Eine Frau teilt im Männerteam der Spartans aus
Von Natalie Schmidt
Es gibt nicht viele Frauen in Österreich, die American Football in einem Männerteam spielen. Stephanie Kreimel aus Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) tut es. Sie ist Defensive Back bei den Weinviertel Spartans in der Austrian Football League (AFL) Division 2, die es 2023 als Dritter der Conference B knapp nicht in die Play-offs schafften und sich seit Mitte Juni in der sportlichen Sommerpause befinden.
Auf der Suche nach einem Mannschaftssport stieß die 29-Jährige über ihren Freund und Spartans-Spieler Benjamin Ertl auf American Football. Zuerst versuchte sie ihr Glück bei den Danube Dragons Ladies, doch sie lösten sich auf, kurz nachdem Kreimel dort mit dem Training begonnen hatte.
Bei den Vienna Vikings Ladies, zu denen sie wechselte, spielten die Frauen die zweite Geige; da diese dieselbe Anlage wie die Männer nutzten und letztere wegen ihrer Spiele in der AFL priorisiert wurden, blieben für die Spielerinnen oft nur ungünstige Trainingszeiten.
Von der Offense in die Defense
Deshalb ging die Niederösterreicherin auf Florian Kosel, den Obmann der Weinviertel Spartans, zu, und fragte ihn, ob in seiner Mannschaft nicht auch Frauen mitspielen dürften. Damit war sie die erste Frau, die an ihn herangetreten war. Die prompte Antwort war ein eindeutiges Ja. „Es hat nichts dagegengesprochen“, sagt Kosel im Interview mit dem KURIER.
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Kreimel begann im September 2022 in der Offense als Wide Receiver, deren Hauptaufgabe es ist – vereinfacht ausgedrückt –, den Ball nach einem schnellen Sprint vom Quarterback zu fangen. Mittlerweile spielt sie als Defensive Back; nun deckt sie den Wide Receiver und versucht zu verhindern, dass er an das Spielgerät kommt.
„Es gibt Leute, die dich enorm pushen. Und dann gibt es einzelne Leute, die ein Ego-Problem haben."
Mit ihrer neuen Spielposition ist sie sehr glücklich. „Mein Trainer (Bruno Smejkal, Anm.) steht voll hinter mir. Er schaut darauf, dass wir durchrotieren und als Team weiterkommen“, berichtet Kreimel, die beruflich als Ärztin tätig ist. Und außerdem: „In der Defense teilt man eher aus, als dass man einsteckt.“
Strategisches Spiel
An American Football fasziniert Kreimel, dass dem Ball nicht stumpf nachgelaufen wird und dass viel Strategie für einen Sieg nötig ist. Das Playbook beinhaltet die Spielzüge und Laufwege des Teams, jedes Mitglied weiß, wohin es in welcher Situation rennen muss. Das ist nicht immer dieselbe Route für den gleichen Spielzug, manchmal muss leicht vom Playbook abgewichen werden.
Da die 29-Jährige mit den offensiven Spielzügen vertraut ist, fällt ihr das aber leicht. Zudem ist American Football für Kreimel eine perfekte Möglichkeit, um sich auszupowern und Cardio- und Krafttraining zu vereinen.
Andere Vorzüge
Und wie ist es, als einzige Frau in einem Männerteam zu spielen? „Es gibt Leute, die dich enorm pushen. Und dann gibt es einzelne Leute, die ein Ego-Problem haben“, spricht die Niederösterreicherin aus Erfahrung. Die Kritik, nicht so schnell und stark wie ein Mann zu sein, kann sie längst nicht mehr hören.
Sie weiß aber, dass sie als Frau in diesem Sport andere Vorteile als Männer hat. „Wenn man seine Stärken einsetzt, profitieren alle“.
Der Meinung ist auch Kosel. „Frauen sind für das ganze Teamgefüge eine Bereicherung. Sie lockern alles auf, denken anders und bringen Eigenschaften mit, die das Team positiv beeinflussen“, weiß er. Darum ist er ein Fan davon, dass Frauen bei den Spartans spielen – auch, wenn es bis jetzt nur eine ist.
„Nicht aus Glas“
Im Team der Organisation und der Fotografie hat Kreimel zudem weibliche Ansprechpersonen wie ihre Schwägerin. Allein fühle sie sich daher nicht, obwohl sie sich über mehr Frauen freuen würde.
Die Zurückhaltung, die Kreimel anfangs im Training entgegengebracht wurde, ist mittlerweile kein Thema mehr. Speziell bei Blockübungen wussten ihre männlichen Kollegen zu Beginn nicht, wie sie mit ihr umgehen sollten. Das änderte sich aber, als sie ihnen klarmachte, „nicht aus Glas zu sein“.
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Bei Spielen – auch wenn ihre Einsatzzeit in der vergangenen Saison nur kurz war – machte sie keine negativen Erfahrungen aufgrund ihres Geschlechts. „Wegen der vollen Montur merkt der Gegner oft nicht einmal, dass eine Frau vor ihm steht“, sagt Kosel lachend.
Und selbst wenn: „Im Football macht der Gegner keinen Unterschied, ob eine Frau oder ein Mann am Feld steht.“ Da sie relativ groß sei, falle zumeist gar nicht erst auf, dass sie eine Frau ist, schildert die 29-Jährige ihre Erfahrungen.
Überzeugungsarbeit
Keimels Plan für die kommende Saison ist es, bei den Spartans zu bleiben und als Defensive Back mehr Spielzeit zu bekommen. Das Training beginnt im September, die Trials finden am 16. und 17. des Monats statt.
„Wir würden uns über weitere Anfragen von Frauen freuen“, sagt Kosel. „Mädels und Damen haben es sportlich gesehen sicher schwerer, weil sie sich erst beweisen müssen. Sie trainieren doppelt so hart und geben doppelt so viel.“ Dass man es als Frau in Österreich in einem männlichen American-Football-Team trotzdem schaffen kann, hat Stephanie Kreimel aber schon längst bewiesen.
Mehr Informationen unter: https://www.weinviertel-spartans.at/
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