Bürger in Reinsberg bauen sich neuen Supermarkt selber

Bürger in Reinsberg bauen sich neuen Supermarkt selber
Zehn Jahre nach der Gründung eines Geschäfts und der Rettung der Nahversorgung im Ort errichten ein Verein und die Gemeinde mit starker Bürgerbeteiligung einen modernen Shop mitten im Dorf

„Die Bevölkerung identifiziert sich mit dem Projekt. Fast kein Tag, an dem nicht einige Leute ehrenamtlich hier arbeiten.“

Die momentan unübersehbare Baustelle mitten im Ortszentrum von Reinsberg (Bezirk Scheibbs) erfüllt nicht nur Bürgermeister Franz Faschingleitner mit Stolz. Zehn Jahre nachdem ein extra dafür gegründeter Verein und die Gemeinde zusammenhalfen, um im Ort das Nahversorgergeschäft „Unser G’schäft“ zu gründen, errichtet die selbe Gemeinschaft nun einen neuen modernen Einkaufsshop.

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„Wir bekamen für Geschäft, Bedienung und Angebot beste Bewertungen, aber die bauliche Situation samt der nicht vorhandenen Barrierefreiheit im alten Laden wurden kritisiert“, schildert Vereinsobmann Christoph Wolmersdorfer. Mit dem partnerschaftlichen Großhändler Kastner, der die Reinsberger mit seiner Nah&Frisch-Kette unterstützt, fiel die Entscheidung ein neues Geschäft zu errichten.

„Ausschlaggebend war, dass der Gemeinderat geschlossen hinter dem Projekt stand und uns von vornherein viele Bürger bekundeten, mitarbeiten zu wollen“, schildert der Vereinschef. Konkret tritt bei dem 450.000 Euro teuren Projekt die Gemeinde Reinsberg als Bauherr und Financier auf. Der „Unser G’schäft-Verein“ mietet sich ein. „Ohne die 100.000 Euro, die wir vom NAFES (siehe Faktenbox) bekommen, wäre es nicht gegangen“, so der Bürgermeister.

 

Bürger in Reinsberg bauen sich neuen Supermarkt selber

Ortschef F. Faschingleitner und „Unser G’schäft“-Geschäftsführerin A. Fischer vor Neubau mit Helfern

Das „Unser G’schäft“-Projekt wurde als Vorzeigeprojekt in den vergangenen Jahren bereits ausgezeichnet und etwa beim „Europaforum Wachau“ auf die große Bühne geholt. In der 1000-Einwohner-Gemeinde sei der Verein mit seinen rund 200 Mitgliedsfamilien fest verankert, sagt der Obmann stolz. Für die Handwerkerarbeiten finden sich seit Baustart im April immer freiwillige Helfer.

Viele Helferinnen

„Zusätzlich sorgen Frauen verlässlich dafür, dass die Arbeiter auch gut verköstigt werden“, so der Vereinsobmann. Auch das zum Start vor zehn Jahren über eine Bausteinaktion eingezahlte Geld haben die Reinsberger dem Verein gespendet. Beim Lokalaugenschein des KURIER auf der Baustelle ist etwa Andrea Fischer, die Geschäftsführerin des G’schäfts ebenso als Helferin anzutreffen, wie der Pensionist Franz Rechberger, der als Koordinator und Arbeiter fungiert und nahezu täglich hier anzutreffen ist.

Für den 13. Oktober ist nun die Eröffnung des neuen Geschäfts mit 150 Quadratmeter Verkaufsfläche und 100 Quadratmeter Lager fixiert worden. Damit erfülle man den nächsten Baustein des vor einem Jahrzehnt beschlossenen Ortskonzepts, so Bürgermeister Faschingleitner. Mit dem Veranstaltungszentrum Musium, dem Kindergarten sowie dem nunmehrigen Geschäft und dem anstehenden Bau einer Wohnanlage mit Seniorenwohnungen sei man gut unterwegs, so der Ortschef.

Auch Selbstbedienung ist möglich

Getreu den bisherigen ambitionierten Projekten hat auch das neue G’schäft Pilotcharakter. Neben normalen Öffnungszeiten mit Betreuung durch fünf Teilzeitverkäuferinnen und einen Lehrling, ist der Shop über einen Selbstbedienungszugang zu bestimmten Randtageszeiten zugänglich. Besondere Spezialität von „Unser G’schäft“ ist zudem, dass hier 40 bäuerliche Direktvermarkter ihre Produkte verkaufen können.

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Das neue Geschäft nimmt schon Form an

Fakten

NAFES: In der „NÖ Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Einkaufs in Stadt- und Ortszentren“ (NAFES) geht es um die Stärkung der Handelsstandorte. Land NÖ und WKNÖ kooperieren dabei. 30 bis 40 Prozent der Investitionskosten können übernommen werden.

Seit 1998 wurden 1.162 Projekte mit 22,1 Mio. Euro gefördert. Das Investitionsvolumen betrug 121,2 Mio. Euro. In der laufenden Förderperiode 2021 bis 2023 sind 1,3 Mio. Euro zugesagt. Die Gesamtinvestitionen betragen fast fünf Mio. Euro.

 

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