Ein Elch sucht nach Ruhe: Zu viele wollen „Emil“ knutschen

Der Elch ist seit Tagen unterwegs (Archivbild)
Am Freitag war der Name „Emil“ noch nicht jedem ein Begriff. Zumindest nicht jenen Menschen, die in den frühen Morgenstunden bei Franz Stadtschmitzer durchläuteten.
„Ich wurde mehrmals gefragt, ob irgendwo ein Elch entlaufen ist“, erzählt der Ortsvorsteher von Würnitz (Bezirk Korneuburg). Dabei konnte er gleich aufklären: Der Elch namens „Emil“, der seit Anfang letzter Woche quer durch das Weinviertel streift, war nun auch in der kleinen Kreuttal-Gemeinde angekommen. Und das zu einer denkbar günstigen Zeit, denn um 7.30 Uhr früh war auf den Straßen des Ortes noch nicht viel los.
Mittlerweile hat es „Emil“ auf die andere Seite der Donau verschlagen. Es wird vermutet, dass er sich bei Klosterneuburg (Bezirk Tulln) aufhält. Was hingegen längst feststeht: „Emil“ ist Kult. Es wurde eine eigene Facebook-Seite eingerichtet, und mittlerweile ziert er auch Souvenirs aus dem Weinviertel.
Kultfigur
Vor allem am Wochenende wurde der Elch, der sich entsprechend seiner Natur auf Wanderschaft befindet, von vielen Schaulustigen erwartet. Wobei die Polizei NÖ warnte: „Da es bereits Vorfälle gab, bei denen der Elch sowohl zu Fuß als auch mit dem Auto verfolgt wurde, bitten wir darum, dies künftig zu unterlassen“, hieß es in einem Facebook-Posting. Solche Handlungen könnten gefährliche Folgen haben. Denn auch wenn „Emil“ untypischerweise durch den urbanen Raum streift – er ist und bleibt ein Wildtier.
Auch Franz Stadtschmitzer hatte zunächst einen großen Sicherheitsabstand eingehalten, als er sich am Freitag auf die Suche nach dem Elch machte. Doch „Emil“ spazierte immer näher auf ihn zu, legte sogar eine kurze Pause ein, um von einem Weinstock zu kosten.
„Er hat sich dabei ganz ruhig verhalten“, schildert Stadtschmitzer die Begegnung. Und zum Glück machte sich „Emil“ nicht in den nächsten Ort auf, sondern bewegte sich weiter in Richtung der umliegenden Felder. Dass der Elch nun immer näher an die Stadtgrenze zu Wien kommt, beunruhigt den Ortsvorsteher, der „Emils“ Route seither im Internet mitverfolgt. „Ich mache mir Sorgen um ihn“, sagt er.
Und er ist damit nicht alleine. Mittlerweile häuft sich bei aller Faszination auch die Kritik daran, dass das Jungtier durch die große Aufmerksamkeit gestresst wird. Und auch Günther Annerl vom Wildtierservice Wien spricht gegenüber dem ORF davon, dass der Elch „in Panik“ sei. „Das Tier weiß offensichtlich nicht, wohin es flüchten soll“, sagt er in Guten Morgen Österreich.
Sollte „Emil“ tatsächlich in die Bundeshauptstadt vordringen, sei man seitens der zuständigen MA49 jedenfalls vorbereitet. Laut Annerl stehe zudem die Überlegung im Raum, „Emil“ zu betäuben und in ruhigere Gefilde zu bringen – was allein aufgrund seines Gewichts aber alles andere als einfach wäre. Laut APA gab es bis Montagnachmittag aber noch keine Sichtungen in Wien, der Elch dürfte einen Bogen um das Stadtgebiet gemacht haben.

Seltenheit
Dass Elche durch Österreich streifen, ist selten. Klaus Hackländer, Leiter des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Boku Wien, spricht gegenüber der APA von etwa sechs Sichtungen pro Jahrzehnt in den vergangenen 50 Jahren.
„Emil“, der seine Wanderung wahrscheinlich in Polen gestartet hat, dürfte auf der Suche nach einem neuen Territorium bzw. einer Elchkuh sein. Seinen Namen hat er übrigens in Tschechien erhalten: Er wurde nach dem Läufer Emil Zátopek sowie dem Forscher Emil Holub benannt.
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