Bäuerin gegen Stadtchef: Rennen um Landtagssitz in NÖ als "Landkrimi"
Dass in Wahlkampfzeiten ein anderer Wind weht, musste Patrick Strobl bereits vor einigen Wochen feststellen. Da sorgte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Melk für Schlagzeilen, die über die Bezirksgrenzen hinweg für Aufmerksamkeit sorgten.
Strobl, so stand es in großen Lettern geschrieben, lasse sich von einem Chauffeur durch die Gegend kutschieren. Was für Partei-Manager und Landesräte normal ist, ist für einen Bürgermeister einer mehr als 5.500 Einwohner zählenden Stadt tatsächlich recht ungewöhnlich.
Der ÖVP-Politiker verteidigte sich allerdings damit, dass er die Leistung aus eigener Tasche bezahle. Zudem sei der Fahrer ein geringfügig angestellter Pensionist.
Die Geschichte, die bald wieder vergessen war, zeigte vor allem eines: Strobl, der es mit 31 Jahren zum jüngsten Bürgermeister der Stadt an der Donau gebracht hat, will in den kommenden Wochen nichts dem Zufall überlassen. Der gebürtige Melker, der als extrem ehrgeizig gilt, will bei der Landtagswahl am 29. Jänner 2023 einen Sitz im Landtag erreichen. Strobl rechnet sich gute Chancen aus, wird er doch von Wirtschaftsbund, NÖAAB und JVP unterstützt.
Doch eine ausgemachte Sache ist das Mandat deshalb noch lange nicht. Der Platz im Landesparlament, der durch den Abgang von VP-Urgestein Karl Moser frei wird, ist hart umkämpft. Denn nur etwa 25 Kilometer von Melk entfernt lebt eine Frau, die künftig ebenfalls gerne mehr Zeit im Regierungsviertel in St. Pölten verbringen würde.
"Idealbesetzung"
Von Silke Dammerer gibt es viele Fotos. Die meisten davon zeigen sie in Tracht, oftmals sieht man Tiere im Hintergrund. Dammerer, eine selbstbewusste Landwirtin, lebt in Ybbs an der Donau. Ihre Ambitionen bekam sie vom Bauernbund im April abgesegnet, in einem Wirtshaus im Mostviertel wurde sie mit 95,5 Prozent der Stimmen gewählt.
„Silke ist für eine breite Masse wählbar. Mit ihrem Engagement und ihrer Art ist sie eine Idealbesetzung für diese Aufgabe“, sagte Bauernbund-Viertelobmann Leopold Gruber-Doberer nach der Wahl zur NÖN.
Tatsächlich geht es der zweifachen Mutter nicht nur um die Anliegen der Bauern. Sie setzt sich auch für eine bessere ärztliche Versorgung und den Breitband-Ausbau in der Region ein.
Dammerer hat ebenfalls gute Chancen einen Karrieresprung hinzulegen. Im Bezirk Melk gibt es rund 3.000 bäuerliche Betriebe, wichtige (Vorzugs)-Stimmen im Rennen um den Landtagssitz.
Im Duell Bäuerin gegen Stadtchef konnte aber Strobl vorlegen. Im November wurde er beim ÖVP-Bezirkswahlkonvent zum Spitzenkandidaten auserkoren. Die Abstimmung endete wie erwartet denkbar knapp: 32 der 60 Delegierten votierten für Strobl, 28 für Dammerer. Wie das Match aber in etwas mehr als 40 Tagen ausgehen wird, bleibt dennoch völlig offen.
"Kein schmutziger Wahlkampf"
In der Volkspartei selbst beobachtet man das regionale Rennen um den Platz im Landesparlament recht gelassen. "Wichtig ist, dass alles fair abläuft. Die Wähler wollen keinen schmutzigen Wahlkampf", sagt ein hochrangiger Funktionär. Dass der Fokus in der Region sehr stark auf den beiden liegt, kann der Volkspartei zudem nur recht sein. Denn am Ende des Tages sind Stimmen für Dammerer oder Strobl für die ÖVP.
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