Die Geschichte des Wiener Neustädter Rathauses reicht ins Jahr 1400 zurück. Zwar wurde seither viel aus- und umgebaut, renoviert und ausgemalt, in den Grundzügen ist das Gebäude aber mehrere hundert Jahre alt und entsprechend desolat. „Es ist in diesem Zustand, der einer Stadt wie Wiener Neustadt nicht würdig ist“, formuliert es Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP).
Deshalb hat die Gemeinde einen ambitionierten Plan gesponnen. Um sich zig Millionen Euro Steuergeld für die teure Sanierung des Hauses zu ersparen, soll der Dachbodenausbau des riesigen Gebäudekomplexes in fremde Hände gelegt werden. Das Alte Rathaus zwischen Neunkirchner Straße und Brodtischgasse hat einen Grundrissfläche von 5.500 Quadratmetern und über 4.000 Quadratmeter Nutzfläche.
Im Zuge einer Ausschreibung soll ein Bauträger gefunden werden, der aus dem ungeschliffenen Rohdiamanten in bester Innenstadtlage attraktive und hochwertige Büros, Dachgeschoß-Wohnungen und Repräsentationsräume macht. Im selben Atemzug soll der Altbestand saniert und behindertengerecht ausgestattet werden, erklärt Schneeberger im Gespräch mit dem KURIER. Damit soll auch das eklatante Platzproblem in den Amtsräumen entschärft werden.
Um das wertvolle „Familiensilber“ der Stadt nicht aus der Hand geben zu müssen, wird das Projekt über ein Baurecht abgewickelt. Damit muss man die Immobilie nicht veräußern und der Bauträger kann die Wohnungen oder Büros nach Belieben verkaufen oder vermieten, heißt es dazu aus dem Rathaus.
Probebohrungen
Aktuell wird die Bausubstanz der alten Gemäuer von Fachleuten analysiert. Um den Istzustand der Statik und des Bausubstanz in Erfahrung zu bringen, wurden in den Büros, Gängen, Treppenhäusern und Sitzungsräumen Probeschlitze gebohrt. Wenn alle Ergebnisse auf dem Tisch liegen, will man Mitte des kommenden Jahres eine Ausschreibung für das Bauprojekt starten, erklärt Schneeberger.
Bohrungen zur Analyse der Bausubstanz im Rathausgebäude
Mit dem geplanten Dachausbau und der Sanierung ist ein ganz anderes Projekt im Rathaus endgültig vom Tisch. Die Suche nach einem neuen Betreiber für das alt eingesessene Gasthaus Weißes Rössel im Erdgeschoß des Rathauses ist beendet.
150 Jahre Tradition
Die Stadt hatte die letzten Jahre auch mit Hilfe einer Agentur nach einem geeigneten Gastronomen gesucht. Das gut bürgerliche Wirtshaus hatte in Wiener Neustadt eine mehr als 150 Jahre lange Tradition.
Der Plan sah ursprünglich vor, das marode Lokal von Kern auf zu sanieren und modern ausgestattet als Edelrohbau einem neuen Interessenten zu verpachten. „Die Investition wäre für die Stadt enorm gewesen. Das sparen wir uns jetzt“, sagt Schneeberger.
Auch die weiteren Geschäfte im Erdgeschoß des Rathausgebäudes in der Brodtischgasse werden nicht neu vermietet.
Kommentare