Tyrann oder guter Vater? Rosenkrieg brachte Mann fast ins Gefängnis

Close up of woman removing ring filing for divorce
Einem 40-Jährigen drohten 15 Jahre Haft, weil er Frau und Kind brutal geschlagen haben soll. Bei dem Prozess in St. Pölten stand Aussage gegen Aussage.

Er schüttelt immer wieder den Kopf, blickt ungläubig, ist den Tränen nahe. Es wirkt ganz so, als könne der nicht glauben, was er auf dem Monitor vor ihm sieht.

Auf der Aufnahme ist eine Frau zu sehen, die auf einem Sessel sitzt. Im Hintergrund hört man die Stimme einer Staatsanwältin. Es handelt sich dabei um eine kontradiktorischen Vernehmung. Diese wird deshalb durchgeführt, damit der Beschuldigte und die Zeugin bei dem Prozess nicht direkt zusammentreffen.

Brutal attackiert?

Bei der Frau, die in einem Raum des Landesgerichts St. Pölten befragt wird, handelt es sich um die Noch-Ehefrau des 40-Jährigen. Sie wirft ihrem Mann vor, ein brutaler Tyrann zu sein. Er habe nicht nur das gemeinsame Kind verprügelt, sondern auch sie brutal attackiert.

Die Anklage lautet deshalb auf fortgesetzte Gewaltausübung. Wird der im Mostviertel wohnhafte Ungar verurteilt, dann drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

Der Angeklagte bekennt sich bei dem Prozess allerdings nicht schuldig. Dass er seinen Sohn bereits ein paar Monate nach dessen Geburt geschlagen habe, bestreitet der 40-Jährige vehement. Dreimal pro Woche soll er zugeschlagen haben, über Jahre hinweg, behauptet hingegen die Ehefrau.

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Der Rechtsanwalt des Ungarn gibt zu bedenken, dass nie jemand die angeblichen Misshandlungen bemerkt habe. "Im Kindergarten schlug niemand Alarm, es gab es keinerlei Auffälligkeiten, obwohl die Betreuerinnen sehr gut geschult sind", sagt er zu den Schöffen.

Auslöser für die Vorwürfe sei ein Rosenkrieg zwischen dem Mann und der Frau, "es steht Aussage gegen Aussage", betont der Anwalt.

Anzeige bei der Polizei

Als die Frau bei der Polizei Anzeige erstattet, zeigt sie den Beamten kleine blaue Flecken auf ihren Oberarmen. "Es stimmt", sagt der Angeklagte, "dass ich sie im Zuge einer Streiterei einmal festgehalten habe. Wir haben sehr oft gestritten", fügt er hinzu.

Dass er aber auch ein gewalttätiger Tyrann ist, dafür gibt es keine Beweise. Der Ungar wird deshalb freigesprochen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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