Immer mehr Sorgen bereiten den Obstbauern im Mostviertel klimatische Veränderungen, aber vor allem auch eine heimtückische Krankheit, die die Birnbäume befällt. Der Birnenverfall ist eine von Phytoplasmen ausgelöste Krankheit. 1963 wurde sie zum ersten Mal in den USA nachgewiesen, heute ist sie in ganz Europa weit verbreitet.
"Bei der Phytoplasmose wird die Ernährung des Baumes über die Wurzeln sukzessive unterbunden und der Baum stirbt mit der Zeit ab", erklärt Obstbauberater Andreas Ennser von der NÖ Bauernkammer.
Phytoplasmen sind Bakterien, die keine Zellwände besitzen und in den Siebröhren der Bäume vorkommen. Die Krankheit wird über den Birnenblattsauger und dessen Larven übertragen. Die Lage sei jedenfalls dramatisch, erklärt Ennser, der schätzt, dass mittlerweile 80 bis 90 Prozent der Bäume auf den Streuobstwiesen befallen sein könnten.
Im gesamten Mostviertel dürfte es noch rund 300.000 Birnbäume geben, die der Landschaft nicht nur bei der Blüte im Frühling den Stempel aufdrücken. Nachwuchs durch Pflanzaktionen ist eines der großen Projekte der Mostinstitutionen, wie Obstbauverband und Moststraße.
Mit dem Birnenverfall beschäftigten sich im Vorjahr auch die Teilnehmer eines internationalen Kongresses. Und aktuell sei ein Projekt angelaufen in dem Jungbäume, die aus speziellen widerstandsfähigen Stämmen mit Reiser der Obstsorten veredelt wurden, ausgepflanzt und beobachtet werden.
"Am Versuch sind 19 Betriebe zwischen Haag und Eschenau beteiligt", schildert Ennser. In Begleitung der Experten der Bundesanstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg werden die Ergebnisse genau beobachtet.
"Ein süßer Traum"
Zurück zum "Dr. Alois Mock"-Platz in Euratsfeld. "Das sind Berner Rosen, saftig und süß, ein Traum", schwärmt der Euratsfelder Hans Auer, der seiner Schwester beim Entladen hilft. Karl Aichberger ist gar aus dem gut 30 Kilometer entfernten Wolfsbach gekommen. "Alles die Ernte von nur einem Baum", zeigt er stolz die mit Äpfeln prall gefüllten Boxen im Lieferwagen.
Peter und Manuela Strasser sind mit ihren zwei Buben da. Drei volle Schachteln ergeben zehn Liter reinen Apfelsaft. "Ist aus dem eigenen Garten, damit ist das Obst sinnvoll verwertet", freuen sie sich. Der pressfrische naturtrübe und extrem fruchtige Saft ist für die beiden Söhne Tobias und Marcel ein noch nicht gekanntes Geschmackserlebnis.
"In der Vorwoche haben wir in St. Georgen mit Schulklassen 1.500 Liter Saft gepresst. Der wird während des Schuljahres getrunken", erzählt der Haager Pfaffeneder. Er hat die im Mostviertel zur Institution gewordene mobile Saftpresse vor zwei Jahren übernommen. Über die Leaderregion Moststraße werden seine Dienste an die Gemeinden vermittelt. Heuer sei die Nachfrage nicht so groß, "weil auch die Erntemengen in den Gärten kleiner sind", verweist der Obstbauer auf die eher betrüblichen Erntemengen. Im Vorjahr seien in Euratsfeld über 2.000 Kilo Obst gepresst und weit über 1.000 Liter Saft aus der Saftpresse gesprudelt, erzählt Bürgermeister Johann Weingartner.
Die Ernte fiel heuer gering aus
Die mäßige heurige Ernte bestätigt auch der Obstbauberater der NÖ Landwirtschaftskammer Andreas Ennser. "Schon das dritte Jahr müssen sich die Mostbauern mit kleinen Ernten zufriedengeben." Der Grund: Für die Mostbirnen war die Blütezeit zwar sonnig, aber kalt. Insekten zur Bestäubung fehlten. Während der späteren Apfelblüte war es nass und kalt. Dazu vermindern Klimastress und die Bakterienkrankheit Birnenverfall die Erntemengen. In guten Jahren werden im Mostviertel rund 12.000 bis 15.000 Tonnen Birnen verarbeitet, heuer dürften es vielleicht 6.000 bis 8.000 Tonnen werden, schätzt Ennser.
Most- und Heurigenbauer Toni Distelberger, Primus der Mostbarone, kündigt an: "Es wird heuer eben weniger sortenreine, stattdessen Mischmoste, auch aus Apfel und Birne geben. Die Früchte, die wir ernten, haben aber eine Top-Qualität." Der sonnige Herbst, dazu kühle, aber taureiche Nächte seien ideal. Auch Ennser lobt Aroma und Säuregehalt, aber vor allem die Klosterneuburger Zuckergrade der Birnen, die schon in die Nähe mancher Weinsorten rücken.
Die bescheidende Ernte beschert jenen, die das doch mühsame Obstklauben nicht scheuen im Vergleich zu früheren Jahren eine recht passable Entlohnung. Rund 157 Euro pro Tonne werden in den Lagerhäusern gezahlt. Für gesuchte Sorten, wie Amstettner Mostbirne, Schweizer Wasserbirne, Rote Pichlbirne oder andere Spezialitäten, zahlen die Mostproduzenten auch 20 bis 30 Cent pro Kilogramm.
Fix sei, dass Mostkultur und Produktvielfalt ein hohes Niveau halten, sagt Michaela Hinterholzer, Obfrau der Leaderregion und Moststraßengemeinden. "Obst wird geschätzt. Bei unserer heurigen Pflanzaktion wurden wieder 3.000 Jungbäume bestellt. Die werden in den nächsten Wochen ausgepflanzt."
Kommentare