Bühne im Hof: Große Kunst vom „kulturellen Nahversorger“
Alexander Hauer leitet ab Herbst die Bühne im Hof. Wie er mit Neugier und im Austausch mit den Gästen frischen Wind auf die Kleinkunstbühne bringen möchte.
Er kennt die Bretter, die die Welt bedeuten: Alexander Hauer ist als Intendant, Regisseur und Veranstaltungsdramaturg seit vielen Jahren hinter den Bühnen in NÖ unterwegs.
Zusätzlich zur künstlerischen Leitung der Sommerspiele Melk, die aktuell über die Bühne gehen, widmet sich der 55-Jährige bald einer neuen Aufgabe.
KURIER: Im September beginnt ihre erste Saison als künstlerischer Leiter der Bühne im Hof in St. Pölten. Sind sie schon aufgeregt?
Alexander Hauer: Noch nicht, das kommt wahrscheinlich erst. Aber die Vorfreude ist schon groß, vor allem auf das Team, mit dem ich hier arbeiten darf. Ich bin auf erfreuliche Weise ungeduldig.
Wie lange haben Sie an diesem Programm gearbeitet?
Die Programmierung selbst hat ein halbes Jahr gedauert. Die Vorlaufzeit war schon ein Jahr, das ist das schöne und anstrengende an meinem Job. Ich denke beim Spazierengehen nach, auch im Urlaub studiere ich Programme. Abschalten ist nicht so meine Stärke.
Also kommen Sie auch diesen Sommer nicht zur Ruhe?
Abschalten im Sommer ist seit 32 Jahren kein Thema mehr für mich, da in dieser Zeit die Sommerspiele Melk stattfinden. Dort bin ich nicht nur Gastgeber für Künstler, sondern bringe auch eigene Ideen auf die Bühne. Das ist ein großer Unterschied zur Bühne im Hof, aber es ist schön, beide Seiten zu haben.
Worauf freuen Sie sich in Melk am meisten?
Ich finde mit „Kassandra und die Frauen Trojas“ ist uns eine hervorragende Produktion gelungen, die mit geballter Frauenpower am Puls der Zeit liegt. Besonders freut mich, dass Bodo Wartke, für mich einer der besten Kabarettisten aus Deutschland, kommt. Wir hatten ihn auch für die Bühne im Hof angefragt, leider hatte er keine Zeit. Es wird sicher nicht die letzte Anfrage gewesen sein.
Wie sehr sind Ihre persönlichen Vorlieben in die Programmierung in St. Pölten eingeflossen?
Natürlich gibt es viel, mit dem ich inhaltlich selbst sehr viel verbinde. Es darf aber nicht nur nach dem Geschmack eines einzelnen Menschen geben. Die Bühne hat viele Stammgäste, die auch ein Recht auf ihr Programm haben – so lange es mit den Werten des Hauses vereinbar ist. Ich bin neugierig und ich hoffe, das Publikum auch.
Dass Sie die Nähe zum Publikum schätzen, sieht man auch im Programm etwa beim StarCast-Dinner. Wieso ist es wichtig, die Künstler auf eine Ebene mit den Besuchern zu holen?
Ich war in einer Klosterschule und neige zum Predigen. Die Kanzel stammt aber aus dem Mittelalter. Wir wollen nicht gedanklich überheblich sein und belehren, wir wollen reden.
Viele verbinden die Bühne im Hof sofort mit Kabarett. Wird das auch so bleiben? Kabarett ist hier im Haus die tragfähigste Säule und das wird sie auch bleiben. Sie ist aber nur eine Säule des Begriffs Kleinkunst. Ich möchte alle Facetten ausschöpfen. Dazu gehören zum Beispiel auch der Zirkus und die Artistik.
Was ist ihr persönliches Programm-Highlight?
Das wäre unlauter, wie eine Bewertung unter Freunden. Es gibt vieles, mit dem ich mich identifizieren kann, sehr berührt hat mich etwa die Show „Gap of 42“. Ich freue mich aber auch auf das Medienfestival „Lucid Dreams“, das macht mich neugierig, weil es mir am wenigsten vertraut ist.
Sie sind gut in der NÖ-Kulturszene vernetzt. Wie wollen Sie diese Synergien nutzen?
Ich schätze die Neugier, den Austausch und im Dialog zu sein. Ich lebe ja auch privat nicht als Single. Wir verlegen etwa die Veranstaltung „Der Professor und der Wolf“ ins Festspielhaus oder stellen Karikaturen aus dem Museum in Krems aus. Dem Publikum ist es meist egal, wer der Veranstalter ist. Da muss man Eitelkeiten hinten anstellen und Möglichkeiten nutzen.
Sie treten in große Fußstapfen von Mimi Wunderer und Daniela Wandl. Was nehmen Sie von ihren Vorgängerinnen mit?
Ich möchte mir jedenfalls die Vielfalt des Hauses bewahren und sogar ausbauen. Für die weibliche Gedankenwelt ist ein Fixplatz reserviert, dieser Verantwortung möchte ich mich gerade als Mann bewusst stellen. Vielleicht wird das Programm so auch eine Spur weiblicher, etwa mit Yasmo und der Klangkantine oder Elli Bauer.
Ich möchte mich eine Spur mehr öffnen, Neues rein lassen. Nächstes Jahr werden wir zum Beispiel ein Standort des Tangente-Festivals sein aber auch die Bühne im Hof – etwa für eine Zirkusshow im Rathaus – verlassen.
Wo sehen Sie darin das Alleinstellungsmerkmal der Bühne im Hof?
Wir sind ein Nahversorger, der niederschwellige Form von großer Kunst zeigt. Und wir sind ein herzlicher Gastgeber, der offen für Dialog ist und bei dem man sich wohlfühlen kann. Bei uns kann man hautnah dran sein.
Wie sieht für sie ein perfekter Abend in der Bühne im Hof aus?
Ich möchte staunen können und lasse mich gerne berühren. Ich wünsche mir, dass man das Haus bereichert verlässt und das eigene Bewertungs- und Werteschema herausgefordert hat – das sollte man generell so oft wie möglich machen.
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