Die verschiedenen Module des „Erdhauses“ werden teilweise im Boden eingegraben
Architekt Thomas Herzig errichtet auf einem Grundstück in Niederösterreich den Prototypen eines modularen Kunststoff-Hauses, das teilweise im Boden eingegraben ist – gedacht auch für Leben im All
Aufblasbares Wohnen. Mit dem durchaus ungewöhnlichen Gedanken beschäftigt sich der Perchtoldsdorfer Architekt Thomas Herzig bereits seit rund 18 Jahren. Seither hat er seine Planungen kontinuierlich weiterentwickelt – und zwar für Siedlungsprojekte sowohl auf der Erde, als auch auf dem Mars oder dem Mond.
Mit seinem Unternehmen "Pneumo Planet“ errichtet Herzig auf einem Grundstück in Niederösterreich den Prototypen eines "Erdhauses“, das teilweise im Boden eingegraben ist. Dabei handelt es sich um ein aufblasbares Wohnkonzept, das bei entsprechender Adaptierung in Zukunft Menschen auch Aufenthalte außerhalb unseres Planeten ermöglichen soll.
Denn die Idee zum Erdhaus stammt ursprünglich aus seiner von der europäischen Raumfahrtagentur ESA finanzierten Design-Studie für ein Mondhabitat. "Auf der internationalen Raumstation ISS existiert schon seit Jahren ein aufblasbares Modul, das gut funktioniert. Ich habe mich bei der ESA beworben und ein Budget für die Entwicklung einer solchen Konstruktion auf dem Mond bekommen“, erzählt Herzig.
"Minimales Gewicht"
Aufblasbare Konstruktionen seien in der Raumfahrt aufgrund ihres geringen Transportgewichts besonders gefragt, erklärt der Architekt. Die Konstrukte seien so konzipiert, dass sie „mit einem Minimum an Material ein großes Volumen erreichen“.
Der Entwurf sieht vor, dass die Lebensräume langfristig autark funktionieren, indem Sauerstoff, Nahrung und Wasser in Gewächshäusern produziert und recycelt werden, während ausschließlich Sonnenenergie genutzt wird. Ein ähnliches Konzept entwickelte das Unternehmen auch für den Mars. "Ein ungarischer Physiker, mit dem ich Kontakt hatte, hat mich gefragt, ob ich mit ihm transportable Konstruktionen schaffen will“, erzählt Herzig .
Bei diesem "aufblasbaren Lebensraum für fremde Planeten und den Mond“ werde die Membrankonstruktion durch eine mehrere Meter dicke Beschattung aus Regolith (Sand auf dem Mars oder Mond) vor kosmischer Strahlung, Mikrometeoriten und Kälte geschützt. Ein patentiertes System aus Spiegelfolien bringt Sonnenlicht in Gewächshäuser. „So schaffen wir eine natürliche Umgebung, in der Pflanzen, Tiere und Menschen in Symbiose leben“, ist er überzeugt.
Doch nicht nur für ferne Welten will Thomas Herzig planen. "Ich dachte mir, dass so etwas auf der Erde genauso gut funktioniert und einfacher zu konstruieren ist.“ Aufblasbare Strukturen seien in Europa schon seit Mitte der 1950er-Jahre Gegenstand architektonischer Bemühungen. Denn: "Bei kaum einem Baumaterial kann man mit so wenig Aufwand so viel Raum schaffen.“ Unterirdische Behausungen würden bereits seit Jahrtausenden von Menschen in besonders kalten oder heißen Regionen genutzt, gibt Herzig zu bedenken. "Aber die Kombination aus aufblasbar und unterirdisch ist neu.“
Noch unklar sei, wie Baubehörden auf ein solches Projekt reagieren werden, räumt der Architekt ein. "Ich arbeite jetzt einmal an einem Prototyp, der wirklich so funktioniert, wie ich mir das vorstelle. Dann werde ich Kontakt zu den Behörden aufnehmen“, betont er. „Im Prinzip ist es aber nichts anderes als ein modulares Fertighaus.“
Erde speichert Wärme
Grundsätzlich sei es möglich, beliebig viele "Blasen“ als Räume zusammenzusetzen. "Verbunden über die Türen, die feste Rahmen haben.“ Durchsichtig ist die verwendete Folie nur dort, wo Fenster gewünscht sind. Im Übrigen werde doppellagiges Polyester-Gewebe verwendet, speziell antibakteriell beschichtet und schwer entflammbar. "Innen gibt es eine rein textile Oberfläche, um es wohnlicher zu machen“, erklärt der Architekt. Gedämmt wird mit Hanfwolle – wie in Passivhäusern. Hinzu komme die Temperaturspeicherung in den umliegenden Erdschichten.
Bis zur "Serienreife“ werde es „sicher noch ein paar Jahre dauern“, sagt Herzig. Mit geschätzten Baukosten von 2.000 Euro pro Quadratmeter wäre sein Erdhaus etwa um ein Drittel billiger als klassischer Massivbau. "Der Aufbau funktioniert aber viel schneller, weil ich zum Beispiel nicht stemmen muss, um Kabel zu verlegen, denn die werden an den Wänden der Module versteckt.“
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