Rotes Kreuz Niederösterreich: 35 Jahre Notarzt im Dienst

Heute gelten die Rettungswagen als historisch, früher waren sie Teil eines modernen Systems.
Zusammenfassung
- Die Entwicklung des Notarztwesens in Niederösterreich begann in den 1970er-Jahren mit ersten mobilen Notärzten und festen Stützpunkten in den 1980ern.
- Ein Meilenstein war die Einführung des flächendeckenden Notarztsystems 1990, das durch bessere Medizintechnik, intensivere Ausbildung und gesetzliche Regelungen verbessert wurde.
- Die Reform von 2017 führte moderne Notarzteinsatzfahrzeuge ein, technisches Upgrade und personelle Fortbildung, ergänzt durch den Rotkreuz-Telenotarzt ab 2020.
von Anna Mayr
Ein Auto rast über die Straße - Sekunden später ein Knall, Stille. Dann ertönt das schrille Martinshorn und wenige Minuten später sind sie da: Notfallsanitäterinnen und -sanitäter. Was heute wie eine Selbstverständlichkeit scheint, ist das Ergebnis von 35 Jahren Struktur, Ausbildung und Einsatz.
Hans Ebner, Präsident des Roten Kreuzes Niederösterreich betont: „Das Rote Kreuz ist da, wenn es gebraucht wird – 365 Tage im Jahr, sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag." Heute eine Selbstverständlichkeit, vor 35 Jahren ein Vorreiterprojekt. Die Geschichte der Notfallversorgung reicht zurück in die 1970er-Jahre. Erste mobile Notärzte, sogenannte „Klinik-Mobile“, wurden von Gemeindespitälern eingesetzt. In den 1980ern entstanden erste feste Stützpunkte in Städten wie Amstetten oder Wiener Neustadt, betrieben in Eigenregie der Bezirksstellen und Spitäler.
Ein Meilenstein der Notfallversorgung
Den großen Meilenstein markiert der 1. Mai 1990: In Kooperation mit dem Land Niederösterreich und dem damaligen „Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds“ wurde das flächendeckende Notarztsystem offiziell eingeführt. „Wir starteten mit 24 Notarztwägen“, erinnert sich Landesrettungskommandant Wolfgang Frühwirt. „Damals war alles noch vergleichsweise einfach: Die Ärztinnen und Ärzte kamen aus dem Spital, die Sanitäterinnen und Sanitäter hatten eine kurze Basisausbildung.“ Damals gab es weder eine umfangreiche Ausbildung noch eine strukturierte Alarmierung, wann der Notarztwagen ausrücken sollte.
„Das Notarztwesen und damit auch die Notfallmedizin haben sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt: Bessere Medizintechnik, intensivere Ausbildung und klare gesetzliche Rahmenbedingungen hielten in diesen 35 Jahren Einzug“, ergänzt der Ärztliche Leiter Rettungsdienst Berndt Schreiner, Rotes Kreuz NÖ.
Einen bedeutenden Schritt stellte das Sanitätergesetz 2002 dar, das seit seiner Einführung das Ausbildung und Kompetenzen der Sanitäterinnen und Sanitäter verbindlich regelt. Zusätzlich zur Grundausbildung müssen Notfallsanitäterinnen und -sanitäter Module in Arzneimittellehre, praktische Einsätze im Rettungsdienst sowie ein Krankenhauspraktikum absolvieren. In Trainings werden vielfältige Notfallszenarien geübt, um die Handlungssicherheit im Einsatz zu gewährleisten.
Reformen der letzten Jahre
2017 folgte die nächste große Reform: Der klassische Notarztwagen (NAW) wurde durch das flexiblere Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) ersetzt. Der Transport erfolgt seither durch ein eigenes Rettungsfahrzeug – die Notärztinnen und Notärzte entscheiden je nach Situation ob sie die Patientinnen und Patienten ins Krankenhaus begleiten, oder ob sie an den Stützpunkt zurückfahren.

Heute ist das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) aus der präklinischen Versorgung nicht mehr wegzudenken – es bringt notärztliche Hilfe schnell und flexibel dorthin, wo sie gebraucht wird.
Das System wurde auch technisch aufgerüstet und das Personal intensiv geschult. Eine neue Generation NEF bietet mehr Platz und modernstes Equipment. Seit 2020 ergänzt der Rotkreuz-Telenotarzt das System – rund um die Uhr und auch über Niederösterreich hinaus verfügbar. Das bedeutet, dass Sanitäterinnen und Sanitäter bei Bedarf digital notärztliche Expertise einholen können. Mit der Einführung der RTW-C-Standorte wird das System weiter optimiert. Bis 2030 sollen insgesamt 86 solcher Stützpunkte in NÖ entstehen. Je ein Rettungs- und Notfallsanitäter besetzen diese Fahrzeuge – für mehr Kompetenz direkt am Einsatzort für noch mehr Flexibiliät in der medizinischen Erstversorgung.
Dass Erneuerungen und Verbesserungen des Systems notwendig sind, zeigen auch die Zahlen des Vorjahres. 2024 rückten die Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) rund 38.000-mal aus. Freiwillige und berufliche Sanitäterinnen und Sanitäter leisteten dabei über 270.000 Stunden, ergänzt durch 140.000 Stunden von Notärztinnen und Notärzten an 15 Stützpunkten.
Kommentare