Der nette Herr Hergovich: Kann ein 34-Jähriger die SPÖ in NÖ retten?
Wer die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich (AMS) besuchen will, der muss in die Bundeshauptstadt fahren. In der Hohenstaufengasse im 1. Bezirk ist auch das Büro von Sven Hergovich zu finden.
Der 34-Jährige arbeitet nicht nur an einer schönen, prominenten Adresse, sein Job ist mit mehr als 10.000 Euro brutto pro Monat auch sehr gut dotiert.
Kaum Zeit zum Durchatmen für Hergovich
Nicht mehr lange, dann wird Hergovich von seinem Büro aus auf eine stark befahrene Straße in St. Pölten blicken, die ins Regierungsviertel führt. Am Niederösterreichring 1 befindet sich die Zentrale der SPÖ. Von hier aus will der manchmal etwas introvertiert wirkende, aber im Umgang mit Kollegen nett und auf Augenhöhe agierende Hergovich etwas schaffen, woran einige seiner Vorgänger bereits gescheitert sind: die Sozialdemokratie im größten Bundesland bei Wahlen wieder Jubeln zu lassen.
Einer, der diese Mission nicht erfolgreich erfüllen konnte, ist Franz Schnabl. Am vergangenen Sonntag musste der rote Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen eine herbe Niederlage einstecken. Die Partei verlor trotz einer schwächelnden ÖVP nicht nur drei Prozent, sie wurde auch noch von der FPÖ überholt. Einen Tag später war Schnabl den Chefsessel los, jetzt muss Hergovich übernehmen. Zeit zum Durchatmen wird ihm dabei kaum bleiben, denn es warten bereits Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP auf ihn.
Unterschätzen darf man den jüngsten Landesparteiobmann in der Geschichte der SPÖ Niederösterreich aber keinesfalls. Hergovich kennt das politische Geschäft sehr gut. Nach seinem Zivildienst bei Global 2000 und einem Studium der Volkswirtschaft an der Uni Wien war er unter anderem als Referent im Kabinett von Doris Bures und Alois Stöger im Verkehrsministerium tätig. Im Sozialministerium wurde er schließlich stellvertretender Leiter im Ministerbüro.
Im Jahr 2017, als Türkis-Blau zur Machtübernahme ansetzt, wechselt Hergovich ins Arbeitsmarktservice NÖ, wo er schließlich auch die Leitung übernahm. Bei der Nationalratswahl 2019 kandidierte er für die SPÖ an zehnter Stelle der Wiener Landesliste.
Parteiinterne Kritik
Das politische Parkett in Niederösterreich kennt der neue Chef der Sozialdemokraten sehr gut. Viele Projekte werden traditionell gemeinsam mit den Sozialpartnern präsentiert, entsprechend intensiv waren bisher die Kontakte mit der Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer aber auch mit dem Land. Er habe auch eine gute Gesprächsbasis mit ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, betonte Hergovich bei seiner Vorstellung am Montag.
Genau dieser Umstand sorgt parteiintern bereits aber für Kritik. Einige unterstellen ihm eine zu große Nähe zur Volkspartei. Zudem sind nicht alle glücklich darüber, wie der Wechsel an der Spitze der SPÖ abgelaufen ist. Menschen, die gut in der Partei verankert sind, berichten, dass rote Granden bereits lange vor der Landtagswahl die Suche nach einem Nachfolger Schnabls gestartet haben sollen. Unzufrieden zeigen sich einige auch darüber, dass bereits vor der entscheidenden Sitzung am Montag der Name eines Gegenkandidaten durchsickerte.
Hergovich übernimmt also eine Mammutaufgabe. Er muss Scherben wegräumen, das beste für die SPÖ in einer möglichen schwarz-roten Koalition herausholen und er muss vor allem eines schaffen: wieder Wahlen für die Sozialdemokratie gewinnen.
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