KZ-Außenlager Hirtenberg: "Meine Mutter hat nie darüber gesprochen"

KZ-Außenlager Hirtenberg: "Meine Mutter hat nie darüber gesprochen"
Am Ostermontag 1945 wurden rund 400 Frauen der KZ-Außenstelle Hirtenberg auf einen Todesmarsch geschickt. Der Sohn einer der Gefangenen besuchte 80 Jahre später den Ort.

Zusammenfassung

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  • Rund 400 Frauen wurden 1945 auf einen Todesmarsch vom KZ-Außenlager Hirtenberg nach Mauthausen geschickt.
  • Umberta Cappellari überlebte das Lager, sprach jedoch nie über ihre Erlebnisse, die ihr Sohn John Bloomfield später erforschte.
  • Eine Gedenkfeier und Kranzniederlegung fanden am ehemaligen Lagerort statt, um an die Opfer zu erinnern und eine Gedenkstätte wird diskutiert.

„Was sind das für Ziffern, Mama?“ Was die Nummer 82.148  am Unterarm seiner Mutter zu bedeuten hatte,  fragte sich John Bloomfield als Kind öfters. Doch die Frau wollte nicht darüber sprechen. Später, als er zwölf Jahre alt war, brachte sein Vater einmal ein Buch aus der Bücherei mit nach Hause. Ein Buch über das Konzentrationslager Auschwitz. Ein Ort des Schreckens, wo Häftlingsnummern auf den linken Unterarm tätowiert wurden.

Die Italienerin Umberta Cappellari wurde 1944 mit 21 Jahren in Triest von der Gestapo verhaftet. Mit vielen anderen wurde sie als politischer Häftling in einen Viehwaggon gepfercht und nach Auschwitz gebracht, später ins KZ Mauthausen verlegt und schließlich ins Außenlager nach Hirtenberg (Bezirk Baden) ins „Wohnlager am Weinberg“.

Gedenkfeier

80 Jahre später besuchte John Bloomfield jenen Ort, wo seine Mutter großes Leid erfahren hatte, in der nahen Patronenfabrik wie eine Sklavin arbeiten musste und fast gestorben wäre. 

KZ-Außenlager Hirtenberg: "Meine Mutter hat nie darüber gesprochen"

Die Befreiung des KZ Mauthausen durch eine Abteilung der US-Truppen am 5. Juni 1945.

Am 2. April 1945, als „der Himmel schon ganz rot war von den nahen Kämpfen“, wie es eine Gefangene in ihren Erinnerungen später beschreiben sollte, wurden mehr als 400 hier internierte Frauen auf einen Todesmarsch nach Mauthausen geschickt. Etliche überlebten die 170 Kilometer nicht, einigen gelang dabei die Flucht. 

Umberta Cappellari überlebte, obwohl die Ärzte der Schwerkranken nach Kriegsende keine Chance gaben. Später heiratete sie einen britischen Colonel. Bis zu ihrem Tod im Alter von 95 Jahren lebte sie mit ihrer Familie in England. Über ihre Erlebnisse in Hirtenberg “hat sie nie gesprochen“, so Bloomfield.

Blumen zur Erinnerung

Den Jahrestag hat die Lokalinitiative KZ-Gedenkstätte Mauthausen-Außenlager Hirtenberg mit Initiator Erich Strobl zum Anlass für eine Gedenkfeier genommen. Am Gelände, wo das so harmlos klingende „Wohnlager am Weinberg“ einst stand, wurden von John Bloomfield gemeinsam mit Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Blumen niedergelegt.

KZ-Außenlager Hirtenberg: "Meine Mutter hat nie darüber gesprochen"

Am Areal des ehemaligen Frauenlagers

Heute ist hier eine Wiese, kaum mehr etwas erinnert noch an das Lager. Das Areal ist seit Jahrzehnten als Bauland-Betriebsgebiet gewidmet. Nun gibt es umstrittene Pläne für eine Nutzung mit dem Bau von Gewerbehallen. Gespräche mit dem Eigentümer, der der Kranzniederlegung zustimmte, über eine Gedenkstätte auf dem Gelände laufen.

"Gemischte Gefühle“

Etwas entfernt, im Park vor der Mittelschule Hirtenberg, gibt es seit April 2024 eine Gedenkstele. Dort wurde von rund 150 Personen, darunter Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen-Komitees, und Landesrat Sven Hergovich (SPÖ) an die im Lager inhaftierten und ermordeten Frauen erinnert.

KZ-Außenlager Hirtenberg: "Meine Mutter hat nie darüber gesprochen"

Erich Strobl von der Lokalinitiative Hirtenberg mit John Bloomfield. Bei der Gedenkstele wurden Blumen niedergelegt

John Bloomfield meinte in seiner Rede, dass der Besuch jener Stätte, wo seiner Mutter so grauenhafte Dinge angetan wurden, gemischte Gefühle in ihm wecke. „Wir dürfen diese Gräueltaten niemals vergessen. Wir müssen ihrer gedenken und sie auf bedeutsame, sinnvolle und öffentlich sichtbare Weise in Erinnerung halten, damit künftige Generationen begreifen, was wir unseren Mitmenschen niemals antun dürfen.“ Und weiter: „Es braucht eine Gestaltung des Geländes, einen Park für die Gemeinschaft, den alle zur stillen Besinnung und Reflexion nutzen können, einen respektvollen Ort, der die Erinnerungen an das Grauen und die Gier verdrängt.“

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