Gefahr für Igel: Warum Mähroboter nachts nicht fahren sollten

Zwei Igel sitzen im Gras.
Ein gepflegter Garten hat einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft, was Wildtieren aber gefährlich werden kann.

Von Benedikt Schweigl

Wie eine Studie von "Tierschutz Austria" Anfang des Jahres zeigte, ist der Igel das beliebteste Wildtier der Österreicherinnen und Österreicher.

Und dennoch nahmen die Populationszahlen des geliebten Tieres in den letzten Jahren merklich ab.

Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stufte den Westeuropäischen Igel auf ihrer Roten Liste der bedrohten Arten bereits 2024 als "potenziell gefährdet" ein, dasselbe gilt für den Braunbrustigel, der in Ostösterreich die vorherrschende Art ist.

Die Gründe für den Rückgang der Igelpopulation sind vielfältig - von der Zerstörung ländlicher Lebensräume durch Intensivierung der Landwirtschaft bis hin zu Straßen und Stadtentwicklung. Was auch dazu führt, dass verletzte Igel oder im Herbst Jungtiere, die den Winter nicht überstehen würden, immer öfter in den Tierheimen landen. 

651 Igel versorgt

"Letztes Jahr haben wir im Tierschutzhaus insgesamt 651 Igel versorgt. Bei bisher 387 Tieren heuer ist es sehr gut möglich, dass die hohen Vorjahreszahlen 2025 sogar nochmals überschritten werden - die Igel-Hochsaison im Herbst steht erst bevor", erklärte Stephan Scheidl, Tierheimleiter vom Tierschutzhaus Vösendorf.

Kampagne zu Nachtfahrtverbot für Mähroboter zum Schutz von Igel und anderen Wildtieren.

Im Sommer kommen verhältnismäßig besonders viele Jungtiere ins Tierschutzhaus Vösendorf, mitunter bedingt durch Unwetter und Trockenheit.

In den letzten Jahren sind zusätzlich noch autonome Mähroboter als potenzielle Gefahrenquelle hinzugekommen. Sie erfreuen sich bei Gartenbesitzern großer Beliebtheit, weil sie mühsame Arbeit ersparen und leise sowie vermeintlich effizient arbeiten.

Jede Woche ein verletztes Tier

Im Tierschutzhaus Vösendorf nimmt man den Trend hin zur Nutzung der Mähhelfer jedoch durchaus kritisch wahr. "Innerhalb der Saison für Gartenarbeit kommt sicher jede Woche zumindest ein Igel infolge eines Mähroboter-Unfalls zu uns", betonte Scheidl.

Die Dunkelziffer liege noch höher, manchmal werden verletzte Tiere erst gar nicht gefunden - dabei seien die Chancen auf eine Heilung und spätere Auswilderung umso größer, umso schneller die Winterschläfer gefunden werden. In der Hauptsaison im Herbst und im Winter würden ohnehin täglich mehrere Igel  nach Vösendorf gebracht.

Neben dem Igel stellen die mechanischen Gartenarbeit-Helfer auch für andere Wildtierarten wie Jungvögel, Schlangen, Insekten und Amphibien eine Gefahr dar. Gerade Tiere ohne Fluchtreflex und Jungtiere sind den scharfen Scheren der Geräte relativ schutzlos ausgeliefert.

Nachtfahrverbot für Mähroboter soll Igel schützen.

Igel und insbesondere deren Jungtiere sind häufig der Gefahr durch autonome Mähroboter ausgesetzt. 

Vorfälle passieren dabei häufig nachts, wo die entsprechenden Arten besonders aktiv und die Mähroboter zugleich unbeaufsichtigt sind.

Forderung nach Nachtfahrverbot

Aus diesem Anlass hat Tierschutz Austria bereits Anfang Mai die Kampagne "Mähpause. Ruhezeiten retten Tiere" gestartet.

"Unsere Gärten sollten eine Oase für Wildtiere sein - und kein gefährlicher Albtraum. Das ist der Beweggrund dieser Kommunikationskampagne für ein Nachtfahrverbot", erklärte Martin Aschauer, Sprecher von Tierschutz Austria, zum Kampagnenstart.

Die wichtigste Forderung der Initiative ist ein  Verbot für Mähroboter von 20 bis 6 Uhr. Weiters plädiert die Tierschutzorganisation auch für die Einführung technischer Mindeststandards, etwa in Form automatischer Tiererkennungssysteme und öffentliche Aufklärung, um Gartenbesitzerinnen und Gartenbesitzer für das Problem zu sensibilisieren.

Man habe gehofft, dass die Kampagne gerade im Mai viel Aufmerksamkeit generieren könne - in einer Zeit, in der Rasenarbeit wieder vermehrt in den Fokus rücken würde und besonders viele Wildtiere aktiv wären, erklärte Leona Fux, stellvertretende Kommunikationsleiterin von Tierschutz Austria.

Eine Reaktion auf die Kampagne vonseiten der Politik sei bisher aber ausgeblieben. Dabei dränge die Zeit, denn beim Igel kommen im August und Anfang September viele Junge zur Welt.

Rechtliche Umsetzung

Konkret gibt es zwei Möglichkeiten, wie so ein Nachtfahrverbot abgewickelt werden könnte.

Einerseits über das Naturschutzrecht auf Landesebene - "damit könnte man den Betrieb von Mährobotern in den Nachtstunden, etwa von 20 bis 6 Uhr, untersagen, um geschützte Arten vor Verletzungen zu bewahren", wie Tierschutz-Austria-Sprecherin Leona Fux nach Absprache mit der Rechtsberatung  erklärte.

Zudem könne so ein Verbot "über örtliche Polizeiverordnungen oder Lärmschutzregelegungen" umgesetzt werden.

"Ergänzend oder alternativ können Gemeinden örtliche Regelungen treffen – zum Beispiel im Bereich Lärmschutz oder Maschinenbetrieb. Viele Gemeinden schreiben bereits heute bestimmte Ruhezeiten vor, in denen lärmende Gartengeräte nicht verwendet werden dürfen. Diese bestehenden Regelungen könnten angepasst werden, um auch Mähroboter in den Nachtstunden auszuschließen“, erklärte Fux.

Erkennungssysteme bieten keine Garantie

Je nach Modell sind Mähroboter mit unterschiedlichen Sensoren ausgestattet, die sicherstellen sollen, dass sie Haus- und Wildtiere sowie andere potenziell gefährdete Lebewesen rechtzeitig wahrnehmen.

In der Praxis sind die geforderten automatischen Tiererkennungssysteme bereits weit verbreitet. Das Problem dabei - egal, ob es sich um neuere Modelle mit Kameras oder ältere Geräte handelt, keine der angebotenen Optionen auf dem Markt würde einen 100-prozentigen Schutz für Wildtiere und Co. bieten, räumte Johannes Leonhartsberger von "Roboschaf", einem internationalen Spezialisten für den Verkauf und die Wartung von Mährobotern, ein.

"Aus ein paar deutschen Städten kennen wir bereits das wirksamste Modell - das Nachtfahrverbot, damit werden Wildtiere am besten geschützt", betonte Leonhartsberger.

Er habe als Betreiber der Roboschaf-Standorte in Krems, Ybbs und Zwettl Geräte schon immer so dimensioniert, dass diese in der Nacht nicht fahren (müssen) bzw. über die Tageszeit mit der Rasenfläche fertig werden.

Wildtierschutz ein Anliegen

"Wir von Roboschaf wollen Wildtiere wie Igel und Hasen und vor allem deren Jungtiere schützen", versicherte der Mähroboter-Experte. Er kenne auch vonseiten der Kundschaft niemanden, der diesen Tieren leid antun will - im Gegenteil: "Es ist eine reine Beratungsgeschichte".

Die Kunden würden in der Regel selbst nicht wollen, dass der Mähroboter nachts fährt. Wichtig sei die Dimensionierung des Geräts auf die jeweils vorhandene Garten- bzw.- Rasenfläche abzustimmen, um autonome Nachtfahrten zu verhindern.

In Maßen mähen

Klar ist, eine Empfehlung Mähroboter zu später Stunde fahren zu lassen, wird wohl keiner abgeben - dafür ist etwa der Igel als beliebtestes Wildtier ein viel zu gern gesehener Gast.

Will man dem Winterschläfer und generell der Artenvielfalt im eigenen Garten einen Gefallen tun, sollte generell auf "tägliches Mähen" verzichtet werden. Nach Möglichkeit sollen Mähroboter nur tagsüber, zwischen 9 und 17 Uhr, und niemals unbeaufsichtigt eingesetzt werden, heißt es vonseiten Tierschutz Austria.

Am besten erfolgt vor dem Mähen noch einen Kontrolle, ob Wildtiere im Garten sind. Über diesen Präventivmaßnahmen hinaus, gibt es auch zahlreiche Möglichkeiten den eigenen Garten aktiv attraktiver für Igel und andere Wildtiere zu gestalten.

Unterschlupf und Rückzugsorte

Der Igel genießt als Winterschläfer bekanntlich seine Ruhe, auch im Sommer ist er auf der Suche nach entsprechenden Zufluchtsmöglichkeiten.

Die heimischen Arten wie der Braunbrustigel ziehen sich etwa besonders gern in Laub- und Komposthaufen sowie in Hecken und Sträuchern zurück, wie Stefan Strobelberger, Bereichsleiter von Natur im Garten, erklärte.

"Am besten gestaltet man seinen Garten möglichst naturnah", betonte Strobelberger - das beinhalte etwa die Verwendung heimischer Pflanzenarten und den Verzicht auf chemische Mittel.

Generell würden Gärten wenig Einfluss durch den Menschen benötigen, naturbelassene Hecken und Laubhaufen bieten neben Unterschlupf nämlich auch ausreichend natürliche Nahrung in Form von Insekten und Würmern für den Igel.

Ein Igel versteckt sich im Stroh.

Kleinere Löcher im Zaun bieten Igeln die Möglichkeit durch die Gärten zu wandern.

Von Fütterungen sei prinzipiell abzuraten, nur bei kranken und sichtbar abgemagerten Tieren brauche es Unterstützung.  

An besonders trockenen Tragen empfiehlt Strobelberger zudem, eine Wasserschüssel bereitzustellen, davon profitieren auch zahlreiche andere Wildtiere.

Potentielle Gefahrenstellen gilt es für einen effektiven Igelschutz ebenfalls zu entfernen - von Wasserbecken, Kellerschächten (abdecken) bis hin zur falschen Müllentsorgung.

Der Mähroboter gehört wenig überraschend ebenfalls zu dieser Liste - Vorfälle mit Wildtieren gäbe es in ganz Niederösterreich, wie ihm zahlreiche Tierärztinnen und Tierärzte berichtet hätten, so Stefan Strobelberger.

Schlussendlich scheinen sich alle befragten Parteien einig zu sein, über die Nacht sollen Mähroboter Pause haben - ob der effektive Schutz von Wildtieren im Garten durch ein Verbot am besten gewährleistet wird, ist eine andere Frage.

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