Anschlags-Pläne gegen Vienna Pride: Prozess in St. Pölten vertagt

Wiener Regenbogenparade 2017
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde der Prozess gegen ein Brüderpaar am Landesgericht fortgesetzt und dann wieder vertagt. Ein IT-Gutachten wird angefordert.

Zwei Brüder, 20 und 22 Jahre alt, standen am Dienstagvormittag vor Gericht - am Landesgericht St. Pölten wurde der Prozess fortgesetzt. Dieser steht im Zusammenhang mit angeblichen Anschlagsplänen auf die Wiener Regenbogenparade der LGBTIQ+-Community am 17. Juni 2023.

Dem Brüderpaar werden terroristische Vereinigung und kriminelle Organisation angelastet. Auf diesen Grundlagen wurde am ersten Verhandlungstag Mitte Juli ein 16-Jähriger mittlerweile rechtskräftig zu sechs Monaten bedingt verurteilt. Die beiden Brüder sind allerdings nicht geständig.

Öffentlichkeit ausgeschlossen

Der Prozess am Landesgericht St. Pölten fand seit dem Beginn des Beweisverfahrens am 15. Juli unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Beantragt worden war dieser Schritt seitens der Verteidigung mit Verweis auf Alter und Privatsphäre der Beschuldigten. Am heutigen Dienstag standen mehrere Zeugeneinvernahmen an.

Nach Verhandlungsschluss wurde vom Gericht mitgeteilt, dass das Verfahren auf einen unbestimmten Zeitpunkt vertagt worden ist. "Ein IT-technischs Gutachten wird eingeholt", teilte die Sprecherin des Landesgerichts St. Pölten, Birgit Eisenmagen, dem KURIER mit.  

Das medial im Fokus stehende mögliche Attentat auf die Pride 2023 stand der Staatsanwaltschaft St. Pölten zufolge nicht unmittelbar bevor. "Das wird ihnen auch nicht zur Last gelegt, das ist nicht der Anklagegegenstand", hob der Staatsanwalt laut APA bei seinem Eröffnungsvortrag hervor. Die drei ursprünglich beschuldigten Ex-Anhänger der radikalislamischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hätten in einer einschlägigen Telegram-Gruppe jedoch "Anschlagspläne erörtert", wird in der Anklageschrift betont.

Gleichgesinnte in Telegram-Gruppe

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei den jungen Beschuldigten um bis zu ihren Festnahmen gewaltbereite Anhänger des IS bzw. der daraus hervorgegangenen Gruppe "Islamischer Staat - Provinz Khorasan" (ISPK). Sie waren demnach in der einschlägigen Telegram-Gruppe "psychology1444" auf gewaltaffine und stark radikalisierte ausländische Gleichgesinnte gestoßen.

Neben Propagandavideos und Spendenaufrufen wurden laut Anklage in Chats Anschlagspläne erörtert - ein Ukrainer kündigte etwa an, sich als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen zu wollen. Die Verteidigung von Erst- und Zweitangeklagtem bestritt jedoch die Beteiligung der jeweiligen Mandanten an der Telegram-Gruppe.

Der Erstangeklagte, wie sein älterer mitbeschuldigter Bruder österreichischer Staatsbürger, stellte der Anklageschrift zufolge "in Aussicht, in der tschechischen Republik ein Sturmgewehr der Marke AK-47 und ein großes Messer für einen Terroranschlag zu erwerben und einen Anschlag auf die am 17. Juni 2023 in Wien stattfindende LGBTQ-Pride zu verüben". 

Der nunmehr 20-Jährige soll zumindest seit März 2022 das IS-Gedankengut verinnerlicht und auf Plattformen wie TikTok und Telegram oder über sein Playstation-Profil nach außen getragen haben, wo er den IS glorifizierte und dessen Ideologie verbreitete.

Er und sein 22-jähriger Bruder sollen den zu einem Selbstmordattentat bereiten Ukrainer wiederholt in dessen Absichten bestärkt und zur Tatumsetzung gedrängt haben. Der 22-Jährige propagierte in einem Chat das "Anstechen" (sic) und Jagen von Ungläubigen. 

Beide Brüder fertigten laut Vorwurf außerdem Bilder und Videos an, auf denen sie jeweils mit erhobener rechter Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger posierten. Die sogenannte Tauhid-Geste wird von islamistischen Gruppen als Erkennungsmerkmal missbraucht.

Angebliche Anschlagspläne wurden im Nachhinein bekannt

Bekannt wurden die angeblichen Anschlagspläne auf die Vienna Pride 2023 erst am Tag nach der Regenbogenparade. Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) informierte die Öffentlichkeit in einer eilig einberufenen Pressekonferenz, man habe einen Anschlag vereitelt und Hausdurchsuchungen bei den drei Beschuldigten durchgeführt. 

Auf das Trio aufmerksam gemacht worden war die DSN durch einen ausländischen Partnerdienst, der Kenntnis von den Inhalten der Telegram-Chats erlangt hatte. Die Burschen wurden wenige Tage nach ihren Festnahmen mangels dringenden Tatverdachts wieder auf freien Fuß gesetzt. 

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