Flut-Angst in Judenau: Bürger drängen auf rasche Maßnahmen
Horst Haslinger (Mitte) hat einen Brief an die Landeshauptfrau geschrieben
Horst Haslinger, 84 Jahre alt, sitzt in seinem E-Auto und fährt durch Judenau im Bezirk Tulln. Immer wieder stoppt der Pensionist – er hat viel zu erzählen. „Unser schönes Schloss“, sagt er, „auch hier konnte die Flut nicht gestoppt werden. Ein ganzer Fuhrpark stand unter Wasser.“
Auch das Feuerwehrhaus, so berichtet der rüstige Niederösterreicher, sei von den Wassermassen, die im September 2024 große Teile des Landes verwüsteten, nicht verschont geblieben. Haslingers Haus im Florianipark trug ebenfalls Schäden davon – das Jahrhunderthochwasser hatte Judenau mit voller Wucht getroffen, die Marktgemeinde war zeitweise nicht mehr erreichbar.
"Es wird wieder ein großes Hochwasser kommen"
Was mehr als ein Jahr danach bleibt, ist die Angst. „Es wird wieder ein großes Hochwasser kommen, dafür muss man kein Prophet sein. Es gibt den Klimawandel, die Erwärmung des Mittelmeers – das sind die Folgen“, sagt Haslinger.
Judenau wurde von der Flut hart getroffen
Dass Judenau im September 2024 unter Wasser stand, hat auch historische Gründe. Im Zuge der Errichtung des Donaukraftwerks Greifenstein wurde die Kleine Tulln mit einem Überlaufgerinne ausgestattet, das im Falle eines Hochwassers Wasser in die Große Tulln umleitet. „Für die an den dramatischen Septembertagen ohnehin schon hochwasserführende Große Tulln war das einfach zu viel“, erklärt Haslinger.
Der 84-Jährige, der zum Gespräch mit dem KURIER auch seine Nachbarn eingeladen hat, hofft nun auf Lösungen. Unter anderem verstehen die Senioren nicht, warum bei Judenau noch nicht über ein Retentionsbecken nachgedacht worden sei. Haslinger hat zudem einen Brief an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) geschrieben – in der Hoffnung auf rasche Maßnahmen.
Riesige Rückhaltebecken nicht machbar
Auf KURIER-Nachfrage zeigt sich, dass sich die Abteilung Wasserbau des Landes bereits mit der Causa Judenau auseinandergesetzt hat. Allerdings, so die Fachleute, sei die Lage komplex. Eine Erhöhung der Kleinen Tulln würde laut Experten keine Verbesserung für Judenau bringen, stattdessen aber zu Überschwemmungen in Tulln führen. Geprüfte Rückhaltebecken im Oberlauf bei Sieghartskirchen wären zwar wirksam, aber aufgrund ihrer enormen Größe und des Platzbedarfs nicht umsetzbar, heißt es.
Auch Bürgermeister Georg Hagl (ÖVP) kennt die Sorgen und Ängste vieler Bürgerinnen und Bürger vor einem neuen Hochwasser. Er verspricht, dass die Schutzmaßnahmen ausgebaut werden sollen. „Wir hätten schon viel früher damit beginnen können, aber das Projekt ist daran gescheitert, dass uns zwei Grundstücksbesitzer kein grünes Licht gegeben haben.“
Hundertprozentiger Schutz nicht möglich
Nun sei er zuversichtlich, diese Unterschriften doch noch zu bekommen. Die Flutschutzprojekte könnten somit in den Jahren 2026 und 2027 umgesetzt werden. Bald will der Gemeindechef auch in Sachen finanzieller Förderungen Klarheit haben.
Worüber sich jedoch alle Experten einig sind: Einen hundertprozentigen Schutz gegen die enormen Wassermassen, die im September 2024 Judenau heimgesucht haben, wird es niemals geben.
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