„Tief verzweifelte“ 71-Jährige attackierte Ehemann mit Messer

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Sie fürchtete, ins Heim abgeschoben zu werden. Statt ins Gefängnis muss Pensionistin in eine therapeutische Anstalt.

„Es tut mir leid, ich bin so nervös“, sagt die 71-Jährige, als sie auf der Anklagebank Platz nimmt. Sie zittert, muss von Justizwachebeamtinnen gestützt werden, das Sprechen fällt ihr schwer. Unvorstellbar, dass es die Frau sein soll, von der der Staatsanwalt kurz darauf erzählt. Mit einem Küchenmesser hat sie mehrfach auf ihren Ehemann eingestochen und ihm Verletzungen am ganzen Körper zugefügt.

„Ich habe mich gerade gewaschen“, erinnert sich der Ehemann vor Gericht, „als ich plötzlich etwas am Rücken gespürt habe. Dann habe ich ein kleines Rinnsal Blut gesehen.“ Erst da habe er bemerkt, dass seine Gattin mit dem Messer hinter ihm stand.

Blutiges Handgemenge

Sie attackierte ihn mit weiteren Stichen, der Mann stürzte rücklings in die Badewanne, riss die Handtuchstange von der Wand. Damit habe er sich gegen weitere Angriffe der auf ihm liegenden Ehefrau verteidigen können, schildert er. Erst als er ihr durch mehrere Schläge Brüche an den Armen zufügte, ließ die 71-Jährige von ihm ab. Dann verständigte sie trotz ihrer Verletzungen ihren Sohn. Nachbarn hatten die Hilfeschreie des Mannes gehört und die Polizei alarmiert.

Dennoch ist die Frau nicht wegen Mordversuchs angeklagt. Sie soll in einem „forensisch-therapeutischen Zentrum“ (früher: Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher) untergebracht werden. Denn sie sei nicht zurechnungsfähig gewesen, sagt eine Sachverständige.

Familie steht zu ihr

Die 71-Jährige selbst formuliert es so: „Ich habe immer schlechter gesehen und gehört und mir eingeredet, dass mein Mann mich ins Heim abschiebt, wenn ich nicht mehr für ihn sorgen kann.“ Deshalb wollte sie ihrem Leben und auch jenem ihres Gatten ein Ende setzen.

Von „tiefer Verzweiflung und Depression“, auch wegen beginnender Demenz und einer bevorstehenden Operation, spricht ihr Verteidiger – und bittet, die Frau nicht in eine Anstalt, sondern in ein Krankenhaus einzuweisen, wo sie regelmäßig von ihrer Familie besucht werden kann. Denn sowohl ihr Ehemann als auch ihre Kinder hätten der Frau verziehen, seien um sie besorgt und bemüht, ihr zu helfen.

Diesem Wunsch kommen die Geschworenen aber nicht nach. Zu groß sei nach wie vor die Gefahr, dass es zu einem ähnlichen Vorfall kommen könnte. Jährlich wird der Zustand der Frau überprüft und entschieden, ob ihre Unterbringung nach wie vor nötig ist.

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