"Die österreichische Bundesliga bräuchte noch mehr Sichtbarkeit"

"Die österreichische Bundesliga bräuchte noch mehr Sichtbarkeit"
Frauenfußball wurde durch Verbote, Vorurteile und Männer ausgebremst. Drei Sportlerinnen aus NÖ erzählen, warum man sie nicht mehr vom Rasen bekommt.

Frauen spielen Fußball – und das schon lange. Ungefähr genau so lange gibt es Kritik an weiblichen Teams, vorwiegend von männlicher Seite, wie Historiker und Fußball-Experte Helge Faller sagt. Frauenfußball sei unästhetisch, schädlich für die Fruchtbarkeit der Spielerinnen und wurde schließlich bis in die 70er-Jahre auf den Plätzen der Männerfußballverbände, wie dem ÖFB oder der Football Association, verboten.

Diffamierender Aussagen und fadenscheiniger Argumente zum Trotz gibt es damals wie heute zahlreiche Frauen, die mit Können und Herzblut auf dem Rasen brillieren. Drei von ihnen sind die jungen Niederösterreicherinnen Almedina Šišić, Katharina Reikersdorfer und Nadine Seidl

Vom Hobby zum Profi

Von klein auf brannte in den jungen Frauen die Begeisterung für den Sport, eine Karriere als Fußballprofi wurde jedoch erst im Laufe der Jahren zu einer realistischen Option. „Ich wollte nie Fußballerin werden“, so Šišić, die  seit Kurzem bei Austria Wien unter Vertrag steht. Tore zu schießen und vorzubereiten habe die 19-Jährige allerdings schon immer geliebt.  

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Nadine Seidl spielt aktuell beim First Vienna FC. Aktuell erholt sich die Abwehrspielerin von einem Bänderriss.

Reikersdorfer kann sich noch gut erinnern, als sie mit 14 Jahren an der Fußballakademie Oberösterreich angenommen wurde. „Da wurde mir dann bewusst: Okay, da ist was möglich“, so die Mittelfeldspielerin. Heute spielt die 21-Jährige beim FC Ingolstadt 04 in Deutschland, worüber sie froh ist. „Da  ist der Frauenfußball noch mal mehr gefördert, noch anspruchsvoller.“

Für Seidl war der Schritt in die Akademie ebenfalls der Moment, in dem ihr klar wurde, dass sie unter die Profis gehen könne. Aktuell ist sie beim First Vienna FC zu finden, meistens als Außenverteidigerin.

Luft nach oben

Für Šišić, Reikersdorfer und Seidl hat sich im Bereich Frauenfußball einiges getan. Luft nach oben gibt es jedoch nach wie vor. „Ich bin der Meinung, dass vor allem die österreichische Bundesliga noch mehr Sichtbarkeit bräuchte“, so Seidl, und denkt dabei etwa an Live-Übertragungen. Es gebe viele Menschen, die noch gar nicht wissen würden, „wie sehr der Frauenfußball einen eigentlich verzaubern kann“.

Mehr Unterstützung seitens der Männer-Vereine könnte laut der 21-Jährigen ebenfalls helfen, die sportlichen Leistungen der Frauen sichtbarer zu machen. Šišić schlägt hier etwa Doppelspiele mit männlichen Teams vor, um ein neues Publikum zu erreichen. 

Alle drei Sportlerinnen kommen auf das Spielen in Stadien zu sprechen. Es sei einfach „ein ganz anderes Feeling“, als auf einem Fußballfeld, so Reikersdorfer. Seidl wünscht sich, dass Frauen und Männern künftig die gleiche Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird. Das beginne beim Stadium und reiche bis zum Physiotraining.

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Katharina Reikersdorfer ist in Deutschland engagiert, beim FC Ingolstadt 04. Dort hat Frauenfußball größere Bedeutung. 

Ein Knackpunkt für alle Frauen sei die deutlich schlechtere Bezahlung für weibliche Spielerinnen. „Ich muss schon sagen, dass man darüber nachdenkt, was man zusätzlich noch macht“, sagt Seidl. Laut Reikersdorfer leide unter dem niedrigen Gehalt auch die Regeneration, „weil man nebenbei arbeiten gehen muss“.

Geld als Knackpunkt

Aufgrund der geringeren Wirtschaftlichkeit findet Šišić  allerdings, dass Frauen und Männer im Fußball nicht gleich viel verdienen sollten. Ihr gehe es vor allem um die Wertschätzung und den Respekt
An dem scheint es einigen Leuten auch heute noch zu mangeln, wie Reikersdorfer erzählt. In privaten Gesprächen seien schon öfter Sätze wie „Zähl mir mal fünf Fußballer auf“ oder „Erklär das Abseits“ gefallen. „Das sind Standardfragen, die wirklich noch vorkommen. Und du spielst in einer hohen Liga und denkst dir: Okay, top“, schildert Reikersdorfer.

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Almedina Šišić brannte schon als Kind für den Fußball. Sie steht aktuell für Austria Wien am Rasen.

Was die 21-Jährige  antreibt, trotz aller Hindernisse weiterzumachen? „Der Adrenalinkick, im Spiel und in der ganzen Saison, ist einfach mit nichts anderem zu vergleichen“, beschreibt sie.

Frauenfußball: Lange Tradition, viele Vorurteile

„Frauen müssen immer dreimal so gut sein wie Männer, damit es anerkannt wird“, so Helge Faller. Der Autor befasst sich seit 2005 mit der Geschichte des Frauenfußballs, die Ergebnisse seiner Forschungen hat er in mehreren Büchern veröffentlicht. 

Vorurteile rund um den Frauen-Fußball halten sich laut dem Historiker hartnäckig. Das sei zuletzt deutlich geworden, als die Schweizerinnen in einem Training gegen ein U-15-Burschenteam verloren haben. 1881 fand das erste dokumentierte Frauenfußballspiel statt – rund zwanzig Jahre, nachdem sich in England der erste Männer-Fußballklub gegründet wurde.

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