Ein tiefer Riss tut sich zwischen den ÖVP-Bünden in Niederösterreich auf, wenn es um das umstrittene Handelsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten geht. Weiter Widerstand gegen den Pakt zu leisten, sei fahrlässig und gefährde den Wirtschaftsstandort, verkündeten NÖ-Wirtschaftskammerpräsident Wolfgang Ecker und sein Vize Christian Moser am Freitag in einer Aussendung.
Ecker, auch Chef des NÖ-Wirtschaftsbundes, stellte sich damit nicht nur klar gegen Beschlüsse der Bundesregierung und des Nationalrats, sondern auch gegen die eigene VPNÖ und gegen die neue schwarz-blaue Landesregierung. Diese erteilt in ihrem Arbeitsübereinkommen dem Mercosur-Pakt nämlich ebenfalls eine klare Absage.
Bauernbund
Und dem nicht genug, sorgt das Thema auch für Zwietracht zwischen den schwarzen Bünden: Denn der starke NÖ Bauernbund, der die Konkurrenz für die heimischen Landwirte durch Billigagrarprodukte befürchtet, hat sich den Kampf gegen das Mercosur-Abkommen an die Fahnen geheftet.
Was Ecker nicht davon abhält, öffentlich die Werbetrommel für den Handelspakt zu rühren: „Die geopolitische Lage hat sich verändert. Europa braucht verlässliche Partnermärkte, um sich von russischer und chinesischer Abhängigkeit zu lösen, und Lateinamerika ist ein solcher Markt“, erklärte Ecker.
Die Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay wären wichtige Rohstofflieferanten für die EU, etwa bei mineralischen Stoffen und seltenen Erden, bei Häuten und Fellen für die Lederindustrie oder Sojabohnen für Viehfutter, betonten die WK-Präsidenten.
Wenig Gegenliebe
Im Gegenzug würden Waren und Dienstleistungen im Wert von 1,3 Milliarden Euro aus Österreich in die Mercosur-Staaten geliefert. Niederösterreich steuere elf Prozent davon bei, und es gebe Luft nach oben, erklärten Ecker und Moser. Das Zeitfenster für einen Abschluss des Handelspaktes öffne sich mit Spaniens Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im Sommer, appellierten sie.
Der öffentliche Aufschrei der Wirtschaftskammer-Bosse sorgte in der ÖVP für wenig Freude. Offene Gegenangriffe blieben vorerst aber aus. Man fühle sich durch Bundesregierung, Nationalrat und das Regierungsübereinkommen gut abgesichert und bestärkt, hieß es dazu aus dem Bauernbund. Jede Interessensgemeinschaft habe das Recht, ihre Meinung zu vertreten. Man fühle sich zudem jenen 50.000 Menschen verpflichtet, die eine Petition des EU-Abgeordneten Alexander Bernhuber – ebenfalls ÖVP – gegen Mercosur unterschrieben hätten.
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