Der Winter ist in Ostösterreich auf dem besten Weg, neue Rekorde aufzustellen – nämlich in Sachen Trockenheit. Diese ist speziell in Niederösterreich, Wien und dem Burgenland extrem. Wie extrem, das zeigt eine repräsentative Messstation in Wiener Neustadt. Seit Ende November 2024 fielen dort nur 16 Liter/m² Regen bzw. Schnee. Das sind um 75 Prozent weniger als üblich, in Reichenau an der Rax fehlen sogar knapp 80 Prozent zu einem Normalwinter.
Die Wetterextreme machen auch vor dem Gebirge nicht Halt. Anstatt von Lawinengefahr herrscht auf den beliebten Ausflugsbergen wie Schneeberg, Rax und teilweise auch auf der Hohen Wand Lebensgefahr durch Eisglätte.
"Auch wenn der Schneeberg so aussieht, als wäre er völlig schneefrei, ist es nicht so. Der Schein trügt. Die frühlingshaften Temperaturen herrschen nur im Tal. Ab 1.400 Meter Seehöhe haben wir gefährliche Verhältnisse durch gefrorenes Schmelzwasser, Wind und Kälte“, erklärt Karl Tisch, Lawinenmelder beim NÖ Lawinenwarndienst und Bergretter in Puchberg am Schneeberg.
Selbstüberschätzung
Weil die Bedingungen völlig "missinterpretiert oder unterschätzt" werden, stehen die Bergretter im Dauereinsatz. Die Wanderrouten und Klettersteige in exponierten, schattenseitigen Lagen werden durch die derzeit herrschenden Bedingungen anspruchsvoller und gefährlicher, warnt Tisch.
"Durch mangelhafte Ausrüstung, schlechte Tourenvorbereitung und Selbstüberschätzung können wenig erfahrene Wanderer in den vereisten Passagen nicht mehr vor noch zurück", so die Bergrettung NÖ.
Zwei Einsätze der vergangenen Tage stehen exemplarisch für die vorherrschende Lage. Zunächst folgten drei junge Wiener (14 bis 16 Jahre) in klassischer Straßenkleidung mit offenen Turnschuhen und Jogginghosen einer Freizeit-App auf den Gipfel des Schneebergs. Dort wurden sie von Sturmböen und Minusgraden überrascht, ihre Rettung dauerte mehrere Stunden.
Hubschrauber kam trotz Finsternis
Nur wenige Tage danach wiederholte sich das lebensgefährliche Schauspiel. Ein 20-jähriger chinesischer Student war im Morgengrauen nur mit Tennisschuhen, Jogginghose, T-Shirt, Jacke und ohne Handschuhe oder Haube zu einer zwölfstündigen Tour auf den Schneeberg aufgebrochen. Ohne jeglicher Bergerfahrung folgte er dabei einem Weg auf Google-Maps.
Auf einer Schneewechte bei Dunkelheit und minus fünf Grad geriet der junge Mann dann in Panik und konnte weder vor noch zurück.
Blutige Knöchel
Um 19.30 Uhr setzte er einen Notruf ab. Der nachtflugtaugliche ÖAMTC-Rettungshubschrauber Christophorus 2 aus Krems konnte den Chinesen schließlich bei völliger Finsternis orten und in der Nähe am Plateau landen. Der Student wurde mit einer Unterkühlung und blutigen Knöcheln ins Krankenhaus geflogen.
Notfallausrüstung im Winter
Für Karl Tisch und die Bergrettung sind solche Aktionen grob fahrlässig. Gerade im Winter erfordere es ein gewisses Maß an Tourenvorbereitung und Notfallausrüstung. Dazu zählt laut Bergrettung festes Schuhwerk, Steigeisen bzw. Grödeln, Eispickel, Haube, Handschuhe, Winterjacke und Rucksack mit Stirnlampe, Reservewäsche sowie ausreichend Verpflegung.
"Im Winter sind viele Hütten nicht besetzt und nur Noträume geöffnet. Das muss man bei der Planung unbedingt bedenken“, mahnt Tisch.
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