In der Anstaltsdruckerei werden üblicherweise alle Formulare, Kuverts sowie die behördlichen Schriftstücke (z.B. RSa- und RSb-Briefe) für jedes Gericht in Österreich hergestellt. Derzeit stehen die Druckmaschinen aber still, die Aufträge können kaum abgearbeitet werden, erklärt Wolfgang Graf.
Justizwache in Nöten
Der Justizbeamte ist Personalvertreter in Krems und malt ein düsteres Bild, was die aktuelle Sicherheitslage anbelangt. 303 Beamte sind für die rund 700 Häftlinge verantwortlich. „Aktuell fehlen uns etwa 50 Beamte, um unseren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen“, sagt Graf.
Bis Ende des Jahres wird sich der Personalstand laut dem Personalvertreter aufgrund von Pensionierungen um weitere 25 Beamte reduzieren. Er spricht von einem österreichweiten Problem in den Gefängnissen. Ein Zustand, der nicht nur langfristig die Sicherheit in den Anstalten gefährdet, sondern auch zu Einschränkungen im laufenden Betrieb führt. Durch den Personalmangel komme es zu Schließungen von Werkstätten, da das Wachpersonal im Regeldienst „personelle Löcher“ stopfen muss.
Auswirkungen auf Resozialisierung
In Krems sind Betriebe und Lehrwerkstätten wie die Wäscherei, die KFZ- und Elektrowerkstätte, die Tischlerei, der Maurerbetrieb oder die Buchbinderei von der Situation betroffen. „Ein Ausfall hat nicht nur negative Folgen für den wirtschaftlichen Betrieb der Anstalten, es leidet auch die Resozialisierung der Häftlinge“, sagt Graf.
Können die Insassen im Sicherheitsvollzug in den Betrieben nicht ihrer Arbeit nachgehen, sind sie 23 Stunden in ihrer Zelle eingesperrt und nur eine Stunde auf Spaziergang. Die damit verbundene Unterbeschäftigung und Tristesse verstärke „Aggressionen und Konflikte“.
Das Personalproblem ist nicht neu – und beschäftigt auch die Justizwache-Gewerkschaft seit Langem. Auf der einen Seite fällt es schwer, neue Bewerber zu finden. Auf der anderen hängen teils langjährige Mitarbeiter ihren Job an den Nagel. Im Vorjahr traten 72 Justizwache-Beamte aus dem Dienst aus.
Überstunden-Rekord
„Ich kenne aber auch Fälle von dienstführenden Kollegen, die sich einfach die Dienste an den Wochenenden und in der Nacht nicht länger antun wollten“, sagt der oberste Personalvertreter Norbert Dürnberger (FCG). Einen Rekord von 220.000 Überstunden haben die Beamten im Vorjahr geleistet.
Oft müsste man kurzfristig einspringen. „Dann erfährst du am Freitag, dass du am Sonntag Dienst hast, weil Kollegen ausfallen. Oder in der Früh, dass du auch noch einen Nachtdienst anhängen musst. Schließlich muss ein Mindestbetrieb in den Anstalten aufrecht erhalten bleiben.“ Der Trend zur besseren Work-Life-Balance mache auch bei den Justiz-Mitarbeitern nicht halt.
Während Österreichs Gefängnisse mit über 8.800 Häftlingen zum Bersten voll sind, sind laut Justizministerin Alma Zadić aktuell etwa 120 Planstellen bei der Justizwache unbesetzt. 3.315 Bedienstete waren es Ende 2022. Es fehle schlichtweg an interessierten Anwärtern für den Job. Um dies zu ändern, „werden gezielte Recruiting-Maßnahmen lanciert“ – teils mit überschaubarem Erfolg. Seit diesem Jahr werden nahezu in jedem zweiten Monat Online-Recruiting-Days durchgeführt, heißt es aus dem Justizministerium.
Seit 2021 waren acht solcher Veranstaltungen mit insgesamt 2.657 Interessierten nötig, um damit zwei Grundausbildungslehrgänge mit etwa 50 Plätzen füllen zu können.
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