In Viehdorf stellt die Landjugend den Maibaum nach alter Tradition mithilfe der hölzernen "Schwalben" auf
Tradition, die in den Himmel wächst. Prächtig geschmückte Symbole für Frühling, Fruchtbarkeit und Lebensfreude zieren ab heute wieder zu Hunderten die Ortszentren.
"Ja, es ist ein fescher, frischer Baum. Mit 27 Metern Länge stellt er schon etwas dar.“
Stolz beschreibt Sebastian Gruber, der neue Obmann der örtlichen Landjugend-Gruppe den am vergangenen Sonntag bei Kaiserwetter im Mostviertelort Viehdorf aufgestellten Maibaum. Ein Prachtstück eben, mit drei Kränzen, einer imposanten Girlande aus gebundenem Fichtenreisig um den Stamm und mit bunten Papierrosen geschmückt.
Schweißtreibende Arbeit bei Kaiserwetter im Viehdorfer Ortszentrum
Etliche Abende lang werkten die Mädchen und Burschen der Landjugend-Gruppe Viehdorf-Ardagger-St. Georgen, um einen würdigen Hauptdarsteller des Maibaumfests präsentieren zu können.
Wie in Hunderten anderen Orten und Städten auch, gab man sich Mühe: Der Maibaum ist Botschafter des Frühlings, der Lebenslust und repräsentiert das Selbstverständnis im Ort. Feuerwehren, Sportvereine, Brauchtums- oder Jugendvereine laden am heutigen 1. Mai zum Maibaumsetzen.
Vom zünftigen Frühschoppen mit der Musikkapelle umrahmt, halfen in Viehdorf die Feuerwehrleute mit, das schwere Gehölz aufzurichten. Wie es seit Jahrzehnten Tradition ist, mit hölzernen Stangen und Gabeln, den "Schwalben“ wurde der Baum aufgestellt. Eine heikle Arbeit, bei der drei Dutzend Burschen anpacken mussten.
Diebe
Die Landjugend-Gruppe musste heuer noch zwei weitere fein aufgeputzte Bäume vor dem 1. Mai aufstellen, erzählt Sebastian. "In Mauer und in Stift Ardagger haben wir die Maibäume voriges Jahr gefladert“, berichtet er. Die Rückgabe wurde jetzt in den beiden Orten mit zünftigen Festen gefeiert.
Viehdorfer Musikkapelle hieß den neuen Baum willkommen
Da nehme man es als stolzer Maibaumdieb schon einmal in Kauf, bei theatralischen Gerichtsverhandlungen vor schadenfrohem Publikum spaßhalber gescholten zu werden, so Gruber.
Maibaumdiebe
"Eigentlich wär’s uns auch einmal ganz recht, wenn unser Baum gestohlen würde, damit wir auch so ein Fest ausrichten könnten“, sagt er. Im Vorjahr standen in Viehdorf letztendlich vier Maibäume.
Das Maibaumstehlen ist laut Brauchtumsgesetz in den ersten drei Nächten nach dem Aufstellen sowie an den letzten drei Maitagen erlaubt. Zu eigenen Diebestouren wolle man heuer eher sparsam ausrücken, kündigt Sebastian an: "Wir feiern im nächsten Jahr das 80-jährige Bestandsjubiläum der Ortsgruppe, da wollen wir wieder zuschlagen“.
Rechtliche Absicherung
Generell sind die nächtlichen Touren in Ortszentren, um dort die hölzernen Ungetüme zu klauen, heikel und nicht ungefährlich. "Über die Versicherung und rechtliche Belange der Brauchtumsaktionen gibt es bei uns jederzeit Auskunft“, erklärt Thomas Zeitelhofer, Geschäftsführer der nö. Landjugend.
Überlieferung
Fast immer werden die örtlichen Regeln und die Vorgehensweisen in den Ortsgruppen von Generation zu Generation weitergegeben, schildert er. Die ungeschriebenen Gesetze sind landesweit unterschiedlich. Im Mostviertel sei es verboten, Bäume einfach umzuschneiden, im Weinviertel wird es durchaus praktiziert.
"Absolutes No-Go ist aber, Bäume nur anzusägen. Damit werden Menschen gefährdet, das widerspricht dem Maibaumbrauchtum komplett“, warnt Zeitelhofer mögliche Übeltäter.
Volkskunde
Bei der Deutung der Maibäume als Symbol für Lebenskraft und Fruchtbarkeit nach dem starren Winter sind sich volkskundige Forscher einig. Über ihre historische Herkunft gibt es aber viele Interpretationen und Legenden.
Als heidnisches Relikt aus der Keltenzeit, das zum Phallussymbol mutierte und Fruchtbarkeit versprach, beschrieben manche den Wandel des ursprünglichen Opferbaums. Auch als Warnung an böse Geister aus den Tagen der Hexenverfolgungen wird der Maibaum in alten Schriften erklärt. Der Stamm müsse fein geschält werden, damit sich die üblen Wesen nicht hinter der Rinde verkriechen können.
Walpurgisnacht
Dazu soll er in der Walpurgisnacht von 30. April auf 1. Mai aufgerichtet werden. Politische Interpretationen sehen ihn als Signal der Auflehnung gegen Feudalherrn.
Für die Ethnologin Helga Maria Wolf sind diese Erklärungen von zu weit hergeholt und falsch: "Er entstand als Symbol für eines der Feste, die der Herzog unter den Babenbergern dem Volk zu bieten hatte. Natürlich war es ein Symbol für Frühling und Geselligkeit, vielleicht auch für den Heiratsmarkt“, erklärt Wolf.
Missbraucht
Beschrieben werden Maibäume bereits im 13. Jahrhundert. In zweifelhaften Ruf gerieten sie durch die Vereinnahmung durch die Nazis; heute stehen sie für Tradition und geselliges Dorfleben.
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