Ein Vorzeigeverein steht unter (Öko-)Strom

Mit dem Boom bei PV-Anlagen sind auch Bürger-Energiegemeinschaften und Energievereine zur regionalen Vermarktung im Vormarsch
In Sachen Energie ist in Scheibbs historischer Pioniergeist wiedererwacht. Dort, wo 1886 die erste permanente elektrische Straßenbeleuchtung der Monarchie strahlte, entwickelt sich gerade ein Vorzeigeprojekt bei der regionalen Versorgung mit Ökostrom. Mit Rekordtempo wuchs der Verein Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft Scheibbs (EEG) zu einer der größten Österreichs.
Das Ziel der EEG ist es, den auf den Dächern der Gemeindegebäude und Privathäuser erzeugten Ökostrom bei den Mitgliedern zu vernünftigen Preisen zu verwerten. Dabei wird der Strom, der hauptsächlich aus Photovoltaik-Anlagen stammt, über Hightech- und Software-Systeme bestmöglich untereinander getauscht.
Das Erneuerbaren Energie-Gesetz ermöglicht diese Entwicklung. Die EEG, die alleine in Scheibbs bereits 40 PV-Anlagenbetreiber integriert, ist damit ein Vorzeigeprojekt, das über die Grenzen Niederösterreichs weit hinausreicht und nun auch den deutschen SPD-Politiker Klaus Mindrup zu einem Besuch in Scheibbs bewog.
Bei dem Treffen verkündete EEG-Obmann Harald Kirchberger auch gleich mehrere Erfolgsmeldungen: Die im Ötschergebiet liegende Forstverwaltung Neuhaus wird die Leistung ihres Kraftwerks Ois künftig ebenfalls in die EEG einbringen. Damit werde man im Stromangebot noch unabhängiger, freute sich Kirchberger über einen „wirklichen Gamechanger“.
Pionier-Unternehmen
Mindrup, der sich als Berliner Politiker seit Jahren für die erneuerbaren Energien einsetzt, schilderte die Situation in Deutschland: Man verfüge zwar über viele Ökostromproduzenten, die aber zu schlechten Tarifen in die öffentlichen Netze einspeisen müssten, anstatt die Energie in den Regionen selbst nutzen zu können, begründete er sein Interesse an dem Modell aus Niederösterreich.

Der bekannte Berliner SPD-Politiker Mindrup informierte sich in Scheibbs
Die EEG ist zudem fixer Partner der oberösterreichischen Firma Neoom, die in der Energieszene hoch im Kurs steht. Gründer Harald Kreisel und sein Kollege Markus Lafer stellten daher dem Besuch aus Deutschland ihr Unternehmen vor. Über 350 Elektropartnerbetriebe vertreiben die Neoom-Batteriespeichertechnologie. Im zweiten Bereich entwickelt die Firma Software, die es privaten PV-Anlagenbesitzern erleichtern soll, Eigenstrom zu nutzen, zu speichern oder mit Nachbarn abzutauschen.

Treffen mit Scheibbser Ökostrom-Aktivisten: SPD-mann Mindrup (4.v.l.), daneben Neoom-Chef Kreisel
Große Netzbetreiber, so auch die Netz NÖ , sind bereits Neoom-Kunden. Kreisel sieht im Hinblick auf die Energiewende bis 2030 riesiges Einsparungspotenzial. Sein Ansatz: Statt geplanten Stromnetzausbauten um 30 bis 40 Milliarden Euro sollen um ein Viertel der Kosten zuerst regionale Netze mit Batteriespeicheranlagen für Versorgungssicherheit sorgen.
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