Gutes vom Gutshof: Der Bruderhof und seine nachhaltige Landwirtschaft

Gruppe beim Gemüseanbau
Besuch am Bruderhof in Unternalb. Die Bedürfnisse der Gemeinschaft stehen vor den eigenen. So lebe es sich freier, erzählt Erna Albertz.

Im Jahr 2019 kam die erste Familie der Gemeinschaft „Der Bruderhof“ nach Unternalb, einem Ort vor den Toren der Weinstadt Retz im Bezirk Hollabrunn. „Es heißt zwar Bruderhof, unserer Gemeinschaft gehören aber auch Frauen an. Sie ist sehr feministisch, Frauen und Männer sind gleichwertig“, erklärt Erna Albertz.

Sie selbst gehört in zweiter Generation der Gemeinschaft an, trat aber zwischenzeitlich aus. „Ich wollte mir die Welt anschauen.“ Das tat die Tochter einer Deutschen und eines New Yorkers auch. Doch immer wieder hat sie bemerkt, wie sehr sie eine Gemeinschaft braucht, „die alles trägt“. Man müsse sich etwa keine Sorgen machen, wenn man alt wird, denn die Gemeinschaft ist da, sagt sie.

Albertz hat viel von der Welt gesehen, lebte in den USA, England, Deutschland, Russland – jetzt in Unternalb. „Ich bin direkt aus dem Staat New York hergekommen.“ Sie suchte nach einer neuen Herausforderung, als die Gemeinschaft anfragte.

 „Ich mag die Gegend hier sehr. Die Leute sind sehr offenherzig, das Vertrauen der Retzer hat mich umgehauen“, schildert sie. Der Bruderhof sei gut im Weinviertel aufgenommen worden – trotz anfänglicher Skepsis. Denn die Mitglieder der freikirchlichen Gemeinschaft sind einfach gekleidet und fallen dadurch auf. „Das verstehe ich auch“, so Albertz. Die Brüder und Schwestern wollen sich einbringen. Albertz selbst ist etwa Windmühlenführerin in Retz.

Wie die ersten Christen

Die Gemeinschaft versucht, nach der Bibel und wie die ersten Christen zu leben. Das bedeutet: „Wir teilen alles und zeigen, dass man in Frieden miteinander leben kann.“ 

Natürlich komme es zu Reibereien, wie in jeder Beziehung, aber: „Nächstenliebe und Vergebung stehen bei uns im Vordergrund. Wir stellen die Bedürfnisse der Gemeinschaft vor die eigenen.“ Was für viele nach einer Einschränkung klingt, ist für Albertz und die Mitglieder des Bruderhofs eine Befreiung. „Wenn du alles aufgibst und dich loslöst, bekommst du alles geschenkt.“ Diese Erfahrung wünsche sie jedem.

Neben der Retzer Gemeinschaft, die aus drei Familien besteht, gibt es eine zweite im Wienerwald – beide haben ein gemeinsames Konto, wird berichtet.

Zur Integration in der Region gehört auch eines: „Wir lernen jetzt Österreichisch“, sagt Albertz. Gemeint sind damit Begriffe wie Paradeiser und Fisolen. Denn unter dem Motto „Gutes vom Gutshof“ wird auf dem Areal eines ehemaligen Dominikanerklosters auf drei Hektar regenerative Landwirtschaft betrieben.

Kisterl vom Gutshof

„Vom Anbau bis zur Lieferung ist alles in unseren Händen“, sagt Erna Albertz. Der Gutshof vertreibt Gemüsekisterln in drei Größen. Es gibt nicht nur saisonales Gemüse, sondern auch Rezepte. „Das verbindet die Kunden mit uns Bauern“, schildert die Wahl-Unternalberin.

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Regional und saisonal – das Gemüse vom Bruderhof.

Die Gemeinschaft überrascht ihre Kunden gern: Es gibt 70 Gemüsesorten, 15 davon sind unterschiedliche Paradeiserarten. Heuer wurde grüner Spargel angebaut; oder Chinakohl, aus dem Kimchi gemacht wird, wenn es einen Überschuss gibt. Denn verarbeitet wird am Gutshof alles, was nicht verkauft wird. „Wir machen es wie unsere Vorfahren“, erklärt Albertz.

Das Wichtigste dabei: „Wir wollen den Boden so wenig wie möglich beschädigen.“ Denn was sich zeigte: Ist der Boden gesund, ist auch die Pflanze gesund und sie hat weniger Probleme mit Schädlingen. „Nur eine kranke Pflanze wird angegriffen.“ Die Gemeinschaft testet, welche Mikronährstoffe die Pflanze braucht und setzt sie gezielt ein. Außerdem wird auf dem Gutshof Kompostextrakt hergestellt, mit dem dann gedüngt wird. „Wir arbeiten, wie es die Natur vorgibt – das ist immer herausfordernd.“

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