Jobprojekt in Marienthal "übertrifft alle Erwartungen"

Jobprojekt in Marienthal "übertrifft alle Erwartungen"
Die Universität Oxford hat ein Projekt für Langzeitarbeitslose begleitet. Ein erster Bericht zeigt, wie sehr Beschäftigung verändert.

Ein Jahr Arbeitslosigkeit kostet den Staat pro Person rund 30.000 Euro. Sven Hergovich, Landesgeschäftsführer des AMS Niederösterreich, hat dieses Geld genommen und in eine Beschäftigung von Betroffenen investiert. Als Projekt, das von der englischen Universität Oxford wissenschaftlich begleitet wird.

Jetzt liegt der erste Zwischenbericht vor und das Ergebnis ist eindeutig: Die Teilnehmer waren glücklicher und zufriedener und hatten das Gefühl, ihr Leben besser im Griff zu haben. Gleichzeitig konnte die Langzeitarbeitslosigkeit zurückgedrängt werden.

Projekt in vorbelasteter Region gestartet

Sven Hergovich hatte für das Projekt eine historisch vorbelastete Region ausgewählt: die Gemeinde Gramatneusiedl in der Nähe von Wien. Konkret den Ortsteil Marienthal. Da wurde in den 1930er-Jahren die Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ erstellt. Das weltberühmte Werk über die sozio-psychologischen Wirkungen von Arbeitslosigkeit machte deutlich, dass Langzeitarbeitslosigkeit nicht – wie vielfach angenommen – zu Revolte, sondern zu Einsamkeit und passiver Resignation führt.

Die Menschen hatten das Gefühl, ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen zu können.

von Maximilian Kasy

Professor (Oxford)

Das aktuelle AMS-Projekt, das im Jahr 2020 gestartet worden ist, läuft unter der Bezeichnung MAGMA (Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal). Konzipiert wurde es von Wirtschaftswissenschaftern der Universität Oxford. Allen Einwohnern, die länger als 12 Monate arbeitslos gemeldet waren, wurde eine universelle und bedingungslose Garantie für einen gut bezahlten Arbeitsplatz geboten.

Die Teilnehmer erhalten zu Beginn eine zweimonatige Vorbereitung einschließlich Einzelunterricht. Anschließend werden sie bei der Suche nach einem geeigneten und subventionierten Arbeitsplatz in der Privatwirtschaft unterstützt. Teilweise konnten auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Das AMS NÖ finanziert das Projekt mit 7,4 Millionen Euro, wobei mit den Beschäftigungsaktivitäten des Projekts bisher Einnahmen in der Höhe von 383.000 Euro generiert werden konnten. Seit dem Start haben über 100 Personen teilgenommen.

Gefühl, Leben endlich wieder im Griff zu haben

Die vorläufigen Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Vorhaben, Arbeitslosenunterstützung in einen Lohn für Beschäftigung umzuwandeln, voll aufgegangen ist. Die fünf wichtigsten Punkte aus der Studie: Das Einkommen der Teilnehmer ist gestiegen und sie haben mehr finanzielle Sicherheit gewonnen. Die Teilnehmer hatten das Gefühl, endlich ihr Leben wieder im Griff zu haben.

Sie pflegten wieder engere Beziehungen zu anderen und fühlten sich stärker wertgeschätzt. Durch das Projekt konnte die Langzeitarbeitslosigkeit in dieser Region beseitigt werden. Diese Verbesserungen des sozialen und finanziellen Wohlbefindens und der Rückgang der Arbeitslosigkeit hielten in den ersten beiden Jahren des Programms an.

Maximilian Kasy von der Universität Oxford, einer der Studienautoren sagt: „Es ist beeindruckend, zu sehen, was für einen Unterschied das Programm gemacht hat. Ja, die Menschen hatten mehr Geld, aber die positiven Auswirkungen gingen weit über das Wirtschaftliche hinaus. Sie waren glücklicher, stärker in ihrer Gemeinschaft verwurzelt und hatten das Gefühl, ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen zu können.“

Teilnehmer berichten über neues Selbstbewusstsein

Mohamad (44) ist einer der Teilnehmer. Für ihn ist es wichtig, „jeden Tag zu arbeiten und etwas Neues zu lernen“. Werner V. (60) hatte vor der Jobgarantie 600 Bewerbungen geschrieben – ohne Erfolg. Jetzt wird er von der Gemeinde Gramatneusiedl als Archivar beschäftigt.

Sven Hergovich jedenfalls fühlt sich bestätigt: „Ich hatte große Hoffnungen, als wir das Programm starteten, aber diese positiven Ergebnisse übertreffen sogar meine Erwartungen.“ Wobei MAGMA mittlerweile zu einem internationalen Vorzeigemodell geworden ist.

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