Warum die (Krämer-)Märkte eine Renaissance erleben

Jandl betrachtet die (Konsum-)Welt aus einer anderen Perspektive: „Da findest du Ware, die es sonstwo nicht gibt“
Andreas Jandl ist Händler aus Leidenschaft. In vierter Generation führt er den Betrieb, seit 2009 tourt der Südburgenländer mit seinem „Häferl Express“ durchs Land. Bei Wochen-, Jahr- und Krämermärkten bietet er sein buntes Sortiment an Geschirrwaren an. Bunt ist das Angebot nicht nur dem Aussehen nach, es ist auch facettenreich.
„Wenn du’s beim Häferl Express nicht bekommst, kriegst es nirgendwo“, ist von den Marktbesuchern zu hören. Und tatsächlich, die Auswahl an Küchenutensilien ist teilweise schier unglaublich.
300 bis 400 Keksausstechformen hat Jandl etwa im Sortiment. Oder den Fleischwolf, den Gemüsehobel, die Nuss- oder die Mohnmühle und die Brotschneidemaschine mit der Kurbel.
„Meine Geräte funktionieren alle manuell“, erklärt der Geschäftsmann. Der bewusste Verzicht auf elektronische Ware kommt gut an – nicht nur bei der älteren Generation, versichert der Händler.
Tradition trifft Moderne
Einen „wahren Boom“ erlebt das Geschäft mit dem Email-Geschirr. Die Töpfe und Reindln, die sich einst in Großmutters Geschirrschrank türmten, erleben gerade eine Renaissance. „Sie haben einen guten Stahlboden und eignen sich für den Induktionsherd – der Beweis, dass das älteste Geschirr auf dem neuesten Herd funktioniert“, wirbt der 52-Jährige.
Mit seinem Angebot begeistert er alle Altersgruppen: „Die Jungen kommen genauso wie die Älteren.“ Besonders schön sei es, wenn die Oma das Enkerl für die Neugründung des Haushaltes mit Küchenutensilien ausstattet. „Da gibts von mir dann immer ein kleines Einstandsgeschenk dazu“, verrät Jandl.
Keine hohen Miet- und Stromkosten
Hauptberuflich ist Jandl Zahntechniker, den Geschirrhandel betreiben seine Frau Petra und er nebenbei. Mit dem Häferl Express war das Paar im Vorjahr auf 130 Märkten vertreten. Ein Geschäftslokal hat Jandl nicht – aus gutem Grund. „Ich habe ein Geschäft unter freiem Himmel. Dabei spare ich mir die Miet - und die Stromkosten“.
Dass die Kundschaft nach den Zeiten der Pandemie jetzt sogar mehr wird, ist für Jandl leicht erklärt: „Am Markt kaufst du bewusst ein und das, was du brauchst. Du kannst alles riechen, schmecken, angreifen und ausprobieren.“ Nicht nur Krämermärkte, auch Bauern-, Pflanzen- und Flohmärkte boomen, sagt Jandl.

Melanie Eckhardt ist Bürstenerzeugerin in vierter Generation und Obfrau der Marktfahrer
Melanie Eckhardt betreibt ihr Geschäft - gemeinsam mit Ehemann Gerald und Sohn Andreas - ebenso in vierter Generation. Ihr Großvater Georg Lehner hatte die Bürstenerzeugung in Mattersburg 1951 gegründet.
Das traditionelle Handwerk ist auch heute gefragt. Mit ihren Produkten ist die Unternehmerin auf vielen der rund 250 Märkte pro Jahr in Pannonien vertreten. Außerdem fungiert sie als Obfrau des burgenländischen Markthandels.
Ressourcenschonend und individuell
„Tradition trifft Moderne“ – so lautet die Devise. Ihre Bürstenerzeugnisse werden aus Naturmaterialien gefertigt, „ohne Kunststoff und ressourcenschonend.“ Dabei wird auf individuelle Bedürfnisse eingegangen.
Die Märkte
233 Krämer-, Jahr- beziehungsweise Wochenmärkte finden dieses Jahr im Burgenland statt. Dazu kommen Dutzende Kirtage
Die Marktfahrer
Der Fachverband Markt-, Straßen- und Wanderhandel hat im Burgenland 121 Mitglieder, 2013 waren es 113. Österreichweit hat der Verband (Stand 2022) 3.086 Mitglieder (2010 waren es 3.053)
182Jahre
alt ist der älteste Markt des Landes: Seit 1841 gibt es den Oberwarter Wochenmarkt
Zu kaufen gibts etwa die Gesichtsmassagebürste oder die vegane Zahnbürste auf Wunsch personalisiert mit Namensgravur vom Laser. Auch Melanie Eckhardt bietet als einzige Bürstenerzeugerin im Burgenland Nischenprodukte an.
„Am Markt schätzen die Leute die Regionalität und dass sie hier etwas bekommen, was es vielleicht sonst nicht gibt.“ Zudem seien die Märkte wichtige Nahversorger und Treffpunkte für die Besucher, sagt die Spartenobfrau.

Auch Gebäck gibt es beim Jahrmarkt zu kaufen
Neue Markt-App
Auch wenn die Besucherzahlen nicht erhoben werden – die Zahl der Marktfahrer ist im Burgenland sogar ganz leicht gestiegen (siehe Infobox). Vor Modernem verschließen dürfe man sich trotzdem nicht, betont Eckhardt.
Seit März sind Interessierte „mit der neuen “Markt-App“ up to date“. Die Applikation bietet einen Überblick über das Marktgeschehen – tagesaktuell und übersichtlich aufbereitet.
Abendmärkte
Im Burgenland gibt es mit den Abendmärkten noch ein weiteres Novum: In Rust werden Händler am 6. Juli und am 3. August - jeweils von 17 bis 20 Uhr - ihre Ware beim Alten Stadttor feilbieten.
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