einer Zugkollision. Auch diese Eisenbahnkreuzung der Aspangbahn ist unbeschrankt

Für jeden Übergang seien die ÖBB aber einfach nicht zuständig – und man hätte auch gar nicht die Macht, zu entscheiden: „Die ÖBB verabsäumen nichts und lehnen nichts ab“, betont Seif. Kurzum:  Gemeinden, Länder und Bund müssen gleichermaßen investieren. 
Das Problem bei solchen Entscheiden ist laut Insidern nämlich  der Preis. Einen Bahnübergang mit einer Schrankenanlage aufzurüsten, kostet zwischen 100.000 und 500.000 Euro. Geld, das mitunter die Gemeinde bezahlen muss. Nicht selten scheitert die Aufrüstung der Sicherheit an der Kostenfrage und  muss vor Gericht ausgefochten werden. 

Jahrelange Bemühungen

Auch in Pitten gab es nach dem ersten tödlichen Unfall 2015, bei dem ein Familienvater ums Leben kam, immer wieder Bemühungen der Gemeinde, die Errichtung von Schrankenanlagen zu beschleunigen. Bis die Anlage schlussendlich gebaut wurde, dauerte es aber Jahre. Und das, obwohl Bürgermeister Helmut Berger (SPÖ) in der Vergangenheit öffentlich machte, dass die Lichtsignalanlage sogar schon von Komplettausfällen betroffen war.

Ob eine Eisenbahnkreuzung beschrankt wird, entscheiden mehrere Kriterien: Liegt er an einer Bundes-, Landes-, oder Gemeindestraße, gibt es im Umfeld Schulen  und wie gut ist die Sicht auf der jeweiligen Straße.

Der KURIER wandte sich deshalb an alle möglichen Stellen, die zuständig sein könnten. Bei der Recherche im konkreten Fall des Unfalls vom Sonntag  in Niederösterreich gab es aber immer wieder nur Verweise an andere (angeblich) Zuständige. Die Bau- und Straßenbehörden des Landes Niederösterreich verwiesen an die nö. Abteilung für Raumplanung, doch auch dort fühlte sich niemand zuständig.

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