Falsche Schamanin: "Zahlreiche Anrufe" bei Polizei eingegangen

Zusammenfassung
- Falsche Schamanin "Amela" ergaunerte über 730.000 Euro durch vorgetäuschte Rituale.
- Im Haus ihres Sohnes wurde ein Tresor mit Millionen in Bargeld und Fremdwährungen gefunden.
- Ermittlungen laufen im deutschsprachigen Raum, Opfer werden gebeten, sich zu melden.
Es kommt nicht so oft vor, dass die Kriminalpolizei die Feuerwehr zu Hilfe bittet, doch die Ermittler des Landeskriminalamtes Niederösterreich (LKA) hatten es im wahrsten Sinn mit einem besonders schweren Fall zu tun.

Mariana M. wird gesucht
Die Fahnder wollten einen etwa 1.000 Kilogramm schweren Tresor öffnen, den sie bei der Jagd auf eine falsche Schamanin in Niederösterreich sichergestellt hatten. "Der Tresor hat sich in einem Haus in einer Art Geheimraum befunden", berichtet LKA-Chef Stefan Pfandler. Doch auch der hydraulische Spreizer der Feuerwehr scheiterte an dem Tresor, schließlich musste die gute, alte Flex herhalten.
Der Inhalt, den die Beamten vorfanden, ließ sie staunen. In dem Tresor befanden sich neben 4,1 Millionen Euro Bargeld auch 2,1 Millionen Euro Schweizer Franken und 500 Deutsche Mark. Damit war rasch klar, dass der Betrugsfall "Amela" zu den größten gehört, den das LKA jemals zu bearbeiten hatte.
Seit Bekanntwerden des Falls gingen "zahlreiche Anrufe" bei der Polizei ein, wie am Dienstag bekannt wurde. Geschädigte werden nicht nur hierzulande vermutet. In Deutschland und in der Schweiz dürfte es ebenfalls Opfer von "Amela" geben.
Hohe Wellen in den Nachbarländern
Anrufe seien "aus dem In- und Ausland" eingegangen, teilte Chefinspektor Johann Baumschlager von der Landespolizeidirektion Niederösterreich mit. Der Fall schlägt auch in den Nachbarländern hohe Wellen. Zahlreiche Medien in Deutschland und in der Schweiz haben berichtet.
Mitte Jänner war bekannt geworden, dass Mariana M. alias „Amela“, österreichische Staatsbürgerin serbischer Herkunft, wahrsagerische Kräfte vorgetäuscht haben dürfte. Sie soll dabei mehr als 730.000 Euro ergaunert haben. Geldübergaben waren in Wien und in Baden erfolgt. Die Ermittlungen nahmen daraufhin ihren Lauf. Der KURIER berichtete.
"Reinigungsrituale"
Die Beschuldigte war in dem konkreten Fall laut Polizei so weit gegangen, ihrem Opfer einzureden, sie sehe den Tod einer nahen Angehörigen voraus, die verflucht sei. Um den angeblichen Fluch zu brechen, verlangte „Amela“ die mehr als 700.000 Euro für „Reinigungsrituale“. Das Geld wurde ihr Pfandler zufolge im Frühjahr 2024 in drei Tranchen zu 3.000, 64.000 sowie 660.000 Euro übergeben. Nachdem sie diese Summen erhalten hatte, brach der Kontakt ab. Die „Schamanin“ sei - aufgrund des 'Reinigungsrituals' - in ein schweres Koma gefallen, teilte eine andere Frau telefonisch mit.
Sohn in Haft
Ebenfalls ermittelt wird gegen den 29 Jahre alten Sohn von „Amela“. Er wurde vergangenen Montag unter dem Verdacht der Beitragstäterschaft wegen schweren Betrugs und Geldwäsche festgenommen und in die Justizanstalt Wiener Neustadt eingeliefert. Der Mann, der von seinem Recht Gebrauch machte, die Aussage zu verweigern, ist laut Polizei der Besitzer des Hauses in Maria Enzersdorf, in dem der millionenschwere Tresor entdeckt wurde.
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Frau seit mehreren Jahren im gesamten deutschsprachigen Raum aktiv gewesen ist, möglicherweise mit Komplizen.

Pfandler, Karner und Popp berichteten über den Fall
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verwies in St. Pölten auf die Heimtücke, mit der vorgegangen werde. Alle Altersgruppen könnten zu Opfern werden, ältere Menschen seien vorrangiges Ziel. Karner betonte auch, dass die aktuellen Ermittlungen in enger Abstimmung mit deutschen und schweizerischen Behörden geführt würden.
Zigtausende Betrugsdelikte
Der Minister erinnerte, dass 2023 in Österreich 64.000 Betrugsdelikte zur Anzeige gebracht worden seien. Das seien etwa zwölf Prozent der 528.000 Gesamtanzeigen gewesen. In 34.000 Fällen habe es sich um Cyberkriminalität gehandelt, aber immerhin etwa 30.000 hätten in der analogen Welt stattgefunden.
An strukturellen Gegenmaßnahmen führte Karner u.a. an, dass in diesem Jahr in jedem Bundesland ein spezialisiertes Referat zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingerichtet werde. Internationale Vernetzung sei wie im gegenständlichen Fall von entscheidender Bedeutung.
Hinter den esoterischen Fassaden würden „knallharte Geschäftsinteressen“ stecken, warnte Landespolizeidirektor Franz Popp in St. Pölten. Vertrauen würde ausgenützt, um finanzielle Vorteile zu erlangen. Nämlich von Opfern, die etwa in einer emotionalen Notlage seien und nach Hilfe und Unterstützung suchten. „Skepsis ist der beste Schutz“, lautet nur einer der Präventionstipps der Polizei.
Auf der Fahndungsseite der Homepage der Landespolizeidirektion Niederösterreich (www.polizei.gv.at/noe/lpd/fahndung/fahndung.aspx) sind zahlreiche Schmuckstücke und Wertgegenstände nummeriert ersichtlich. Weitere Opfer der mutmaßlichen Betrügerin im In- und Ausland werden dringend gebeten, die Ermittler des Landeskriminalamtes Niederösterreich unter Tel.: 059133 303333 zu kontaktieren. Ebenso sind Hinweise zum Aufenthalt der flüchtigen Mariana M. erbeten, die auf Wunsch vertraulich behandelt werden.
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