Schlammbrühe aus Basistunnel: Klagsdrohung gegen die ÖBB
Die weiße Brühe verklebt die Kiemen der Fische. Nach der Gewässerverunreinigung durch eine freigelegte Ader im Semmering-Basistunnel ist man seit Mittwoch dabei die Auswirkungen auf die Umwelt genau zu erheben. Seit vergangener Woche laufen täglich mehr als 5 Millionen Liter, mit feinem Gesteinsmaterial versetztes Wasser, aus der Tunnelbaustelle in Göstritz in den Schwarza-Fluss. Flussabwärts sind im Bezirk fast alle Seitenarme von der Verschmutzung betroffen.
Monitoring angeordnet
Auch wenn die ÖBB betonen, dass das weiße Rinnsal völlig ungefährlich ist, will das in der Region niemand so recht glauben. Das Land NÖ hat am Mittwoch die Gangart verschärft und die technische Gewässeraufsicht mit einem Monitoring der betroffenen Gewässer beauftragt: „Durch Probeentnahmen aus allen betroffenen Gewässern wird Umfang und Auswirkungen auf Menschen, Umwelt und besonders auf die Fischpopulation genau dokumentiert. Wir wollen saubere Gewässer in Niederösterreich, deshalb fordere ich die ÖBB auf, dieses Problem so schnell wie möglich zu lösen“, sagt Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf.
Wasserproben gezogen
Landesfischermeister Karl Gravogl war am Mittwoch zusammen mit der Gewässeraufsicht in Gloggnitz, um sich von der Lage ein Bild zu machen und Wasserproben zu ziehen. „Die Gefahr ist, dass sich die Feinsedimente wie ein Film über das Flussbett legen. Dadurch kommt es zum Absterben der Insekten“, so Gravogl.
In weiterer Folge fehlt den Fischen dadurch die Nahrungsquelle. Diesen tödlichen Kreislauf gilt es zu verhindern. Mobil machen neben Gloggnitz auch andere betroffene Gemeinden. Der Gemeindewasserleitungsverband Ternitz und Umgebung behält sich im Schadensfall eine Klage gegen die Verursacher vor, sagt Stadtchef Rupert Dworak (SPÖ).
Indes arbeitet man bei den ÖBB daran, die Wasserader auf der Tunnelbaustelle mit Betoninjektionen zu schließen. Dies kann noch Tage in Anspruch nehmen.
Laut Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen liegen die Grenzwerte der „abfilterbaren Stoffe“ im Baustellenwasser aus dem Tunnel über den Grenzwerten. Aus derzeitiger Sicht seien die Trübungen für Menschen und Säugetiere als unbedenklich einzustufen.
Gemeinde neben Tunnel geht das Trinkwasser aus
Während das verdreckte Wasser aus dem Semmering-Basistunnel im Göstritzbach durch Schottwien rinnt, hat man in der Gemeinde am Fuße des Semmerings noch ein zweites veritables Wasser-Problem. Und zwar droht die, für die Trinkwasserversorgung des Ortes wichtigste Quelle, zu versiegen. Die Göstritzquelle direkt neben der Baustelle des Semmering-Basistunnel ist auf dem Tiefststand seit Beginn der Messaufzeichnungen vor 25 Jahren angelangt. „Die Situation ist für uns sehr bedenklich. So eine geringe Schüttung gab es noch nie“, erklärt Schottwiens Bürgermeister Wolfgang Ruzicka (ÖVP).
Noch gäbe es keine Beweise dafür, dass die Situation mit dem Bau des Basistunnel zu tun habe. Mögliche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt der Quellen wurden allerdings bereits im Naturschutzbescheid und bei der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den Tunnel behandelt. „Es ist schon sehr auffällig, dass die Quelle gerade jetzt so stark zurückgegangen ist“, so Ruzicka.
Die Gemeinde arbeite gerade an Konzepten für eine alternative Wasserversorgung. Zur Debatte steht die Fassung anderer Quellen sowie der Bau eines neuen Hochbehälters. „Wir beobachten die Entwicklung jedenfalls mit Sorge. Der Zustand ist alarmierend. Es gab immer Schwankungen der Quelle im 7-Jahres-Rhythmus. Aber so schlimm wie jetzt war es noch nie“, erklärt der Bürgermeister.
Der massive Wasserverlust durch den Bau der beiden Tunnelröhren war immer das Hauptargument der Projektgegner. Die ursprüngliche Trassenführung wurde deshalb auch vom Land Niederösterreich mit einem negativen Naturschutzbescheid verhindert.
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