Eiernockerl-Post kommt Imbissstand-Besitzer teuer zu stehen

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Ein 34-jähriger aus Stockerau bewarb das Gericht online - Zeitpunkt und Preis des Posts warfen strafrechtlich relevante Fragen auf.

Von Benedikt Schweigl

Nicht zum ersten Mal lud der Imbissstand-Besitzer aus Stockerau im April auf seinem Facebook-Profil sowie auf zwei weiteren Auftritten zu Eiernockerln ein. Von 14. bis 24. des Monats galt die Offerte, ein Teller kostete 8,80 Euro. Bereits 2019 wurde vom Angeklagten ein ähnlicher Beitrag veröffentlicht, und zwar am 20. April, Adolf Hitlers Geburtstag.

Damals kam es zu keiner Einvernahme durch die Polizei - dieses Mal schon. Der Mann musste sich am nun vor dem Landesgericht Korneuburg wegen des Vorwurfs des Verbrechens der nationalsozialistischen Wiederbetätigung bzw. wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz verantworten. 

Denn der Geburtstag von Adolf Hitler fällt auf den 20. April und damit in die kurze Zeitspanne der Aktion. Außerdem ist die Zahl 88 bekannterweise ein nationalsozialistischer Code für „Heil Hitler“. Die „Eiernockerl mit Blattsalat“ sind, wenn auch nicht eindeutig wissenschaftlich nachgewiesen, gemeinhin als Hitlers Lieblingsspeise bekannt.

"Kein Zufall"

"Die Eiernockerl-Posts an sich könnten noch als Zufall erachtet werden", sagte der Staatsanwalt. Die Kombination aus mehreren rechtsextremen Codes würden ein "unbewusstes Handeln" des 34-jährigen jedoch definitiv ausschließen. 

8,80 als kostendeckender Preis

Die Verteidigung sah das naturgemäß anders: Sie berief sich einerseits darauf, dass der „20. April“ in keiner Weise spezifisch erwähnt wurde. Zudem hätte der Angeklagte sofort auf Online-Kritik an seiner Preisgestaltung reagiert und den Preis auf 8,79 Euro verändert – doch für das Einstellen polizeilicher Ermittlungen sei dies zu spät gewesen.

Die Reaktion des Imbissstand-Besitzers hätte jedoch eindeutig gezeigt, dass dieser „in keinster Weise das NS-Regime verherrlicht“, was jedoch für einen Verstoß gegen das Verbotsgesetz der Fall sein müsste.

"Bin ein gänzlich unpolitischer Mensch"

Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig. Er gestand jedoch ein, die verfahrensrelevanten Facebook-Posts veröffentlicht zu haben - natürliche ohne Absicht, politische Botschaften zu vermitteln.

Er habe nur ein Geschäft machen wollen. Mit dem Nationalsozialismus und Hitler habe er nichts am Hut. "Der Nationalsozialismus war ein abscheuliches Verbrecherregime, zu dem ich keine Verbindung habe. Ohnehin interessiere ich mich nicht für Politik", betonte der 34-jährige.

„Zu Beginn der Saison und speziell rund um Ostern, wo viele Menschen auf Fleisch verzichten, wollte ich Eiernockerl als vegetarische Option anbieten“, erklärte der Standbesitzer. Zuvor hatte er seinen Betrieb vorübergehend geschlossen gehabt.

Der Preis von 8,80 Euro sei aus einer klassischen Kostendeckungs-Kalkulation entstanden. Ein Umstand, der vom Richtersenat und vom Staatsanwalt trotz vorgelegter Berechnungsmethode gleichermaßen als unschlüssig hervorgehoben wurde, wo doch Eiernockerl mittlerweile in der Gastronomie kaum noch unter zehn Euro erhältlich seien.

Der Angeklagte hielt dennoch an seiner mathematisch begründeten Rechtfertigung fest, er hätte aus dem gleichen Grund zahlreiche Speisen - etwa auch Spaghetti und Erdäpfelgulasch - im Rahmen von Aktionen für 8,80 Euro angeboten. 

Eine Erklärung dafür, weshalb er trotz der Kritik an seinem Post im Jahr 2019 weiterhin seine Speisen zu doppeldeutigen Preisen beworben habe, hatte er allerdings nicht.

"Hatte keine Ahnung"

Zum damaligen Zeitpunkt hätte er keine Ahnung gehabt, was die Zahl "88" bedeutenden soll. Ebenso wenig davon, dass Hitler angeblich besonders gern Eiernockerl mit Blattsalat gegessen habe. Über NS-Symbolik "schlaumachen" wollte er sich trotz aller Probleme bisher aber trotzdem nicht.

Ein Stammkunde hatte den Imbissstand-Besitzer nach den neuerlichen Beiträgen vom April dieses Jahres via Facebook mit folgender Frage konfrontiert: "Hast du noch immer nicht dazu gelernt?"

Woraufhin der Angeklagte erbost reagierte und sich entsetzt zeigte, dass er überhaupt mit so einem Verbrecherregime in Verbindung gebracht werden könnte.

Klares Urteil

Allen Unschuldsbekundungen zum Trotz war der Entscheid der Geschworenen eindeutig: Acht von acht befanden den Imbissstand-Besitzer angesichts der diesjährigen Posts für schuldig.

In Bezug auf den Facebook-Beitrag aus 2019 wurde der 34-jährige von sieben der acht Geschworenen schuldig gesprochen.

Ein Jahr bedingt

Das Gericht verurteilte den Mann anschließend mit Verweis auf den Entscheid der Geschworenen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und damit zur Mindeststrafe im Falle eines Verstoßes gegen das Verbotsgesetz. Bis zu 10 Jahre wären möglich gewesen.

Mildernd wirkte sich aus, dass der Angeklagte bisher als strafunbescholten galt. Von Seiten der Verteidigung wurde um Bedenkzeit bezüglich eines etwaigen Einspruchs gebeten.

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